Slegest - Avstand

Review

Manchmal gibt es diese Momente, da denkt man als Rezensent, man hat ein Album jetzt wirklich oft gehört und kann sich ein abschließendes Urteil bilden. Und dann, ein zwei Wochen später stellt man fest, dass sich die Sechs-Punkte-Platte doch erstaunlich häufig auf dem heimischen Teller dreht. So geschehen im Falle des letzten SLEGEST-Albums „Introvert“. So wäre retrospektiv wohl mindestens ein Punkt mehr drin gewesen, aber wer kann schon wirklich voraussehen, was der Zahn der Zeit so mit Musik anstellt? Nun ist der Nachfolger erschienen – man darf also gespannt sein, ob „Avstand“ schneller zündet, als sein direkter Vorgänger.

SLEGEST – Schweinecoole Riffs

Mit dem Stil seiner alten Band VREID hat Fronter und Mastermind Stig Ese mittlerweile weitestgehend gebrochen, denn auch auf „Avstand“ regiert in erster Linie der Black’n’Roll. Der Quasi-Titeltrack „Innsikt“ (das norwegische Wort für „Einblick“ findet sich im Schlüssel auf dem Cover wieder) beginnt mit einem irgendwie diabolischen Pfeifen, bevor ein mal wieder schweinecooles Riff einsetzt und damit das Pendel ordentlich gen Rock’n’Roll ausschwingen lässt. „Innsikt“ ist insofern der perfekte Opener, denn die Nummer hätte durchaus auch auf „Introvert“ gepasst.

Letztlich gilt das auch für „Evigheit På Evigheit“, denn einerseits ist der Song erneut ein sehr cooler Rocker, allerdings schreit Stig Ese hier eine ganze Schippe fieser als noch im Opener. Das zieht sich ohnehin über weite Teile des Albums, gesanglich gibt es auf jeden Fall wieder mehr Black-Metal-Geröchel als auf dem diesbezüglich etwas gemäßigteren „Introvert“. SLEGEST haben aber offenbar auch gemerkt, dass ihrem 2018er Album vor allem eines abging: Abwechslung. So punktet „Forløysning Og Rus“ mit sehr melodischem Riffing, dass nicht nur auf Coolness setzt, sondern im zweiten Teil auch auf Surf-Gitarren, die natürlich an den Pulp-Fiction-Überklassiker „Misirlou“ von DICK DALE erinnern. Das Ganze wird mit einem erstaunlich passenden Taktwechsel garniert.

Abwechslung bedeutet auf „Avstand“ also in erster Linie Experimentierfreudigkeit, so lassen die Norweger Einflüsse aus anderen Stilrichtungen zu, ohne das Grundrezept komplett zu verändern. Ob sie dabei trotzdem auch mal über das Ziel hinaus schießen, das muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden. Denn das in „Gåte“ mehrfach eingesetzte Saxophon scheint irgendwie gerade en vogue im Metal zu sein, will dabei Innovation ausstrahlen, wirkt aber auch häufig gezwungen. SLEGEST liegen dabei wohl irgendwo in der Mitte: „Gåte“ würde ohne Frage auch ohne funktionieren, wäre dann aber nur ein weiterer solider Rocker. Zumindest das etwas ausladendere Saxophon-Solo gen Ende sorgt definitiv für ein Grinsen im Gesicht des Hörers.

Während „Er Det Deg Livet?“ und „Til Det Største Som Finst“ eher in die Kategorie „solider Black’n’Roll“ fallen, obwohl Stig Ese hier nochmal mit einer Extraportion Wahnsinn in seiner Stimme punkten kann, zeigt das Status-Quo-Cover „Oh Baby“ die Band nochmal von einer ganz anderen Seite. Der punkige Gothic-Rock mit verzerrt-abgefucktem Klargesang steht SLEGEST in jedem Fall auch äußerst gut zu Gesicht.

Mehr Abwechslung, weniger Hits – „Avstand“

In Sachen Abwechslung hat sich auf „Avstand“ einiges getan, SLEGEST haben mehr Lust zu experimentieren, was nicht in allen Fällen zu 100% aufgeht aber dennoch dafür sorgt, die Platte öfter in einem Rutsch durchzuhören. Der Coolness-Faktor ist weiterhin verdammt hoch, allerdings sind die Gute-Laune-Riffs dieses Mal deutlich rarer gesäht.

Nimmt man das gesamte Songmaterial zusammen, ist „Avstand“ vermutlich etwas stärker als sein Vorgänger geraten, eines fehlt der Platte aber dieses Mal ein wenig: Ein Überhit wie „Undergangens Tankesmed“. Wer einfach wieder Nachschub an ungekünsteltem Black’n’Roll mit kauzigen norwegischen Vocals sucht, kommt aber auch dieses Mal wieder voll auf seine Kosten.

27.01.2023

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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