Lamb Of God
live in der Zeche Bochum
Konzertbericht
Hat eine Metalband erst einmal ihre zwei Dekaden auf dem Buckel, steht sie im Livekontext nicht selten vor der Wahl: Hoffnungslos aufgesetzter „we are all family right here“-Pathos, wie ihn James Hetfield mit METALLICA seit Jahrzehnten an den Tag legt oder doch lieber SLAYER’sche Kunde-und-Produkt-Beziehung? LAMB OF GOD scheinen heute Abend in der Zeche Bochum gewissermaßen zwischen den Extremen zu pendeln.
Zunächst einmal zeichnen sich jedoch die Stoner Metaler ASG für die örtliche Beschallung verantwortlich. Die Band hat Bock, der Sound ertönt trotz offenkundigem Vorband-Stempel wahrlich erstklassig – das war’s dann aber im Grunde auch schon. Die Downtune-Walzen des Vierers aus North Carolina drücken zwar mächtig, aber dafür weitgehend uninspiriert aufs Gehör der Anwesenden. Wenn die Truppe nach einem überdurchschnittlichem Southern-Riff erst mal für weitere 16 Takte zurück in zähe Powerchord-Anschläge mit Dicke-Eier-Ami-Gegröle verfällt, entspricht das in etwa dem, was Kollege Kostudis einst mit den weisen Worten „Langweilig, aber geil“ zu statuieren wusste. Dementsprechend vergeht die knappe halbe Stunde dann dennoch wie im Flug. Zurück bleibt die große Sehnsucht, zu Hause mit ein paar Bierchen um den heimischen Plattenteller zu tanzen, während auf selbigem HIGH ON FIRE und KARMA TO BURN rotieren.
Ob in der Umbaupause jemand besagte Bierchen ins Mischpult gekippt hat oder ob das mit den abspeicherbaren Voreinstellungen am Digitalpult heute einfach nicht hinhauen mag, wird wohl ein ewiges Mysterium bleiben. Nichtsdestotrotz zerstört der katastrophale Triggersound Chris Adlers zunächst einmal halb „Desolation“. Ist aber nur ein halber Beinbruch, schließlich ist der „Resolution“-Opener den Anwesenden seit inzwischen dreieinhalb Jahren bestens bekannt. Neues Futter braucht die Masse! Und das soll’s dann auch geben. Nach obligatorischem „Ghost Walking“ feuert die Band mit „512“ den ersten neuen Song ins Publikum. Dankbarerweise tendiert der Sound dann mittlerweile auch wieder gen Perfektion, wodurch umso schneller klar wird: Wirklich Neues weiß die Nummer trotz catchy Hookline nicht zu bieten, vielmehr stellt sich dank der penetrant-repetitiven Gitarrenmelodie irgendwann stumpfe Ernüchterung ein. Beim anschließenden „Walk With Me In Hell“ stimmt dann aber endlich alles: Fetter Song, fetter Sound, fette Party! LAMB OF GOD sind heiß gelaufen.
Randy Blythe galoppiert wie ein wild gewordenes Tier von Bühnenende zu Bühnenende, er und seine Mitstreiter präsentieren ein lupenreines Best-Of-Set, das letzten Endes die Rolle eines großen Album-Warm-ups zu „VII: Sturm und Drang“ einnimmt. Leider gönnt die Band der Zeche im weiteren Verlauf nur noch das bereits im Mai ausgekoppelte „Still Echoes“, das im Vergleich zu „512“ aber wesentlich hitträchtiger daherkommt. Ansonsten ist Geduld eine Tugend – was übrigens auch für überdurchschnittlichen Körperkontakt im Moshpit gilt. Entweder scheinen die dortigen Violent-Dance-Akrobaten an diesem Montagabend noch den Restkater vom Wochenende mit sich rumzuschleppen oder Filzlocke Randys runtergeleiertes Phrasengedresche verfehlt seine Wirkung heute einfach mal komplett.
Standardsprüche schön und gut, aber ist das übliche „Ich-lerne-zwei-vulgäre-deutsche-Vokabeln-das-muss-reichen“-Spiel denn wirklich nötig? Wo bleibt aufrichtige Begeisterung, wo bleiben enthusiastische „I love clubshows“-Ansagen? Klar, wer ist schon scharf darauf, heute zum 495. Mal „Now You’ve Got Something To Die For“ zu spielen? Ein um kein Lächeln bemühter Mark Morton offensichtlich nicht. Wenigstens MEGADETH-T-Shirt-Vertreter Chris Adler und der Hardcore-Hipster am linken Bühnenrand (mal im Ernst, DAS ist Willie Adler?!) scheinen mit Leib und Seele dabei zu sein. Und als im Zugabenblock beim von „Black Label“ gekrönten Hitfeuerwerk endlich mal Bewegung in die Bude kommt, scheint da sogar doch noch ein aufrichtiges Lächeln über Randy Blythes Gesicht zu huschen.
Leistung exzellent, Sound perfekt, Motivation ausbaufähig. Gezählte Crowdsurfer: Einer. Süß.
Setlist:
- Desolation
- Ghost Walking
- 512
- Walk With Me In Hell
- Ruin
- Set To Fail
- Still Echoes
- Hourglass
- Now You’ve Got Something To Die For
- Omerta
- In Your Words
- Vigil
- Laid To Rest
- Redneck
- Black Label
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