The Bonny Situation
Interview mit Andreas Hollywood Bacon

Interview

The Bonny Situation

Richtig durchstarten mit einem Best-Of-Album? Mit etwas Glück könnte das THE BONNY SITUATION gelingen. Die fünfköpfige Band hat vor kurzem ein beeindruckendes Resümee ihres bisherigen Schaffens vorgelegt. Extrem vielseitig, absolut überzeugende Vorstellung und mehr als nur ein Appetizer auf neues Material. Wir haben Gitarrist Andreas zum Interview gebeten, um THE BONNY SITUATION ein Stück weiter in den verdienten Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken.

 


 

Hallo Leute! Da THE BONNY SITUATION bei metal.de ein bisher unbeschriebenes Blatt sind, absolvieren wir zunächst die Pflichtkür. Angriff der W-Fragen: Wer seid ihr, seit wann seid ihr, woher kommt ihr und warum überhaupt?

Seit 2007 sind wir in der aktuellen Besetzung unterwegs, The Bonny Situation kommen aus Duisburg, wo uns die Szene auch sehr am Herzen liegt, und uns gibt es deshalb, weil wir Menschen auf unsere musikalische Reise mitnehmen wollen.

…und natürlich der Dauerbrenner, den ihr sicherlich jedes Mal serviert bekommt: Warum eigentlich „The Bonny Situation“? Knallharte Pulp Fiction Fans, oder steckt noch ein tieferer Sinn dahinter?

Der Name „The Bonny Situation“ entstammt tatsächlich aus Pulp Fiction. Ein direkter Bezug zur spezifischen Szene lässt sich vielleicht auch herstellen, eigentlich geht es aber um den größeren Zusammenhang. Unsere Musik weist Parallelen zum Film auf, indem wir Stimmungen generieren wollen, in die der Hörer eintauchen kann, Homepage, Artwork, Musik sind ein ähnlich komplettes Paket für die Sinne, wie es auch ein Film ist. Pulp Fiction ist episodenhaft, spielt mit Mitteln der Montage, auch als musikschaffende Künstler sind wir Teil der Postmoderne, in der bekannte Aspekte neu zusammengesetzt werden, wir verquicken Elektronik und Rockmusik einfach auf unsere Weise, so entsteht unser gemeinsamer Nenner, der hoffentlich auch mit unseren Hörern Gemeinschaft stiftet. Eine weitere Lesart wäre „bonny“ als schottisch für „schön, gut“, neben unseren vielleicht etwas düsteren und melancholischen Soundlandschaften verbirgt sich häufig auch etwas Hoffnungsvolles dahinter.

Was war denn für euch die verzwickteste Situation, in der ihr euch als Band befunden habt? Musstet ihr auch schon mal professionelle Hilfe zum Reinigen des Tourbusses anfordern?

Generell sind wir echt ziemlich diszipliniert! Das soll nicht heißen, dass wir irgendwie verkrampft ordentlich oder gesittet wären, eigentlich ganz im Gegenteil. Für andere sind wir oft unnatürlich laut, albern und grunschülerhaft. Aber da wir alle unsere Musik doch sehr ernst nehmen, sind wir immer dann, wenn es darauf ankommt, echt auf den Punkt, daher gibt’s keinen Bedarf für Reinigungskräfte im Tourbus. Verzwickt sind Situationen immer dann, wenn man sich an einem toten Punkt befindet, wenn man selbst so drin ist im kreativen Schaffen und im Drumherum, dass man völlig den Überblick verliert. Da wir alles selbst machen, vom Komponieren über das Produzieren, zum Artworkgestalten und Vertreiben, verhaspelt man sich schnell, hier hätten wir wirklich gerne manchmal Hilfe von außen. Eine Reinigungskraft für unsere Strukturen und Produktionen hätten wir wirklich gerne, einfach mal jemand, der ein bisschen Wust beseitigt. Daher suchen wir auch gerade nach einem Produzenten.

Ok, kommen wir zum Hauptgericht: Euer Album „Passengers 2007-2010“ ist in dem Sinne ja kein richtiges Album, sondern eher ein Best-Of eures bisherigen Schaffens – mit der besonderen Eigenschaft, dass es im Gegensatz zu 99% aller Best-Ofs so konsistent ist, dass es eben doch glatt als Album durchgehen könnte. Gab es denn einen speziellen Anlass dafür? Hoffentlich nicht die baldige Auflösung…

