De Profundis - The Corruption Of Virtue

Review

Galerie mit 23 Bildern: De Profundis - Rockharz Open Air 2012

Religion und Metal pflegen ja eine Art Hassliebe füreinander, ein Empfinden, das beidseitig erwidert wird. Es gibt zwar musikalische Schlichtungsversuche, die meistens aber in einem biederen Desaster der Marke SKILLET enden, seltener in einer edlen Übereinkunft beider Seiten der Marke WYTCH HAZEL oder ORPHANED LAND. Die Briten DE PROFUNDIS gehen da schon länger speziell gegen den Fundamentalismus in die Offensive, zuletzt mit „The Blinding Light Of Faith“. Die Wortwahl ist scharfzüngig, der begleitende Death Metal gefüllt mit Aggression, messerscharfen Riffs, dem charakteristischen Bass-Geblubber von Aran McSporran (möglicherweise ein Fretless?) und dem Gespür für die richtigen Melodien zum richtigen Zeitpunkt. Natürlich sollte es nicht zu viel von letzterem sein, um die Aggression und auch Finsternis des Sounds nicht zu verwaschen und so die Gravitas der Thematik zu untergraben.

DE PROFUNDIS brillieren mit Konsistenz statt unnötigen Experimenten

In diesem Sinne kann man das neue Album „The Corruption Of Virtue“ als die nahtlose Fortsetzung von „The Blinding Light Of Faith“ betrachten, denn die Londoner knüpfen sowohl thematisch als auch inhaltlich ziemlich genau dort an, wo der Vorgänger aufgehört hat. Nach vier Jahren Pause ist so eine Konsistenz irgendwie schon bemerkenswert, auch in qualitativer Hinsicht. Denn für „The Corruption Of Virtue“ haben DE PROFUNDIS lediglich ein bisschen an den Stellschrauben gedreht und ihren Sound heuer etwas heavier, melodischer und auch technischer gestaltet. Der Bassist Steve Woodcock (insert dirty joke here) mag ein neuer sein, aber auch er  beherrscht klar hörbar seinen Bass und scheut sich nicht davor, den Sound mit lebhaften Linien zu unterfüttern, die zu solch einem einschlägigen Erkennungsmerkmal der Briten geworden sind.

Erneut führen die Londoner diese Elemente – schneidende Riffs, Bass-Magie, dezent platzierte Melodien, angeschwärzte oder progressive Schlenker hier und da – zusammen zu einem finsteren Brocken, der keine Zeit verschwendet um den großen Otto zu machen. Sänger Craig Land growlt wie ein Besessener drüber, dazu funktioniert der alte Griff in die Trickkiste in Form von feisten Shrieks als Backing Vocals an passenden Stellen bestens und sorgt für Abwechslung im gesanglichen Spektrum. Rhythmisch gestaltet sich „The Corruption Of Virtue“ wie angedeutet etwas heavier als der Vorgänger, was wiederum der erneut hervorragend finsteren Stimmung in die Karten spielt. Die Rhythmen, die Tom Atherton den Songs schneidert, sind hier und da etwas ungelenk, aber das wird wunderbar von der stimmungsvollen Gitarrenarbeit des Gespanns Sengupta/Nazarkardeh komplementiert.

„The Corruption Of Virtue“ ist eine konsequente Fortsetzung …

Und Junge, feuern die Herren hier wieder ein paar Biester von Songs heraus. „Weaponised Rape“ beispielsweise packt direkt und aggressiv zu und wechselt dabei zwischen zackigem Offbeat und rockigeren Rhythmen. Zwischenzeitlich werden sogar die flächigen Arpeggios ausgepackt, die dem etwas jüngeren und unerfahreneren Ich weiland zu „Kingdom Of The Blind“-Zeiten so sehr verzückt haben. „Embrace Dystopia“ wartet fernab finsterer Knüppelattacken mit einigen der größeren Melodien des Albums auf, möglicherweise mit leicht melancholischem Einschlag. „Sectarian Warfare“ flirtet mit seinem Signatur-Break möglicherweise ein bisschen mit Grindcore – etwas, was auch „Religious Cancer“ bestens drauf hat. Die sägenden Lead-Gitarren des Erstgennanten verorten den Song aber mehr so in Richtung Stockholm, während „Religious Cancer“ die Härteschraube festzieht.

Die fast irgendwie klassisch anmutenden Harmonien, welche die Saitenfraktion in „Desecrating Innocense“ heraufbeschwört, sind ein wahrer Genuss und rücken den Song, wenn auch eher beiläufig, in etwas progressivere Sphären hervor – und das ohne ihn zu sehr in Abakus-Hexerei oder Griffbrettgewichse verfallen zu lassen. Diese Harmonien tauchen auch wieder im Rausschmeißer „The Sword Verses“ auf, bei dem DE PROFUNDIS noch einmal alles aus der melodischen Komponente ihres Sounds heraus holen. Aber wer sich einen auf den Punkt bzw. Song gebrachten Gesamteindruck des Albums verschaffen möchte, fährt vermutlich mit „Relentless March“ am besten, bei dem sämtliche Facetten des Sounds zusammen laufen.

… mit Feinjustierungen an den richtigen Stellen

Auch wenn sich im Sound nicht viel im Gegensatz zum Vorgänger geändert hat, so haben die Briten doch Feinjustierungen an den richtigen Stellen vorgenommen und mit „The Corruption Of Virtue“ ein richtig starkes Album hervorgebracht. Es gibt daher auch nicht wirklich viel, was man DE PROFUNDIS hier zum Vorwurf machen könnte. Möglicherweise würde der hier und da wahrnehmbare Mangel an Straffheit in den Sinn kommen, aber das wird von der Saitenfraktion wie erwähnt souverän kompensiert. Fürwahr: Hier führen die Briten ihre Stärken gekonnt zusammen, sodass diese Fältchen im Handumdrehen kaschiert werden. Somit liegt mit „The Corruption Of Virtue“ ein weiteres Hightlight im Death-Metal-Jahr 2022 vor.

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09.10.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu De Profundis - The Corruption Of Virtue

  1. destrukt. sagt:

    Jetzt rächt es sich, dass ich die englische Szene lange Zeit außen vor gelassen hab, stolper ich derzeit doch oft über hervorragende Releases erst mit teils mehrjähriger Verspätung. Hier bin ich jetzt verhältnismäßig früh dran und muss gestehen, ich hab hier vermutlich eins der besten DM Alben im letzten Jahr verpasst. Die perfekte Balance zwischen Straightness und Verspieltheit, zwischen Melodie und Härte, mit hervorragender Gitarren- und speziell Bassarbeit.
    Scheinbar sind die Engländer nicht nur in der UEFA 5-Jahres-Wertung ganz vorne….

    9/10