Spawn
15 Jahre Jailbreak

Konzertbericht

Billing: Sleepytime Gorilla Museum, Spawn und Witticism
Konzert vom 2007-10-20 | K17, Berlin

Zum 15. Geburtstag der Metal-Kneipe Jailbreak wurde im K17 ein bunter Konzertabend, an dem es lediglich eine klassische Vorgruppe gab, veranstaltet. WITTICISM aus Thüringen waren die typische Studenten-Band. Das eigene Treiben wurde nur bedingt ernsthaft präsentiert und es gab melodischen Death Metal auf die Ohren, der zwar in sämtlichen Bereichen grundsätzlich einen brauchbaren Eindruck machte, aber die Songs hatten nichts, was die Songs unzähliger anderer solider Grunz’n’Kreisch-Musikanten nicht auch hätten. Viele der noch nicht so vielen Anwesenden zog es eher gen Tresen, wo die Reste der angekündigten 100 Liter Freibier der Vernichtung zugeführt wurden. Kurz nach acht hatten WITTICISM die Bühnenbretter bestiegen und erst unmittelbar vor sowie während des Sets betraten viele Besucher den Club. Überraschenderweise kam es 19 Uhr also nicht zu einem sofortigen Sturm auf den kostenlosen Alkohol.

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Während der ersten Umbaupause waren die Vorräte jedoch erschöpft und TOURETTES aus Sydney konnten sich erhöhter Aufmerksamkeit sicher sein. Die Musik, eine eigenwillige Mischung aus Nu Metal, Death-Thrash-Anleihen sowie einer ordentlichen Portion Rock’n’Roll-Feeling, war zwar nicht völlig umwerfend, der Auftritt bekam trotzdem das gewisse Etwas, samt bestem Feedback des Abends. Hauptgrund dafür war sicherlich Sängerin Michele, der man die Sängerin nicht anmerkte, bis ihre weiße Bluse aufblitzte. Selbst da tippten sicher nicht wenige – Geplapper überall – immer noch auf Transirgendwas (aufgeschnapptes Klo-Gespräch: „Die Alte war schon geil.“ – „Bist du sicher, dass das ’ne Alte war?“). Grunzend, grölend, kreischend, stöhnend, singend fegte sie über die Bühne, wackelte mit dem Hintern und verkörperte verstörend perfekt einen abgefuckten White-Trash-Gogo-Dämon, der übrigens ganz zahm wurde und Handküsse verteilte, als einige Kerle in seine Zwischendarbietung des Evergreens ’Qué Será, Será (Whatever Will Be, Will Be)’ ein- und ausnahmsweise keine „Ausziehen!“-Rufe anstimmten.

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Erster Gig mit dem aktuellem Line-Up (neuer Gitarrist, Drummer wieder zurück) und überhaupt seit Monaten – und im Prinzip war alles wie immer bei Berlins intensiv, schnörkellos knüppelndem Todesmetall-Kommando. Einige unvermeidliche Steine (’Fear The Just Revenge’, ’Hemoglobin’) fielen leicht gegen konservierte Vorbilder ab, weil sie nicht so perfekt auf den Punkt gemauert wirkten, aber ansonsten kam von SPAWN verlässlich, was neben einer Wand zu erwarten war: viel Gegurgel, viel Nebel, Blickfänger: Bassistin. Effektiv reagierte das Publikum darauf mit weitgehender Genickstarre sowie sonstiger Bewegungsarmut, abgesehen von der ersten Reihe. Vor etwas mehr als einem Jahr konnte man beim Berlin Metal Allstars an selber Stelle das Gleiche beobachten. Während einer Darbietung des Quintetts gibt es, abgesehen vom Applaus, offenbar wenig Potenzial für normale Reaktionen. Der geneigte Banger erwischt sich beispielsweise, wie er die imaginäre Kettensäge anwirft, wenn wiederholt Spaziergänger in Bühnennähe seinen Bewegungsradius kreuzen…

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Progressive Metal, Avantgarde, experimentelle Rockmusik – stimmte irgendwie alles, was man im Vorfeld über SLEEPYTIME GORILLA MUSEUM lesen konnte. Seit acht Jahren werkeln die Kalifornier an ihrem kruden Flickwerk, dass sich an diesem Abend folgendermaßen präsentierte: harte Gitarrenriffs, dazu Geigeneinsatz (erneut eine Frau auf der Bühne), “böser“ Gesang, “nette“ weibliche Stimme, teilweise beides kombiniert, viele Mitglieder wechselten gelegentlich zu zusätzlichen Schlagwerken, hier und da gelungene Momente, bevor schnell wieder ein Break gesetzt wurde, das Ganze optisch ergänzt durch Kartoffelsack-Outfits – seltsam, interessant und bis zu einem ungewissen Grad auch gut, aber nicht im klassischen Sinne überzeugend. Einziger richtiger Pluspunkt war die Eigenständigkeit. Einige Rezensenten sind deshalb äußerst begeistert von diesen Musikanten, deren Ergüsse in der Praxis bei einigen Zuschauern zum vorzeitigen Aufbrechen in Richtung Party-Etagen führten. Zu durchwachsen und langatmig war das wohl für Leute, die nicht alles feiern, was nur (künstlich) genug angeschrägt klingt. Die Abbrecher verpassten beim letzten Stück eine gelungene theatralische Zuspitzung, die auf dem Höhepunkt abrupt endete. Da wurde noch mal deutlich, dass im Klangfluss der Band durchaus Gold trieb. Waschen musste jedoch der Zuhörer.

04.11.2007
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