Centaurus-A - Side Effects Expected

Review

Der Metal.de-Gesundheitsminister rät: Technical Death Metal gefährdet ihre Nackenmuskulatur!
So oder so ähnlich dürfte der Warnhinweis auf dem Cover von „Side Effects Expected“, dem ersten vollwertigen Album der „German Boys“ von CENTAURUS-A, eigentlich prangen, denn das Album reißt den Zuhörer, ganz im Sinne des Titels, von ekstatischen Höhenfahrten in schmerzhafte Tiefen. Ein medizinischer Tatsachenbericht.

Mal ganz ehrlich: Die kleine Sound-FX Spielerei zum Beginn von „The Praying Mantis“, ein bichen Knister und Knaster und ein verzerrtes „Side Effects Expected“ Genuschel, hätte man sich gut und gerne sparen können, denn es klingt ebenso wenig interessant wie professionell. Dabei haben die Nordrhein-Westfalen mit „Listenable Records“ nach 4 Demos doch endlich ein potentes, musikalisches Dach über ihrem Kopf gefunden. Scheinbar hat vor allem die letzte Demo „Narcotic“ nicht nur bei unserem geschätzten Endres gezündet.

Zum Glück ist der Schnitzer zu Beginn auch nicht der markanteste Punkt, der dem Hörer vom Opener im Gedächtnis hängen bleibt. Nach 20 Sekunden geht es mit Double Bass und technisch orientiertem Gitarrengefrickel gut zur Sache: Die Produktion ist wuchtig und der Bass dröhnend, das Tempo nicht Formel 1 verdächtig aber dennoch schnell genug, um auch einen zügigen Autobahnritt malerisch zu begleiten. Man bewegt sich dabei in nicht ganz so abgefahrenen musikalischen Gefilden wie andere Genrekollegen, NECROPHAGIST mal als Beispiel heraus gegriffen, und bleibt damit auch für den weniger technisch anspruchsvollen (oder ansprechbaren, soll ja auch Leute – wie mich – geben, die bei Lichtgeschwindigkeitsgefrickel keine Erektion bekommen) Hörer interessant. Wenn da nicht der Bruch bei 3:30 wäre. Okay, schon wieder Sound-FX Geplapper, nicht weiter schlimm, taucht auch im Verlauf des Albums nicht mehr auf. Darüber hinaus verliert der Song allerdings für ein gutes Stück enorm an Tempo und ergießt sich in einem behäbigen Solo-Lauf. Auch der ist technisch sauber und eigentlich gut anzuhören, dennoch fühlt es sich an, als wäre mir mitten im vollsten Abgehen zur Musik ein Brett an den Schädel geschlagen worden, ein gemütlicher Sessel unter den Arsch gerückt und ein Glas ausgewählten Sherries in die Hand gedrückt worden: einfach nur unpassend zur sonst gehörig malmenden Soundwalze.

Diese kleinen Momente sind es, die „Side Effects Expected“ hie und da ein wenig seines Glanzes berauben. Immer mal wieder nimmt das Songwriting ein wenig den Fuß vom Gaspedal und das funktioniert nur stellenweise gut. „The Praying Mantis“ bleibt dadurch ebenso eine gute Nummer wie „Narcotic“ oder „Morning Tremble“, das mit richtigem Ohrwurm-Riffing sowieso zu einer der stärksten Nummern des Albums gehört. Dennoch juckt es mich immer etwas im Ohr, wenn ein Song etwas zu unrund weiter geführt wird oder gleich, wie „Arson“, zu den eher gemächlichen „Schnulzennummern“ (für die Verhältnisse einer Tech-Death Band, versteht sich) zählt.

Dass mich das überhaupt stört mag aber auch an der wirklich hohen, qualitativen Stufe des restlichen Materials liegen. CENTAURUS-A haben wirklich ein erstaunliches Potential, von dem sie sehr viel schon jetzt in „Side Effects Expected“ umgesetzt haben, es blastet und schreddert an allen Ecken und Enden, ein deftiges Riff-Brett jagt das nächste. Auch wenn die Instrumentalfraktion natürlich deutlich im Vordergrund steht, ohne ein tiefes Grunzorgan geht im Death Metal herzlich wenig. Fronter Johannes Henke ist zwar kein Ausnahmetalent oder Revolutionär, trägt mit seinem beherzten Stimmeinsatz aber durchaus auch zum positiven Teil des Gesamteindrucks bei.

Mit etwa mehr als 43 Minuten bleibt „Side Effects Expected“ eine eher kurze Angelegenheit, was aber nicht wirklich als schlecht auszulegen ist. Auch wenn die Band mit einer guten Portition Kreativität gesegnet ist und sich nicht spätestens beim fünften Track wiederholt, flacht der Überraschungsfaktor zum Ende hin ab. Ein 70 Minuten Wälzer hätte CENTAURUS-A wahrscheinlich mehr geschadet, als es dieser knackig servierte Silberling tut.

Ein Rezept oder ärztliche Verordnung ist für „Side Effects Expected“ nicht notwendig. Es reicht nicht ganz um AIDS oder Krebs zu heilen oder Lahme zum gehen (oder fort rennen) zu animieren, aber auch Knoten im Gehörgang braucht keiner zu befürchten, im Gegenteil. Der technisch versierte Death Metal von CENTAURUS-A schlägt eine angenehme Brücke zwischen den harten und eher gemächlichen Kollegen des Death und bietet sich deshalb sowohl für „Einsteiger“ als auch für etwas offenere NECROPHAGIST-Fans an. Gerade Erstere dürften sogar noch von den Verschnaufpausen in den Songs profitieren, mit denen ich dieses Mal nicht wirklich warm werden konnte. Deshalb reicht es bei mir in diesem Anlauf auch nicht zur Höchstwertung. Aus der 7.5, die mir eigentlich im Kopf herum schwirrt, mache ich dieses mal, nach intensivem Hören, „nur“ eine 7, bin ich mir doch verdammt sicher, dass CENTAURUS-A auf „Side Effects Expected“ noch toppen können und keinesfalls ihr ganzes Pulver bereits verschossen haben. Ich bin wirklich gespannt, was uns in den nächsten Jahren noch aus dem Hause CENTAURUS-A erwartet, die Truppe befindet sich jedenfalls auf einem sehr guten Weg nach oben.

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06.03.2009

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