Es gibt einen speziellen Anlass, mehrere sogar, allerdings genau das Gegenteil des Auflösens. Erstens wollten wir, weil wir uns mit dem nächsten neuen Album diesmal in gesundem Maße Zeit gönnen, etwas in der Hand haben, um es bei Open-Airs und anderen Gigs verkaufen zu können, andererseits wollten wir einmal einen roten Faden aufdecken, den es schon immer bei den Bonnies gibt, und der viel mit dem zu tun hat, was wir momentan musikalisch im Studio ertüfteln. Als Band sind wir vielleicht manchmal nicht einfach zu fassen, unsere Alben sind immer konzeptionell recht unterschiedlich, das kann von Vorteil sein, das kann aber auch verwirren. Mit der „Passengers“ wollten wir einfach uns und auch anderen (beispielsweise A&Rs von Plattenfirmen, die uns wegen der Vielfalt gerne Stillosigkeit vorgeworfen haben ) einmal beweisen, dass wir eigentlich schon immer Affinitäten zu genau DEM Bonnystil hegen, und dass es den auch wirklich gibt. Wir hatten einfach das Gefühl, dass eben jene Songs herrlich zusammen funktionieren, und dass sie dringend einmal auf einem Album gemeinsam vertreten sein sollten.

Ich habe mich mal durch eure Diskographie gegraben und bin da auf etwas gestoßen, was auf „Passengers…“ keine Beachtung findet: „Still Another Day To Come“. Eine Altlast der Geschichte, die deshalb auch auf eurer Bandcamp-Seite keine Erwähnung mehr findet – oder bin ich an dieser Stelle auf der falschen Fährte?

Du hast vollkommen Recht. Die „Still Another Day To Come“ wird von uns ausgeklammert. Nicht unbedingt aufgrund mangelnder Qualität, aber auf jeden Fall aufgrund mangelnder Kohärenz, was meint, dass dieses Album einfach sehr wenig mit dem zu tun hat, was wir momentan vertreten und musikalisch vermitteln möchten. Von dem Metal der frühen Tage haben wir uns einfach weiter entwickelt, manche können erst jetzt was mit uns anfangen, anderen waren wir früher sogar lieber. Wir möchten uns nach außen hin natürlich mit dem präsentieren, mit dem wir uns wohl fühlen. Da wir live auch nichts mehr vom ersten Album spielen, der Sänger ein anderer ist, und es einfach nicht zum Gesamtwerk passt, lassen wir dies also einfach außen vor, auch um keine falschen Erwartungen beim Zuhörer zu wecken. Es ist eigentlich eine andere Band auf diesem Album.

Was eure Diskographie auf jeden Fall verrät ist, dass ihr sehr freudige Über-den-Tellerrand-Gucker seid. Fühlt ihr euch in einem bestimmten Genre/Stil zuhause, oder sind euch solche Kategorisierungen egal?

Uns ist wichtig, neben allen unterschiedlichen Konzepten und Alben, einfach unsere eigene, unverkennbare Sprache zu haben. Wir widmen uns zwar gerne mal auf den Alben unterschiedlichen Themengebieten, machen richtige Konzeptalben, auch entwickeln wir uns ständig weiter. Es geht aber andererseits nie darum auf Teufel komm raus irgendwie Genres zu sprengen, das Rad neu zu erfinden, oder zu sagen: „Igitt, Popmusik machen wir aber schon gar nicht.“ Wir haben einfach eine musikalische Botschaft, die sich der Mittel Elektronischer Musik genauso bedient wie dem Katalog der Rockmusik. Unsere Strukturen weisen auch häufig Parallelen zu Popkompositionen auf, es geht uns ja auch darum, neben allem Chiffrieren und Verkünsteln, verstanden zu werden.

Jeder Musiker für sich ist schon ein typischer „Über-den-Tellerrand-Gucker“, das spiegelt sich dann auch in der Band wider. Unser Synthiemann Patrick arbeitet gerade an der Veröffentlichung seines Dancealbums, unser Drummer B-Ray produziert Deathmetalbands aber auch Werbejingles, ich selbst bin einerseits studierter Musikwissenschaftler und bin andererseits als Hörer immer noch hin und weg vom ersten Blümchenalbum. Der Tellerrand ist also schon aus reichlich weitläufigem Porzellan 🙂 Die Bonnies sind wiederum unser gewachsener gemeinsamer Nenner, deswegen gibt es auch keine Vorbildbands oder ähnliches. Die fünf riesigen Einzelkreise der Musiker überschneiden sich genau in der Band. Uns geht es darum, erkennbar zu bleiben, dass der Hörer sagt „Jau, diese düstere Stimmung, dieser knorzige Basssynthie, und dann dieser Riesenrefrain, das sind die Bonnies“, ohne dabei irgendwie festgefahren zu werden.

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31.08.2011

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