Blackmore's Night - Winter Carols

Review

Ein Re-Release der 2006 veröffentlichten „Winter Carols“ von BLACKMORE’S NIGHT steht zur Rezension an. Ein kurzer prüfender Blick ins Plattenregal. Tatsächlich, die einzige CD, die mir in meiner sonst lückenlos geführten BLACKMORE’S NIGHT-Sammlung fehlt. Welch ein Glück, denke ich mir und greife schnell zu. Als ich dann die CD in den Händen halte, wird mir schnell wieder klar, warum ich mir diese Scheibe damals nicht gekauft habe. Ritchie Blackmore und seine bezaubernde Ehefrau Candice Night verwursten hier bekannte und eher unbekannte Weihnachtslieder der letzten 400 Jahre. Und ganz ehrlich: mit Ausnahme der CDs vom TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA habe ich im Folk-/Rock-/Metal-Bereich noch keine gute Weihnachts-CD gehört. Mit Grausen denke ich jetzt noch an den Versuch von Rob Halford (Winter Songs, 2009) zurück.

Aber ich möchte ja jedem eine faire Chance geben und freue mich sogar ein wenig, als die morgendlichen Temperaturen Anfang Oktober plötzlich auf kalte 4° C zurückgehen und der Himmel trüb ist. Im warmen Auto zur Arbeit fahrend kommt da fast ein wenig Winterstimmung auf, und ich denke mir: „Perfekt, um die ’neue‘ BLACKMORE’S NIGHT zu hören“. Aber was ist denn überhaupt „neu“ an dieser CD?

Winterstimmung im Oktober…dank BLACKMORE’S NIGHT!

Ursprünglich Anfang November 2006 erschienen wurde die CD bereits 2013 erneut veröffentlicht. Dieses Mal mit einer Bonus-CD, die neben fünf Live-Aufnahmen von 2013 auch die Single „Christmas Eve“ in vier verschiedenen Versionen und als Videoclip enthielt. 2017 nun also der zweite Aufguss. Gleich zu Beginn der ersten CD stehen in der 2017er Version drei neue und bislang unveröffentlichte Lieder (unter anderem das allseits bekannte „Oh Christmas Tree“). Danach ist die Version deckungsgleich mit dem Original, und auch die Bonus-CD unterscheidet sich nicht von der 2013er Fassung. Remastered soll die CD noch sein, da ich das Original nicht kenne, kann ich über mögliche Klangverbesserungen nur wenig sagen. Nur soviel: Am Sound gibt es wirklich nichts zu meckern. Alle Instrumente sind gut zu hören, der Klang ist klar und ausgewogen. So ist man es von BLACKMORE’S NIGHT gewöhnt.

Aber kommen wir zum Höreindruck. Die erste CD ist auf jeden Fall die erträglichere – merkt man schon meine Abneigung? Die Songs plätschern ruhig, drucklos und langweilig vor sich hin. Statt zu versuchen, den alten Songs neues Leben einzuhauchen, anstatt sie etwas flotter und inspiriert darzubieten, geht Ritchie Blackmore lieber auf Nummer sicher. Er möchte anscheinend mit der CD die ganze Familie erreichen, von Oma bis zum Neugeborenen. Weh tut das keinem, aber mitreißen tut es auch niemanden. Die Instrumente sind aus alten BLACKMORE’S NIGHT Produktionen altbekannt, neben Laute, Akustik-Gitarre kommen vor allem diverse Flötenarten und zarte Rhythmusinstrumente wie Schellenkränze zum Einsatz. Die Stimme von Candice Night ist gewohnt treffsicher, lieblich und der einzige Lichtblick auf dieser CD. Am besten gefällt mir immer noch die Rednex-Coverversion von „Wish you were here“, die wir uns allerdings auch bereits 2007 auf dem grandiosen Album „Shadow of the Moon“ anhören durften.

Mit der Bonus-CD nimmt das Unheil dann allerdings seinen Lauf. Zuerst hören wir fünf der Weihnachtslieder erneut als Live-Aufnahme von 2013. Nicht besser und nicht schlechter als die Studioversion. Dann kommt die erste Version von „Christmas Eve“. Eine Weihnachtssingle aus dem Jahr 2013, geschrieben von Blackmore und Night. Was haben die beiden sich dabei eigentlich gedacht? Die akustischen, mittelalterlichen Instrumente werden zu Gunsten eines billigen, synthetischen Keyboard-Sounds und Samples zurückgenommen, Candice versucht sich als Helene Fischer- und Andrea Berg-Double, und die Melodien sind so zuckersüß, dass sie mir bis heute den Gehörkanal verkleben.

Und kaum denkt man, dass der Tiefpunkt der Platte überwunden ist, kommt auch schon der nächste. Die zweite Version von „Christmas Eve“, aber dieses Mal singt Candice auf Deutsch! Böse Erinnerungen an alte MANOWAR-Lieder werden wach. Und dabei würde ich jetzt in diesem Moment alles für MANOWAR geben, nur um diese Melodie aus meinem Kopf zu bekommen! Nach der Hälfte des Songs fliegt die CD aus meiner Anlage, und ich freue mich plötzlich über die Pop-Lieder, die aus meinem Autoradio dringen. Erleichtert atme ich auf und schwöre mir, dass ich die letzten beiden Remixe, die sich auf dieser CD befinden, auslassen werde.

Danke für nichts und frohe Weihnachten

Zusammenfassend ist die erste CD kein absoluter Reinfall. Für den Fall, dass die ganze Verwandtschaft an Weihnachten zu Besuch ist und man Hintergrundmusik braucht, die keinen stört und bei der man sich prima unterhalten kann, ist diese CD durchaus zu gebrauchen. Für den privaten Genuss fehlt mir aber einfach Drive, Inspiration und Esprit. Da bin ich von BLACKMORE’S NIGHT besseres gewohnt. Die zweite CD zieht die gesamte Bewertung leider völlig nach unten und ich frage mich bis jetzt, was den lieben Ritchie dort geritten hat. Vier Punkte gibt es insgesamt dann doch noch. Einen Punkt für die Stimme von Candice Night, einen Punkt für die saubere Produktion, einen Punkt für das Cover von „Wish you were here“ und einen letzten Punkt, weil Ritchie eben Ritchie ist.

Review von Markus Hollenhorst

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23.10.2017

Stellv. Chefredakteur

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