Vyre
Zurück aus den Tiefen des Weltraums
Interview
Nach längerer Abwesenheit haben sich die Space Metaller VYRE überraschend mit ihren vierten Album „Voidserpent“ zurückgemeldet. Wir haben mal bei Frontmann KG nachgefragt, wo die Bielefelder denn so lange gesteckt haben und ihm bei der Gelegenheit auch so manches Detail zum neuen Album entlockt.

Vyre – Voidserpent
Hi und willkommen zurück erstmal! Ihr wart ja nach eurem letzten Album „Weltformel“ eine ganze Weile in der Versenkung verschwunden. Könnt ihr etwas zu den Gründen erzählen?
Hi, und vielen Dank! Vielfältige Gründe gibt es da zu nennen. Wir alle haben Kinder gemacht, eine globale Pandemie durchgestanden, diverse Schreibblockaden überwunden, Häuser renoviert oder Unternehmen gegründet. Da den eigentlichen Übeltäter herauszupicken ist glaube ich kaum möglich.
Aber die Umstände haben sich jetzt wieder dahingehend verschoben, dass VYRE auf der Prioritätenliste wieder ein ganzes Stück nach oben geklettert ist. Ohne geht es halt nicht. Gerade in so aufgewühlten Zeiten ist eine Möglichkeit, sich künstlerisch auszudrücken, Gold wert. Gerade weil es zur Zeit so schwer ist, einen Psychotherapieplatz zu bekommen, nehme ich an.
Eure ersten drei Alben sind noch über Supreme Chaos Records erschienen. „Voidserpent“ habt ihr nun in Eigenregie und ohne große Vorankündigung veröffentlicht. Habt ihr überlegt, euch an ein Label zu wenden oder war von Anfang an klar, dass ihr das selbst macht?
Wir sind Robby von SCR sehr dankbar für die Zusammenarbeit an „The Initial Frontier“ und „Weltformel“, hatten aber das Gefühl, dass VYRE in dieses klassische Schema Band/Label/Vertrieb nicht mehr reinpasst. Wir hatten das Gefühl, dass wir einem Label nicht gerecht werden, mit der Art und Weise, wie wir arbeiten. Ist man auf einem Label, gibt es immer wieder Erwartungen, die an einen gestellt werden.
Wir wollen es keinem Business Partner zumuten, dass diese Erwartungen immer wieder von unserer Seite enttäuscht werden. Sei es, weil wir nicht hinterherkommen, oder weil wir einen weniger klassischen Ansatz für richtig halten. Wie zum Beispiel, das Album ohne Pauken und Trompeten an einem Mittwoch zu veröffentlichen. Machen wir uns nichts vor, wir sind ein winziger Fisch in einem riesigen Aquarium.
Da passt der DIY-Ansatz einfach besser ins Konzept. Kompromisslos und maßgeschneidert. Shout-out auch an grandiosen Jörg Uken im Soundlodge, der die Produktion von „The Initial Frontier“ und „Weltformel“ gemacht hat, dem wir für „Voidserpent“ aus denselben Gründen erstmals mit einem lachenden und einem weinenden Auge den Rücken gekehrt haben.
Welche Rolle spielt dabei eigentlich das Endzeit Kollektiv, von dem ihr ja ein Teil seid? Ist das ein loser Zusammenschluss von Bands, eine Promo/Booking-Agentur oder wie genau kann man sich das vorstellen?
Das Endzeit Kollektiv ist eine Gruppe von Bands in derselben oder ähnlichen Lage wie VYRE, die sich seit letztem Jahr mehr oder weniger regelmäßig trifft und mit Ideen jongliert. Das Ziel ist, sich gegenseitig in allen Stadien der Musikproduktion und Musikreproduktion zu unterstützen. Kreative Kooperationen, Austausch von Know-How, Live-Booking etc. www.endzeitkollektiv.com könnte sich für geneigte Hörer zu einer betrachtenswerten Adresse entwickeln. Zur Zeit liegt der Fokus aber eindeutig auf der Suche nach Kollaborationspartnern, vor allem im Live-Bereich.
„Weltformel“ war mit Synthesizern, Keyboards und Streichern ziemlich vollgepackt. In der Hinsicht wirkt „Voidserpent“ reduzierter, auch im Vergleich zu den ersten beiden Alben. War dieser erdige, rockigere Ansatz auch ein wenig als Gegenentwurf zum Vorgänger geplant?
Geplant nicht, aber „Weltformel“ und „Voidserpent“ unterscheiden sich in fast allen Variablen. Hedrykk hat den Großteil von „Weltformel“ komponiert, wir haben für die Orchester-Layer mit Martin Wiese vom Aurora Musiklabor zusammengearbeitet, der Doktor war noch an den Synths aktiv und „Weltformel“ wurde zum Hören vom Tonträger produziert.
„Voidserpent“ hingegen stammt komplett aus meiner Feder. Kein Keyboarder mehr, kein klassischer Komponist. Den größten Einfluss hatte aber mit Sicherheit die Entscheidung, „Voidserpent“ als Bühnenprogramm zu schreiben. Alle musikalischen Entscheidungen waren darauf ausgerichtet, ein überzeugendes Live-Erlebnis zu bieten.
Dass uns das Album auch aufgenommen sehr gut gefällt, ist ein glücklicher Umstand, der mir beim Schreiben der Songs aber erstmal egal war. Es gibt durchaus kritische Stimmen, die „Voidserpent“ zu zahm finden. Ich verstehe, wo das herkommt, weiß aber auch, warum wir das für die Bühne so wollen.
