Sun After Dark - Tatkraft

Review

Der Begriff einer Supergroup dürfte mittlerweile bei all den zahllosen Projekten in der Szene, in denen Musiker verschiedener Stallungen übereinkommen und Musik kreieren, komplett seinen Reiz und/oder sein Stigma verloren haben. In dieser Hinsicht ist es irgendwie nachvollziehbar, dass SUN AFTER DARK noch nicht die große Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben scheinen. Dabei wird diese Band von LUNAR AURORA-Gründungsmitglied Benjamin König angeführt, während sich Thomas Helm (EMPYRIUM), der aufgrund des Personals seines Projektes GRÁB in die Kritik geratene ex-DARK FORTRESS-Sänger Matthias Jell und Martin Falkenstein (MOSAIC) die gesangliche Klinke in die Hand geben.

Mit „Tatkraft“ geben sich (ex-)LUNAR AURORA-, EMPYRIUM- und DARK FORTRESS-Mitglieder ein Stelldichein

Wenn man sich deren Debüt „Tatkraft“ zu Ohren führt, bemerkt man die EMPYRIUM-Einflüsse, die durch den götterhaften Bariton im Wechselspiel mit einigen garstigen Shrieks in den Sound hinein finden, sofort. Diese geradezu transzendentale Gesangsdarbietung ist nun mal ziemlich einzigartig und dass SUN AFTER DARK vornehmlich im schleppenden Midtempo agieren mit Fokus auf große Emotionen macht diesen Umstand nur umso deutlicher. Aber der Teufel steckt wie so oft im Detail und statt Folk-Magie steckt in „Tatkraft“ ein vergleichsweise moderner Ansatz, der mehr auf die Unterstützung flächiger, pulsierender oder perlender Keyboards zählt mit einigen vereinzelt eingestreuten Violine-Injektionen durch Katrin Rohde.

Die Gitarren, die König beisteuert, haben natürlich eine Tendenz zur Schwärze, wie nicht anders zu erwarten. Aber sie präsentieren sich auch oft genug voluminös pumpend und bratend, was der Musik eine recht zeitgemäße Schwere verleiht. Die Produktion von Victor Bullok leistet ganze Arbeit darin, das Endergebnis in Hinblick auf maximale Transparenz auszubalancieren, sodass die Gitarren zwar ihren fleischigen Charakter bewahren, das Gebilde aber nicht überlagern. Dadurch klingt „Tatkraft“ jederzeit warm, organisch und klar. Kleinste Details wie noch so subtile Sequencer-Beats und Synth-Linien kommen so wunderbar zur Geltung und tragen dazu bei, dass sich „Tatkraft“ von seinen primären Einflüssen angemessen abhebt, ohne diese gänzlich zu verleugnen.

SUN AFTER DARK besticht durch seine intensive Stimmung

Das ändert natürlich nichts daran, dass die Musik mit ihrer andersweltlichen Mystik dennoch zielstrebig unter die Haut der Hörerschaft zu krabbeln vermag. Kaum ein Element im Sound wirkt irgendwie unmotiviert oder anderweitig fehlplatziert. Die Musik wirkt sorgfältig ausgearbeitet und scheint sich vollkommen natürlich zu ergeben. Das Riffing wirkt täuschend simpel, ist aber vielschichtiger ausgefallen als es auf den ersten Hör den Anschein hat. König variiert wie erwähnt zwischen angeschwärzten und zünftigeren Klangfarben traumwandlerisch hin und her, während kleinere Schwünge wie das Doom-artige Bending in „Ohne Grab“ oder der Zusatz an Dur-Harmonien in „Leaving Metropolis“ immer wieder Akzente setzen.

Von vorn bis hinten bieten SUN AFTER DARK eine intensive, stimmungsvolle Erfahrung zum Niederknien, die mittendrin jedoch durch das Kuriosum „Schlittenfahrt“ unterbrochen wird. Der Track wirkt mit seinen opulenten Orchestral-Arrangements, dem im positiven Sinne etwas albern wirkenden Gesang und dem peppigen Rhythmus wie ein avantgardistischer Einschub, fast ein bisschen humorvoll aber nicht ohne sinistre Untertöne. Damit wird dieser Track genau an der richtigen Stelle platziert, um die Stimmung von „Tatkraft“ etwas aufzulockern und die Hörerschaft auf eine unterhaltsame „Schlittenfahrt“ mitzunehmen, ehe sich die Platte hiernach wieder in ihre eindringliche, mitreißende Grüblerei vertieft.

Ein klassischer Fall eines Kopfhörer-Albums

„Tatkraft“ ist – so klischeehaft es klingen mag – ein Album, in dem man sich schlicht verlieren kann. Sämtliche Elemente, die den Sound von SUN AFTER DARK ausmachen, sind so wunderbar aufeinander abgestimmt worden, dass das Endergebnis runter geht wie Öl. Der Härtegrad wird immer mal wieder leicht variiert, doch im Mittelpunkt steht die intensive, mystische Stimmung, die durch Details wie pulsierende Synth-Layer, Percussion und nicht zuletzt der herausragenden Produktion verstärkt wird. „Tatkraft“ ist außerdem ein klassischer Fall von einem Kopfhörer-Album, für das man sich am besten gemütlich hinsetzt und die Musik auf sich wirken lässt. Dafür ist dieser Sound wie geschaffen und wird garantiert süchtig machen.

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07.06.2025

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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