Lunatic Affliction - Im Bannkreis der Götter

Review

Wer einmal in Berlin weilt, sollte sich die Zeit nehmen, das Pergamonmuseum zu besuchen. Im dortigen Vorderasiatischen Museum ist seit 1930 das Tor von Ishtar ausgestellt, eines der Stadttore des antiken Babylons. Was diese Information mit „Im Bannkreis der Götter“ von LUNATIC AFFLICTION zu tun hat? Nachdem der Albumtitel zunächst an einen Bezug zur nordischen Mythologie denken lässt, wird der Hörer schnell eines Besseren belehrt. Mit Ereschkigal, Nergal und Ishtar steht vielmehr die mesopotamische Mythengeschichte im Vordergrund. Die Höllenfahrt (Kurnugi) der Göttin Ishtar wird dabei in Form eines Konzeptalbums behandelt. Passend dazu kredenzt Misanthropic-Art ein hochklassiges Artwork, welches auch auf Vinyl einen guten Eindruck machen würde.

MELECHESH? LUNATIC AFFLICTION!

In diesem Zusammenhang umfasst der Bezug zur mesopotamischen Mythologie allerdings nicht gleichzeitig die Implementierung von Elementen aus der orientalischen Musik. LUNATIC AFFLICTION stehen eher dem europäischen bzw. deutschen Black Metal nahe. Die dezente aber häufige Einbindung von akustischen Gitarren, Soundkollagen und weiblichen Gesanglinien von Megan „Iron Meggido“ Leo (WITCHBLOOD, Ex-DEATHRONATION) tragen hierbei viel zum Old-School-Feeling der mittleren Neunziger bis frühen Zweitausender von „Im Bannkreis der Götter“ bei. Der schmale Grat zum Kitsch wird hierbei im Grunde nie überschritten, lediglich das Intro mitsamt Meeresrauschen und das fünfte Stück „Part V – Eclipse“ liegen marginal im grauen Bereich.

Auf Keyboards verzichtet die Band in diesem Kontext allerdings vollständig, alle eingebauten Sounds entstammen der Natur oder kosmischen Frequenzen. Die einzelnen Songs sind sowohl inhaltlich als auch klanglich im Sinne eines Konzeptalbums miteinander verwoben. Die Atmosphäre ist dabei sehr dicht, der kompakte, kratzige und nicht glattpolierte Sound trägt hierzu viel bei. Auch die rauen männlichen Gesanglinien fügen sich gut in dieses Bild ein und unterstreichen die Nähe zum Black Metal der genannten Dekade. Sicherlich, Soundpuristen werden einen gewissen Grad an Undifferenziertheit kritisieren. Nun ja, für das gewünschte Ergebnis passt der Sound dennoch mehr als gut.

Untergang im Einheitsbrei?

LUNATIC AFFLICTION haben einen eigenen Klang und heben sich damit von der Masse der Black-Metal-Bands positiv ab. Auch das überwiegend klare und geradlinige Songwriting prägt die Platte positiv. Lediglich im mittleren Part verlieren Lunatic Affliction das Ziel etwas aus den Augen und verfahren sich im Experimentieren mit Grillengezirpe und Lagerfeueratmosphäre.

Insgesamt bleibt jedoch ein interessantes und hörenswertes Album zurück, welches insbesondere durch seine Eigenständigkeit und die dichte Atmosphäre zu gefallen weiß. Nachdem LUNATIC AFFLICTION für mich bisher ein unbeschriebenes Blatt waren und auch die Bandmitglieder überwiegend in anderen Genres unterwegs waren, ist „Im Bannkreis der Götter“ durchaus eine positive Überraschung.

Das Album erscheint bei Kristallblut Records und ist auf 500 Stück limitiert.

05.10.2016

Stellv. Chefredakteur

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