Paradise Lost - Paradise Lost

Review

Mit einem schlicht „Paradise Lost“ betitelten Album schlossen PARADISE LOST 2005 genau 15 Jahre nach ihrem Debüt den Kreis, indem sie zum Jubiläum einfach dessen Titel „Lost Paradise“ umkehrten. Betrachtet man die musikalische Entwicklung der einstigen Gothic Metal-Ikone, so erscheint die Verkehrung der Worte symptomatisch für die Invertierung des künstlerischen Ausdrucks. Absicht? Mit Sicherheit zumindest kein Zufall. Zwar hat man sich nach den sehr andersartigen Alben Ende des letzten Jahrzehnts in Form von „One Second“, „Host“ und „Believe In Nothing“ mit „Symbol Of Life“ langsam wieder in Richtung gut konsumierbarer, rockigerer Klänge und damit zaghaft gen eigener Wurzeln orientiert. Allzu viel Bedeutung sollte der Namensgleichheit mit dem ersten Demo der Briten allerdings nicht beigemessen werden.

Es stimmt zwar: nach der gescheiterten elektronischen Identitätssuche besannen sich Nick Holmes & Co. wieder auf Werte, die sie einst groß machten, verbannten DEPECHE MODE wieder aus ihrem Sound und ließen wieder mehr Saiten sprechen. Dennoch sahen sich die Die Hard-Fans der Frühneunziger-Ära der Band auch anno 2005 nicht erhört. Man darf gespannt sein, was PARADISE LOST dieses Jahr über ihr neues Label Century Media veröffentlichen werden. Dass sie die Einzigartigkeit, die ihren Stil zu Zeiten von „Draconian Times“ oder „Shades Of God“ bezeichnete, wieder erlangen, wird jedoch recht unwahrscheinlich sein.

Trotzdem muss „Paradise Lost“ als bestes Album seit rund zehn Jahren gelten, was angesichts seiner richtungs- und größtenteils gesichtslosen vier Vorgänger aber auch keine Kunst ist. Gemessen an der – trotz allem stets gehegten – hohen Erwartungshaltung aufgrund der Klassiker, schlägt sich das mit dem eigenen Namen getaufte Kind doch sehr wacker. Mit in sowohl musikalisch als auch songlängentechnisch radiotaugliche Songs verpackter Melancholie zeigen PARADISE LOST, dass sie ihr Gespür für rockendes Komponieren und große Melodien nicht bei Roland oder Korg in Zahlung gegeben haben. Rückschauend könnte „Paradise Lost“ eine – damals zwar auch nicht zu begrüßende aber dennoch – logische und nachvollziehbarere Entwicklung nach „Draconian Times“ sein, als es das vollkommen unerwartbare und arg verschriene „One Second“ war. Eingängig sind alle Songs auf „Paradise Lost“. Hooklines, die ihre Bezeichnung zurecht tragen, Refrains, die sich in Windeseile einprägen und endlich wieder mehr Gewicht auf den Gitarren! Mit „Sun Fading“ haben sich PARADISE LOST sogar ein modernes Denkmal gesetzt, das mit einem Chorus für die Ewigkeit ausgestattet ist.

Was mir an der Scheibe allerdings nachhaltig sauer aufstößt, ist die lasche Produktion bzw. das Mastering. Das Album ist arg leise, einmal abgesehen davon, dass man die Unabhängigkeitserklärung der Klampfen noch etwas druckvoller hätte feiern können. Wie dem auch sei, es sei nur am Rande erwähnt. Ebenso wie die Tatsache, dass es „Paradise Lost“ jetzt zusammen mit „Symbol Of Life“ im Doppelpack und Special Price gibt. Ohne Bonustracks, ohne Zusatzgedöns – einfach zwei Alben zusammengehalten von einem Pappschuber.

Alles in allem ist „Paradise Lost“ ein Album, mit dem auch Fans der älteren Platten wieder etwas besser zurecht kommen dürften – so sie kein Zukreuzekriechen vor den alten Denkmälern erwarten. Aber wer tut das schon ernsthaft?

12.01.2007
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