Stilistisch breit aufgestellt wart ihr ja schon immer, trotzdem finden sich auf „Voidserpent“ ein paar Elemente, die ich in dieser Ausprägung bisher nicht bei euch wahrgenommen habe. Ich denke da vor allem an die Melo-Death-Schlagseite in Stücken wie „Frak!“ und „Two Is A Crew“. Wie kam es dazu, passte das einfach gut zur gitarrenlastigen Ausrichtung des Albums?
Ich denke schon. Ich versuche nicht in Genres zu denken und wenn sich dann doch mal so eine temporäre Verliebtheit für eine Sparte einschleicht, landet das dann natürlich ggfs. auch unterbewusst in meinem Inspirationsfundus, was sich natürlich letztendlich in unseren Songs wiederfindet. Manchmal subtil, manchmal auch sehr direkt.
Wenn das dann nach Melo-Death oder Stadion Rock klingt, dann ist das gut so, aber keine bewusste, vorher getroffene Entscheidung. Deshalb dauert es vielleicht auch immer so lange bei uns. Ich weiß, wie die nächste EP heißt, ich weiß, worum es thematisch geht, aber ich habe keinen Plan, wie sie klingen wird.
Der Black-Metal-Anteil, der ja sowieso immer nur ein kleiner Baustein in eurem Sound war, ist dagegen wie ich finde noch etwas mehr in den Hintergrund gerückt. Stört es euch, dass man euch überhaupt so oft mit dieser Musikrichtung assoziiert?
Gar nicht. Wir “ulvern” uns da jetzt auch nicht so raus. Black Metal der Mid-90s ist und bleibt die Musik, mit der ich sozialisiert wurde und die mich immer noch ins Herz trifft. Vieles hat sich seitdem verändert. Ich würde aber nie ausschließen, dass wir irgendwann mal wieder düsterer, aggressiver klingen. Das hat viel damit zu tun, wie ich das Leben gerade empfinde.
Die Musik, die ich schreibe, ist ein Stück weit immer auch Soundtrack für mich. Vor VYRE war ich musikalisch kompositorisch eher so in der „666 International“, „Grand Declaration Of War“, „Rebel Extravaganza“ Schiene unterwegs. Ich höre vor allem so Sachen wie ISENGARDs „Vinterskygge“, die ersten ENSLAVED-Scheiben, SUMMONING, DARKTRHONE usw. usf. Kann also durchaus sein, dass das mal wieder mit voller Wucht aus mir herausbricht.
Kommen wir zu den Texten. Durch den Science-Fiction-Filter klingen auch immer wieder gesellschaftskritische Töne an. Hat das Album ein übergreifendes inhaltliches Konzept? Und was ist die „Voidserpent“?
„Voidserpent“ ist einer der Namen, die sich innerhalb der Crew, wenn man die Menschen an Bord per se so nennen will, durchgesetzt hat, das Konstrukt zu beschreiben, in dem sie alle gefangen sind. Im Prinzip erzählen wir eine Geschichte. Zumindest in Fragmenten. „Frak!“ und „Theia“ stehen da ein bisschen außen vor. Wie Vorspann und Endcredits. Wobei diese Geschichte und auch das Science-Fiction Thema nur den Rahmen darstellen.
Jeder Text spricht aktuelle Themen an, die mich oder die Gesellschaft im Allgemeinen beschäftigen. Was die Rahmenhandlung angeht, würde ich mich freuen, wenn jeder selbst ein wenig interpretiert, bevor es von mir vorgekaut wird. Wer dennoch ein wenig Inspiration braucht, muss vielleicht nicht allzu lange warten. Patrick von BEYOND MARTIAN SKIES, seines Zeichens Romanautor, hat seine Interpretation der Geschehnisse an Bord im Rahmen einer Kurzgeschichte zu Papier gebracht. Wie und wann das zu lesen sein wird, ist allerdings noch offen.
In den Credits zum Album steht, dass ihr das Album vor allem aufgenommen habt, um damit live aufzutreten. Wie sieht es an der Front aus, was ist in nächster Zeit geplant?
Wir befinden uns mitten in den Proben für etwaige Konzerte. Jetzt, mit dem Album im Gepäck, strecken wir mal so langsam unsere Fühler aus und schauen, wo wir vielleicht unterkommen. Wir sind ja ziemlich raus aus allem und müssen erst mal alte Kontakte wieder aktivieren, neue knüpfen. Ich denke, ab April sind wir wieder bereit, auf die Bühne zu gehen. Wer also noch musikalische Untermalung für den Weltuntergang braucht, kann uns sehr gerne buchen.
Das wäre es an dieser Stelle von mir. Ich danke dir für das Interview, drücke euch die Daumen für alle anstehenden Unternehmungen und hoffe, dass ihr uns nicht wieder so lange auf neues Material warten lasst. Du hast das letzte Wort!
Vielen Dank für das Interview! Ich hoffe, wir sehen möglichst viele von euch im Laufe des Jahres auf den Bühnen der Republik und darüber hinaus. Geht wählen! Glaubt nicht dem Rattenfänger! Alles für die Wissenschaft! Hail Sagan!
Galerie mit 6 Bildern: Vyre - Culthe Fest 2018 - Münster


Mehr zu Vyre
Band | |
---|---|
Stile |
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37430 Reviews und lass Dich inspirieren!
Kommentare
Sag Deine Meinung!