Týr - Battle Ballads

Review

Soundcheck April 2024# 16 Galerie mit 18 Bildern: Týr - Hörnerfest 2022

TÝR sind die etwas andere Pagan-/Viking-Metal-Band. Unter Verzicht auf Maskerade, explizite Sauf- und Partylyrik fokussieren sich die Färinger lieber auf die Festigung ihres unverkennbaren Sounds: Technisch ausgefeilte Songstrukturen, gepaart mit traditioneller Epik und einer tiefen Verbundenheit zu ihrer Heimat und deren Geschichte(n).

Nach dem außergewöhnlichen Zwischenspiel „A Night At The Nordic House“, das bestehendes Material live und mit Orchesterbegleitung präsentiere, ist es jetzt Zeit für neue Sagas – oder wie der Name ihres neunten Studiowerks verrät: Balladen.

… Denn TÝR wissen genau, was sie tun

Dem musiktheoretischen Begriff einer Ballade entsprechen die „Battle Ballads“ allerdings weniger, denn im Schnitt ziehen die zehn Tracks, angeführt vom Opener „Hammered“, energisch in die Liederschlacht. Ein Schelm, wer beim Eröffnungstitel Böses denkt. TÝR mögen fröhliche (und durstige) Gesellen sein, aber es geht selbstverständlich um geschmiedetes Metall, wie ein Soundsample gleich zu Beginn klarstellt. Man munkelt zudem, dass der Song nach ihrem zweiten Gitarristen Hans Hammer, der damit seinen musikalisch-kreativen Einstand gab, benannt sein soll.

Die besondere Art der Melodieführung, die agile Fingerakrobatik der Saitenfraktion, das galoppierende Drumming und vor allem die markante Stimme und Akzentuierung von Sänger Heri Joensen lassen keine Zweifel, wessen schöpferischem Geist das Gehörte entsprang. Gleiches gilt für den Rest der Scheibe.

Obligatorisch sind auch die mehrstimmigen Gesänge, die wesentlich zum TÝR-Sound beitragen. Zwar sind A-cappella-Parts à la „Sinklars Vísa“ auf „Battle Ballads“ rar gesät, chorartige Vocals bietet dagegen fast jedes Stück. Den Mix aus englischen und färöischen Texten hat das Quartett beibehalten, wobei die in ihrer Muttersprache gesungenen Lieder nach wie vor einen Tick mehr Charme besitzen.

„Battle Ballads“ – so vielschichtig wie die Stories, die sie erzählen

TÝR spielen gekonnt mit wechselnder Dynamik und trotz gleichbleibender Trademarks variieren die Songs in Aufbau und Wirkung. Leichtfüßige Uptempo-Powertracks wie „Dragons Never Die“ und „Hangman“ holen mit „Ooh-ooh-ooh“-Passagen alle Mitsinger ins Langboot. Dazu gesellen sich schmissige Gassenhauer wie „Unwandered Ways“ und „Vælkomnir Føroyingar“.

Und zumindest ein Stück geht als waschechte Musikballade durch: Das berührende „Torkils Døtur“, nach einer färöischen Volksweise, war in einer verkürzten Fassung schon auf der Live-Scheibe zu hören. Die überarbeitete Albumversion bewegt mit einer höchst melancholischen Melodie. Beginnend mit leisen Akustiktönen und dem ungewöhnlich tiefen Gesang von Joensen steigert sich der Song allmählich in ein episches Gänsehautfinale mit treibender Doublebass-Unterstützung hinein.

Ein flinkes „Axes“ erinnert zunächst an die schwertschwingenden Kollegen von ENSIFERUM, entwickelt sich aber in seinem Verlauf zu einer klassischen TÝR-„Kampfballade“ und das Albumfinale bestreiten die Färinger (zumindest teilweise) auf Latein. „Causa Latronum Normannorum“ nähert sich mit gemäßigterem Tempo und seinem hymnischen Charakter früheren Werken der Band an. Das Mitsingen bedarf ein wenig Übung, dafür bleibt der Chorus auf ewig hängen.

Authentischer Nordic Metal ohne billige Effekte

Im Vergleich zu seinen Vorgängern birgt „Battle Ballads“ eine gewisse Leichtigkeit, beinahe Fröhlichkeit. Ein gehöriger Schuss mehr Eingängigkeit macht das aktuelle Opus auch für weniger TÝR-erprobte Ohren zugänglicher. Die vier Nordmänner halten unüberhörbar an ihren Markenzeichen fest, haben aber beim Zusammenspiel mit dem Orchester offenbar Blut geleckt. Denn die vermehrte Zugabe sinfonischer Klangschichten ist deutlich hörbar. Die Extraportion Epik fügt dem Soundscape der Band eine weitere Facette hinzu, glättet aber auch ein Stück weit die charmanten Ecken und Kanten, die TÝR ebenso ausmachen.

Ungeachtet dessen ist „Battle Ballads“ in der Gesamtbetrachtung eine authentische, wunderbar-kurzweilige Liedersammlung – fernab von Klamauk und Effekthascherei – und hat definitiv so einige geeignete Kandidaten für kommende Live-Aktivitäten in petto.

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14.04.2024

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