Stoned God - Incorporeal

Review

Es ist immer wieder erstaunlich, wie lange wirklich gute, aber unbekannte Bands unter dem Radar der breiten Masse fliegen können. Das trifft mit Sicherheit auch auf die progressiven/modernen Death Metaller von STONED GOD zu. Die Band existiert bereits seit 2013 und hat nach einigen EP’s 2016 mit „Discordant Divinity“ das Debüt in Eigenregie heraus gebracht. Auch „Incorporeal“ wurde komplett alleine gestemmt, ohne finanzstarkes Label im Rücken oder Produzenten. Das ist durchaus beachtlich, da „Incorporeal“ bezüglich Aufmachung, Produktion und so weiter absolut professionell aufgemacht ist.

STONED GOD sind eine Modern-Metal-Wundertüte

Aber zur Musik. Ist ein Bastard aus GOJIRA-Atmosphäre und Rhythmik mit PANTERA-Groove-Schwere und dem unbändigen Vorwärtsdrang und modernen Touch neuer DECAPITATED oder auch einer Band wie STRAPPING YOUNG LAD vorstellbar? Falls ja, sollte das den Sound von STONED GOD präzise genug einordnen, um bereits jetzt die Kaufentscheidung zu tätigen. „Incorporeal“ klingt durchaus modern, hat aber auch ein Fingerspitzengefühl für Eingängigkeit und Melodien, abwechslungsreiche Breaks und die Dampfhammerkeule. Es wird innerhalb der Songs über Albenlänge äußerst abwechslungsreich agiert, ohne Extras wie Keyboards, übermäßige Samples (es gibt dezent eingesetzte) oder zusätzliche Instrumente nötig zu haben. Der Reiz des Albums macht sich darin aus, diese kleinen Passagen oder Riffs in den Songs lieb zu gewinnen und wieder und wieder hören zu wollen.

Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: „Progressive“ bezieht sich hier nicht auf Laut-Leise Dynamikspielchen oder das Inkorporieren anderer Stile, wie solche Bands wie alte OPETH, PESTILENCE zu „Spheres“-Zeiten, oder moderne RIVERS OF NIHIL mit Saxophon-Eskapaden das etwa schon ausprobiert haben. Nichts dergleichen bekommt der Hörer hier. Stattdessen bleibt der Kern bei STONED GOD explizit metallisch, allerdings wird in diesem engen Korsett so weitläufig agiert, dass „progressiv“ als Beschreibung angesichts Songwriting durchaus angebracht ist, verglichen mit der OSDM-Band des persönlichen Gustos.

„Incorporeal“ – Riffs, Riffs, Riffs

Läutet „Celestial Deicide“ anfangs noch atmosphärisch, aber durchaus schon heavy ein, gibt es später den Baseballschläger ohne Vorwarnung ins Gesicht. Und der Track groovt dabei noch wie Sau! Dasselbe trifft auch auf Nachfolger „Dethrone the Traitors“ zu, auch wenn hier ein wenig mehr mit progressiveren Spieltechniken, wie diesen coolen Bending- und Staccatoriffs, die definitiv GOJIRA-Vibes aufleben lassen, experimentiert wird. Auffällig ist auch der Wechsel der Growls und Shouts von Fronter Steffen Hustert zu cleanen Vocals, die meistens in den Refrains zum Vorschein kommen und den Songs oft eine etwas gefühlvollere Kante neben dem Geballer bieten. Auch die Solos sitzen perfekt. Der Titelsong mäandert zwischen Frickelpassagen, Breitwandriffing und ganz kurz eingestreuten  Black-Metal-Passagen. Ebenso überrascht Nachfolger „The Creator“, der im Refrain beinahe schon optimistische Stadion-Epik streift. Klingt komisch, ist aber so. Kaum ein Song begnügt sich mit einer singulären Stärke und bindet die Vorzüge aus eingängigen und äußerst fetten Riffs mit melodischen Passagen und gelungen gesetzten Breaks ein.

Die zweite Albenhälfte ist im Vergleich zur ersten deutlich „offener“ im Sound, es wird mehr im Midtempo agiert, die Songs haben längere Flächen zum „Atmen“. Das bedeutet aber nicht, dass die Kauleistenmassur vollkommen vergessen wird. „The Decadent Blind“ fällt im Tuning gleich mal in den Keller und der Schlussteil des Songs bleibt einem wie ein Stein im Magen liegen. „Glowworms“ macht sich durch den leicht melancholischen Touch und die sich sehr desolat anfühlenden Riffs super als Schlusstrack, bevor der Finger unweigerlich zur Repeattaste rutscht.

Auf der Suche nach modernem Death Metal made in Germany?

Beim Gedanken an guten (modernen, nicht jenen mit Melodic, Old-School oder Technical im Namen) deutschen Death Metal, ist erst einmal große Leere im Kopf… Bands wie LAY DOWN ROTTEN, DEAD EYED SLEEPER oder VENENUM sind einige einer geringen Zahl ausgewählter deutscher Todesstahl-Bands, die oftmals abseits der ausgetretenen Pfade agiert haben und spannendes Songwriting vorweisen konnten. Leider gibt es von ersten beiden seit geraumer Zeit (und auch wahrscheinlich zukünftig) keine Neuigkeiten mehr,  während letztere sich scheinbar in Luft aufgelöst haben. Umso schöner, dass mit STONED GOD eine neue Band am Start ist, die hoffentlich diese Lücke bravourös füllen wird.

12.03.2020

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9 Kommentare zu Stoned God - Incorporeal

  1. Bummsgeordy sagt:

    Eine wirklich ganz, ganz starke Scheibe!!! Höre ich seit release täglich. Die Ausgewogenheit zwischen Growls und rauen Cleans ist meiner Ansicht nach zu 100% gelungen. Wenn Cleans eingesetzt werden, dann bitte so!!! Sound ist derbe Fett und unterstützt so das geile Songwriting. Die band agiert (absolut) auf international hohem Niveau, wenn man im Bereich des extremeren Metals bleibt. Für mich die Überraschungsentdeckung dieses Jahr.

    10/10
    1. ClutchNixon sagt:

      Prima Release! Sozusagen die deutschen Black Crown Initiate. Geil.

      8/10
  2. elLargo sagt:

    WTF?! 💣💥

    10/10
  3. daniel sagt:

    😳 um gottes willen !! die clean parts bewirken nacktes entsetzen bei mir !! echt hoch spannend wie unterschiedlich geschmack und warnehmung sein kann !! bei gleichen musik genre…hammer !! für mich ist stanne der mann mit den besten clean parts…🤷🏽‍♂️☝️aber latte !! jeder wie er mag…

    1. ClutchNixon sagt:

      Siehste und bei Stanne krieg ich Plaque 😄

      1. daniel sagt:

        …und so schliesst sich der kreis !! 🤣👏🏼🤷🏽‍♂️

    2. JBkhawis sagt:

      Hatte gestern beim ersten hören genau das gleiche Problem wie Daniel. Die Cleanvocals haben für mich irgendwie dei Atmosphäre gekillt. Aber ich glaube nach den überwältigenden Wertungen hier geb ich der Platte nochmal ne Chance

  4. TheIncorporeal sagt:

    Danke für das super Feedback, Alex! Einmal bitte den Albumtitel zu „Incorporeal“ ändern 😉

    1. Alexander Santel sagt:

      Danke fürs Aufmerksam machen, ist berichtigt.