Mit ihrem neuen Album „Heiss“ haben ÜBERGAS dem Verfasser dieser Zeilen eine kleine Wohltat erwiesen. Denn unsereins hat nach einem gewissen anderen Album die Hoffnung für den Deutschrock bereits gänzlich aufgegeben. Umso schöner ist, dass ÜBERGAS einfach dermaßen auf den Putz hauen, wie man das von Deutschrock-Bands sonst gar nicht mehr gewohnt ist. Das liegt vielleicht daran, dass die Band auf „Heiss“ mindestens genauso viel Metal wie Rock spielt und auch sonst richtig Zunder gibt. Auch fehlt der schleimige Deutschrock-Pathos gänzlich auf „Heiss“. Ebenso ist jegliche Verwandtschaft zum Schlager abwesend, welche die zeitgenössische, deutschsprachige Musik sonst gerne mal plagt. Aber alles der Reihe nach.
Wahrhaftig: ÜBERGAS sind „heiss“!
Wie bereits erwähnt bewegen sich ÜBERGAS auf „Heiss“ konstant auf der Schwelle zwischen Metal und Rock. Auch eine gewisse Affinität zum Hardcore macht sich bemerkbar. Das wundert angesichts der Geschichte der Band wirklich wenig. Denn neben der Zusammenarbeit mit Stephan „Gudze“ Hinz (H-BLOCKX) stand zwischenzeitlich auch Manni Schmidt (ex-GRAVE DIGGER, ex-RAGE) an der Gitarre. Auch Toursupports für PRO-PAIN und BIOHAZARD sowie Auftritte mit Bands wie GRANTIG weisen auf die Beschaffenheit der Musik hin. Entsprechend pendelt „Heiss“ konstant zwischen härterem Deutschrock und flotterem Heavy Metal, was durch die fette Produktion komplementiert wird. Die Songs krachen mit ordentlich Schmackes und im Offroad-Modus aus den Boxen heraus. Der breitbeinige Sound unterstreicht den Elan, der hinter den Songs von „Heiss“ steckt.
Und die strotzen vor Energie, Aggressivität und sind reich an Abwechslung. Zwar kocht das Trio nur mit Deutschrock-typischem Wasser, doch haben ÜBERGAS erkannt: Man kann damit mehr anstellen als nur Nudeln windelweich kochen. „Am Tropf der Industrie“ legt schon mal ordentlich los und eignet sich dank seiner nicht zu übertriebenen Offensivität hervorragend als Dosenöffner. Vor allem sind es die Melodien der (Lead-)Gitarre, die den Song so großartig machen – was sich auf weitern Tracks fortsetzen sollte. Das führt zu grandiosen Leads wie in „Dickes Wasser und dünnes Blut“, die letzteres amtlich kochen lassen.
Überhaupt geben sich die Herren musikalisch nicht die Blöße und werten selbst vermeintlich simple Rocker mit effektivem Riffing auf. „Auf die Fresse fertig los“ bügelt mit seinem Bratpfannen-Refrain über den Hörer drüber, bietet abseits dessen aber ein paar richtig starke Melodien. Es sind wie gesagt keine Hexenwerke, die die Band hier entfesselt, aber sie sind einfach richtig stark ausgearbeitet. Man spürt die Leidenschaft der Band einfach an allen Ecken und Enden. Selbst kleine Details wie die subtilen Synthesizer in „Auf die Fresse fertig los“ werten die Songs ungemein auf. Das sanftere „Nicht weil es so ist“ lässt indes die härteren Momente der neueren HOSEN durchscheinen. Vor allem im Refrain gibt Krispin Kirchhoff seine beeindruckende Campino-Impression zum besten.
Deutschrock, für den man sich nicht schämen muss
Was die meisten Deutschrock-Alben neben bescheidenen, technischen Aspekten oft unerträglich macht, sind die Texte. Und zugegeben werden ÜBERGAS wohl kaum den Literatur-Nobelpreis erhalten. Aber warum auch, „Heiss“ ist durch und durch unprätentiös und auf dem Boden der Tatsachen geblieben. Die Texte sind allesamt gut in die Songs integriert, etwas, was im Deutschrock keine Selbstverständlichkeit ist. Sonderlich tiefgründig sind sie natürlich nicht. Es ist eben die typische, sozialkritische Themenauswahl: Rebellion unter anderem gegen Oberflächlichkeit, Social-Media-Overkill, Panikmache und falsche Betroffenheit, Deutschrock-typisch in der Du-, Wir- oder Ihr-Perspektive geschrieben. Dazwischen finden sich aber auch positivere Themen, wie in „C’est la vie“, dessen Phrasierungen mitunter unfreiwillig komisch anmuten („Ich lieeeeebe das Leeeebn“).
Aber bei einer Band mit so einem Namen will man einfach nur Gas geben und den Ellenbogen des Pit-Nachbarn schmecken. Und genau das liefern sowohl die Lyrics als auch Krispin Kirchhoffs durch und durch kompetente Darbietung derselben. Der Mann hat seine raue Stimme vollkommen unter Kontrolle, was zu großartigen Hooks führt. Der Titeltrack, „Weil ich will und weil ich Bock hab“ sowie „Panikfrei“ machen dank seiner passionierten Darbietung einfach nur Spaß.
„Heiss“ ist sicher nicht die große, musikalische Offenbarung. Doch das Album beweist äußerst eindrucksvoll, dass der Deutschrock noch nicht tot ist. Nein, er kann sogar richtig gut sein, wenn er will. Man muss natürlich in der Lage sein, seine Vorurteile gegen den Deutschrock mal ad acta legen zu können. Was bei „Heiss“ wirklich nicht schwer fallen sollte. Denn wenn er dermaßen viel Eier hat und derart unprätentiös rüberkommt, dann kann man sich auch mal ’ne Ladung ÜBERGAS geben. Also Kopf aus, Feierabendbier her und ab geht sie, die Luzi!
Wurde durch das Review neugierig und habe mehrere Songs auf Youtube angecheckt. Das ist mit Abstand der größte Rotz an deutschsprachiger Musik, den ich seit langem gehört habe. Die Mucke kommt nicht aus dem Quark und dümpelt lahmarschig vor sich hin, schreckliche Untermalung von Keys & textlich so dermaßen panne, dass man sich fremdschämen muss.
Alles andere als eine Offenbarung.
Ich möchte an dieser Stelle nur kurz einhaken und füge hinzu, dass mir zum Zeitpunkt der Review leider kein offizieller Track vom neuen Album zum Einbinden zur Verfügung gestanden hat. Bei den Songs, die auf Youtube zu sehen sind, handelt es sich um ältere Aufnahmen.
bin gespann auf das neue album, die rezession ist interessant geschriebent, gele band geile attitude, obergeile alte songs, rock vom feinsten. ich muss gar nichts!!!!!!!!!!!!!!