Sodom
In Gedenken an Witchhunter

Interview

Anfang des Jahres kam es bei SODOM zum großen Knall: Tom Angelripper trennte sich von Schlagzeuger Makka und dem langjährigen Gitarristen Bernemann. Kurz darauf wurde bereits die neue Besetzung bekanntgegeben. Neben ASPHYX- und inzwischen Ex-DESASTER-Schlagzeuger Husky sowie dem noch vollkommen unbekannten Yorck Segatz, überraschte Tom Angelripper mit der Rückkehr von Gitarrist Frank Blackfire. Wie es dazu kam und was hinter der neuen EP „Partisan“ steckt, verriet uns Tom auf gewohnt entspannte Weise.

Moin Tom, für SODOM waren die Monate seit Anfang des Jahres ja ziemlich turbulent. Wie fühlst du dich mit der neuen Besetzung zurzeit?

Tom: Ja, stimmt. Das hat hohe Wellen geschlagen, war aber für meine Begriffe unumgänglich. Es gab natürlich auch herbe Kritik an dieser Entscheidung, und der Shitstorm in den sozialen Netzwerken war nicht ohne. Aber ich muss ja selber entscheiden, mit wem ich zusammen arbeite. Da lass‘ ich mir von Leuten, die gar nicht wissen, was los ist, keine Vorschriften machen. Aber ich fühle mich wohl, und wir proben auch wieder in der alten Heimat Altenessen. Bin auch sehr glücklich mit der Entscheidung, einen zweiten Gitarristen zu rekrutieren. Das bringt für uns nur Vorteile. Endlich können wir auch mal Titel in die Setlist packen, die von zwei Gitarren leben und dadurch auch mal das gesamte Set attraktiver gestalten. Ich bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung. Ich weiß natürlich, dass diese Trios wesentlich kultiger daherkommen, wurde ja selbst auch durch diese Bands zum Musizieren verleitet. Aber ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt, um in der Zukunft in diesem harten Business zu bestehen.

Euren ersten Auftritt nach dem Besetzungswechsel hattet ihr beim Rock Hard Festival, bereits wenige Monate nachdem du die neuen Mitglieder bekannt gegeben hattest. Wann war dir klar, dass ihr bereit für die Bühne seid?

Tom: Nach dem Besetzungswechsel und dem Einzug in den neuen Proberaum ging’s ja gleich los, aber ein paar Shows mussten wir dann leider doch canceln. Die werden aber nachgeholt. Es war noch nicht alles perfekt, aber diese Chance, vor heimischem Publikum auf dem Rock Hard Festival zu spielen, wollten wir unbedingt nutzen. Und die Show war geil. Es war im Vorfeld natürlich viel Arbeit, man beginnt ja wieder bei Null, aber das hat sich gelohnt.

Wie zufrieden bist du denn rückblickend mit dem Auftritt?

Tom: Sehr! Es war wichtig zu zeigen, dass wir weiter machen. Es gab ja auch Gerüchte, dass die Band jetzt tot sei. Aber solange ich lebe und fit bleibe, wird’s weitergehen.

Vorher hattet ihr das SACRILEGE-Cover „Lifeline“ veröffentlicht. Warum wurde ausgerechnet dieser Song euer erstes Lebenszeichen nach dem Wechsel?

Tom: Ich liebe diese Band! Mir war es wichtig, einen Titel von einer Band zu covern, die kaum noch einer auf dem Schirm hatte. Diese Mischung aus Crust-Punk und Thrash gefällt mit extrem gut. Zur Auswahl standen noch „Wall Of Sound“ von KILLER und „Dirty Pigs“ von BACKWATER, aber „Lifeline“ war dann schon etwas mehr aufs Maul und genau unser Stil.

Um die Wartezeit auf die nächste Platte zu überbrücken kommt jetzt die EP „Partisan“ mit zwei neuen Songs. Warum habt ihr ausgerechnet diese für die EP ausgewählt?

