Paradise Lost - Ascension

Review

PARADISE LOST hatten sich bereits von der Welt abgewandt. „Obsidian“ setzte sich mit inneren Dämonen auseinander und erschien passenderweise zu Beginn einer Pandemie, die zahllose Menschen in die Isolation trieb. „Ascension“ fasst den Rahmen weiter, blickt zynisch, fast schon kämpferisch, auf den desolaten Zustand der Welt und zeigt sich musikalisch entsprechend abwechslungsreich.

„Ascension“ erhebt sich aus der Vergangenheit

Inspiration fanden die britischen Gothic-Doom-Urväter dabei in ihrer eigenen Bandhistorie. Gitarrist Greg Mackintosh begann nach den Neuaufnahmen von „Icon“ mit dem Songwriting, beschränkte sich aber nicht auf diesen Klassiker, sondern erkannte Ansatzpunkte in der gesamten Diskographie der Band.

Eine blasse Würdigung alter Tage ist „Ascension“ allerdings nicht. Trotz aller Anklänge an die diversen Vorgänger wirken die Ideen frisch. Dies ist nicht nur den cleveren Arrangements sondern auch der sorgfältigen Produktion zu verdanken. Eine derartige Detailverliebtheit und erhabene Atmosphäre haben PARADISE LOST selten an den Tag gelegt. Es hat sich gelohnt, das Mackintosh neben dem Songwriting auch die Produktion übernommen hat.

PARADISE LOST in vielfältiger Reinform

Diesem Sound ist es zu verdanken, dass „Ascension“ eine sakrale Stimmung entfaltet. Sänger Nick Holmes wirkt wie ein gottloser Priester, der anklagend und trotzig seine Stimme erhebt. So wie der Rest der Band zwischen stampfenden Rhythmen und hymnischen Melodien mäandert, zeigt auch der Frontmann seine gesamte Bandbreite. Mal growlend, mal clean, selten auch rotzig führt er durch ein Programm, das von doomigen Mitnickern bis zu tanzbaren Gothic-Rock-Nummern reicht.

Der Saitenfraktion ist es zu verdanken, dass trotz der Gegensätze alles wie aus einem Guss und erkennbar nach PARADISE LOST klingt. Das Schlagzeug wurde in einer zum Studio umgebauten Kirche in Nordschweden aufgenommen, was sich vielleicht im Klang niederschlagen mag, als interessanter Fakt aber auf jeden Fall zur Atmosphäre des Albums beiträgt.

Mehr als nur eine Bestandsaufnahme

„Ascension“ ist mehr als nur eine Bestandsaufnahme der Bandhistorie, setzt aber keine eigenen Akzente. „Gothic“ beschritt einst neue Pfade, „Draconian Times“ fand Schönheit zwischen Gothic Rock und Doom, „The Plague Within“ vereinte alt und neu auf gekonnte Weise, „Obsidian“ gab sich komplett der Finsternis hin. Das neue Album will all dies gleichzeitig, lässt es aber an Konsequenz vermissen.

Stattdessen gelingt es, Fans jeder Phase von PARADISE LOST anzusprechen und jeweilige neue Hits zu bieten. Wer gar das Gesamtwerk gleichwertig feiert, wird auch auf „Ascension“ viele Momente zum Niederknien finden. So offen und vielseitig hat sich die Band schon lange nicht mehr gezeigt. Dieses Album ist kein Soundtrack zum Probeliegen auf dem Friedhof, sondern steigt trotz des bitteren Zynismus aus den Schatten hervor – der Titel ist Programm.

21.09.2025
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