Dr. Elephant's Revolution - On Our Own

Review

Vages Piratenthema, das textlich ein paar mal lose aufgegriffen wird, ein schickes, stimmungsvolles Schwarz-Weiß-Cover und ein Bandname, der Fragen aufwirft und zu wilden Theorien hinsichtlich der Musik dahinter anstiftet – DR. ELEPHANT’S REVOLUTION schaffen auf den ersten Blick zumindest schon mal, ein grundlegendes Interesse zu wecken. Zumindest solange man nicht allergisch auf Piraten im Metal reagiert, angesichts klamaukigerer Acts wie ALESTORM sicher nicht unüblich. Aber eine Piratenthematik kann im Metal auch durchaus ernsthafter in Szene gesetzt werden. Daran soll’s hier also nicht scheitern. Oh nein, woran es bei „On Our Own“ teilweise scheitert, sind ein paar andere, grundlegendere Angelegenheiten.

Zugegeben: Die Schweizer schaffen es, auf den zweiten (vielleicht auch erst dritten) Hör einen besseren Eindruck zu machen, als auf den ersten. Im Grunde gibt es hier irgendwas zwischen punkigem Alternative, rudimentärsten Groove Metal und Stoner Rock im Sinne von THE MIDNIGHT GHOST TRAIN zu hören. Der Opener „Styx“ besteht größtenteils nur aus drei Akkorden, die ziemlich uninspiriert aneinander gereiht werden. Doch die Auskleidung durch ein laut Inlay echtes Cello lässt eine ziemlich dramatische Stimmung aufkommen – wenn man die Geduld hat, sich darauf einzulassen. Ebenfalls hinreichend gelungen sind das zupackende „Goose Stepping Steam Train“, der atmosphärische, vage orientalisch anmutende Stoner-Titeltrack sowie das groovende „La Petite Fleur Rouge“. Auch das Spoken Word-Interlude „Flying Amsterdam: New Horizons“ gefällt – wer hätte gedacht, das Piraterie in schwiizerdütsch so stimmungsvoll klingen kann.

DR. ELEPHANT’S REVOLUTION können schon was

Dazu gesellen sich kleinere, instrumentale Glanzleistungen, die zwischendrin immer mal wieder aufploppen und auf das Talent hindeuten, das hierhinter steckt. Gemeint sind damit vor allem die Soli von „Wand“, „The Nut“ (vermutlich die mit Abstand beste Instrumentalleistung auf der Platte) sowie der überraschend stimmungsvolle Abgang von „Shadow“, ein Song übrigens, der sogar mal mit krummen Takten spielt. Der Gesang ist größtenteils auch in Ordnung, auch wenn diese in den klar gesungenen Passagen immer wieder auftauchende James Hetflied-Intonation auf lange Sicht ein bisschen nervt und die höheren Stimmlagen nicht immer mit ausreichend Zielwasser im Blut angepeilt werden („The Nut“ ist so ein Fall). So weit, so gut. Diese Highlights wiegen aber den Rest nur bedingt auf, der definitiv nicht nach einer Band in ihrem dritten Album klingt.

Schrieb ich weiter oben, dass der Opener „Styx“ größtenteils nur aus drei Akkorden besteht, so lässt sich diese Art der songschreiberischen Einfältigkeit auf eine ganze Reihe der Tracks von „On Our Own“ übertragen. Und es nicht so, als würden DR. ELEPHANT’S REVOLUTION hier die kreative Leere so lange mit Effekten zuklatschen, dass man sie nicht mehr erkennt. Die meisten Songs nämlich kommen größtenteils ohne schmückendes Synth-/Orchestral-Beiwerk daher, einerseits eine löbliche Qualität und dank eines kompetenten Sounds auch gar nicht mal so schlimm. Aber dadurch merkt man, dass beispielsweise bei „Canary In A Coal Mine“ oder „Man Over Board“ noch viel mehr hätte herausgeholt werden können. So fühlen sich viele Songs an: wie nicht fertig geschrieben.

„On Our Own“ klingt aber teilweise so, als hätte es noch reichlich nachreifen können

Man addiere dazu noch die zum Teil arg plumpen, schlimmstenfalls sogar peinlichen Lyrics, die mit vereinzelter Aluhut- (v. a. „Canary In A Coal Mine“) respektive Boomer-Attitüde („Unicorns On Parade“) versehen sind, und das dazu passende, tumbe Bravado, das vor allem bei den gebrüllten Vocals transportiert wird, und kommt damit teilweise gefährlich nah beim Nu-Metal-Eintakter COAL CHAMBER heraus. In „Shadow“ (fernab des weiter oben löblich erwähnten Schlussteils) sowie „Mother?!“ kommt das textliche Manko besonders zum Vorschein. Ich möchte an dieser Stelle kein Urteil über den jeweiligen, lyrischen Inhalt fällen, da mir nicht bekannt ist, wie persönlich die Texte für die Band sind hinsichtlich etwaiger Depressionen oder Probleme mit dem Elternhaus. Aber auf Empfängerseite verrenkt sich mein Körper einfach komplett beim Hören, ähnlich wie bei „Man Over Board“.

Und dieses Album schlägt mit 69 Minuten kräftig zu Buche, was für das Gebotene einfach viel zu lang ist. Ich wünsche mir, weil es für die Schweizer Album Nr. 3 ist und sie in der Vergangenheit schon deutlich inspirierter geklungen haben, dass die hervorragenden instrumentalen Leistungen, die auf dem Album zwar spärlich aber immerhin vorhanden sind, künftig etwas freizügiger zum Einsatz kommen als das repetitive und gelangweilt klingende Geriffe. Gerne darf es auch weniger Material, dafür umso mehr Killer und weit weniger Filler sein. Die Platte hat definitiv ihren kruden Charme, der sich erst nach mehreren Durchgängen offenbart. Aber Zeitmanagment muss von den Schweizern definitiv noch geübt werden, ganz zu schweigen davon, dass einige Ideen hier locker noch ’ne Runde im Ofen hätten garen sollen…

03.12.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Dr. Elephant's Revolution - On Our Own

  1. Sylverblack sagt:

    „[…] zu wilden Theorien hinsichtlich der Musik dahinter anstiftet – DR. ELEPHANT’S REVOLUTION schaffen auf den […]“
    Ja was denn jetzt: Dr. Elephant’s REVENGE oder Dr. Elephant’s REVOLUTION?

  2. Michael Klaas sagt:

    Hallo Sylverblack,

    vielen Dank für deine Anmerkung. Ist angepasst.

    LG