Tom: Genau. Dadurch können wir auch dokumentieren, wo die musikalische Reise hin geht. Ich liebe diese beiden Titel, die hauen mal wieder so richtig ins Mett. Die EP wird auch wieder ein begehrtes Sammlerobjekt, die Vinylszene ist da noch sehr aktiv. Textlich geht es natürlich auch wieder zur Sache. Mich interessieren immer solche martialischen Themen. Ich bewundere diese Freiheitskämpfer, die völlig autonom gegen die eigene Regierung kämpfen. Also ein Kampf für mehr Freiheit, soziale Gerechtigkeit und gegen Korruption und Unterdrückung. Die täglichen News geben dafür genug Futter her, und es ist für mich eine wahre Inspirationsquelle. Aber ich wünschte, es wäre anders.

Dazu gesellt sich „Tired And Red“ vom eben angesprochenen Rock Hard Festival. Warum habt ihr nicht noch ein paar mehr Songs von dem Auftritt auf die EP gepackt?

Tom: Wir haben das ganze Konzert aufgenommen, aber eine EP beinhaltet meist nur drei Titel. Wir haben uns aber für den Song entschieden, um auch die Rückkehr von Blackfire zu dokumentieren. Und außerdem gedachten wir in dem Zusammenhang an Chris Witchhunter. „Tired And Red“ war sein absoluter Lieblingssong.

Können wir auf andere Art mit mehr von dem Konzert rechnen? Vielleicht in Form einer DVD?

Tom: Das ist leider nicht möglich, weil die Verwertungsrechte beim WDR liegen. Die geben sowas nicht raus, leider. Um da eine vernünftige DVD draus zu machen, bräuchten wir alle einzelnen Kameraspuren, die wir aber nicht bekommen haben. Aber der Gig wurde ja ausgestrahlt.

Frank und Yorck haben bereits Riffs zu den neuen Songs beigesteuert. Wie hat sich das Songwriting bei SODOM gegenüber früheren Besetzungen verändert?

Tom: Ich finde, es ist eine Mischung aus Old-School-lastigen Riffs, kombiniert mit dem Zeitgeist heutiger Tage. Wir wollen einfach wieder diese Attitüden zurückbringen, die uns seit Jahrzehnten ausmachen. Wir wollen uns auch nicht anpassen. Wir machen das, weil wir diese Musik so sehr lieben. Das Songwriting hat sich nicht wesentlich verändert. Die Gitarristen sammeln Idee, die wir dann gemeinsam im Proberaum arrangieren. Oftmals entstehen Songs auch aus einer Jamsession heraus.

Und stehen die neuen Songs bereits stellvertretend für die stilistische Ausrichtung der nächsten Platte oder ist bei SODOM noch alles offen?

Tom: Frank und Yorck haben verschiedene musikalische Idole und Vorlieben. Von daher, können wir davon ausgehen, dass die neuen Songs des Albums sehr vielfältig sein werden. Aber ich bin mir der Tatsache bewusst, dass es wohl das wichtigste Album meiner Karriere sein wird, und wir werden alles daran setzen, dieses Album so hart und kompromisslos einzuhämmern, wie es irgendwie geht. Wir wissen ja genau, was die Fans von uns erwarten, und das werden sie auch bekommen. Wenn alles gut geht, wird’s Ende 2019 oder Anfang 2020 rauskommen. Wir machen uns da keinen Druck. Es muss halt alles passen.

Dass du nicht der größte Fan des Touren bist, ist ja kein Geheimnis. Ende des Jahres seid ihr trotzdem Teil der „Headbangers Ball„-Tour. Können Fans in Zukunft mehr Touraktivitäten von SODOM erwarten?

Tom: Wir gehören nicht zu den Bands, die ständig unterwegs sind. Bei einer Tournee muss alles passen. Man darf auch nicht zu überpräsent sein. Ich hab manchmal das Gefühl, dass zu viele Bands unterwegs sind. Live-Konzerte sind momentan noch sehr lukrativ, und das wissen ja auch die Veranstalter, Booker und Bands. Und genau das hat für mich immer so einen bitteren Beigeschmack. Aber es sollte bei uns in Zukunft auch wieder mehr Touraktivitäten geben, daran besteht kein Zweifel. Zum neuen Album wird’s es auch wieder eine eigene Tour geben. Aber wir freuen uns natürlich auf die „Headbangers Ball“-Tour. Die ist dann auch eine gute Möglichkeit, mal wieder zusammen abzuhängen und neue Pläne zu schmieden.

22.11.2018

"Irgendeiner wartet immer."

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