Der Weg Einer Freiheit
Russland-Tourblog

Special

 

 

Teil 4

8:00 – Ich wache auf, merke, dass es keinen Sinn hat, und schlafe für weitere 2,5 Stunden wieder ein. 10:30 – Ich wache während der Einfahrt auf eine Tankstelle endgültig auf und realisiere, dass ich über acht Stunden durch“geschlafen“ habe. Aufgrund dessen, dass wir am Vorabend so derbe abgefüllt wurden, war der Schlaf auf dem zwölfstündigen Overnight-Travel von Arzamas nach Tolyatti eher als „Knock-out“ zu bezeichnen. Und das bei jedem von beiden Bands, außer bei unserem Fahrer Juri, der einfach mal voll die Kante ist. Leider kann ich mich, weil ich den Großteil von meinem Russisch, das ich als Kind sprach, vergessen habe, nur wenig mit ihm Unterhalten. Flying-V-Bässe und einen VW Bus mit über 700.000 Kilometern (runtergeschraubt) auf der Uhr zu besitzen, ist schon mehr als megageil! Dazu spielt er noch in ’ner Band, die sich Anhört wie DEATH, und zählt anscheinend zu den angesehenen Bassisten in Russland. lml

Weiter im Geschehen am gestrigen Sonntag. Wir kamen gegen Mittag in einer Wohngegend mit Plattenbauten soweit das Auge reicht an. Man muss hier anfügen, dass die Plattenbauten ähnlich wie in Deutschland aussehen, nur einfach doppelt so hoch und ca. 25 mal mehr abgefuckt. Aber alles, was hier abgefuckt ist, füllt den Topf mit Sympathie nur noch mehr. Ich fühle mich seit letztem Donnerstag wie in einem geilen Trash-Film gefangen.

Unser Hostel befand sich tatsächlich in einem der Plattenbauten – im 15. Stock! Um auch kurz den Begriff Hostel für Russland zu definieren: lediglich eine normale Drei-Zimmer-Wohnung mit Stockbetten wo es nur geht, sowie QR-Codes zu deren Facebookseiten. Die Aussicht war traumhaft, da sich in 100 Metern Luftlinie direkt ein riesiges, zugefrorenes Becken der Wolga, umrandet von Bergen, befand. Nach einer kurzen WLAN-Party und einer Dusche ging es dann los in die Location.

Der Weg Einer Freiheit

Die Location, der Hard Rock Pub, in dem vor kurzem auch Napalm Death waren, war ein riesiger Raum mit schlechter Beleuchtung und ca. 25 Bildschirmen, auf denen ein mindestens zehn Jahre altes Metallica Live-Video in Dauerschleife lief (Hetfield sah ungesund und fett aus, aber Trujillo war schon dabei). Die Hälfte des Raumes war mit Sitzecken sowie Tischen und Stühlen gefüllt, sodass wir von Anfang an erwarteten, dass die Leute auf jeden Fall beim Konzert sitzen werden, da das Rockcafé auch ein Full-Service-Restaurant war. Die Wände waren mit Bildern von Bands wie den Beatles, Queen, Stones, etc. tapeziert. Der Sound-Techniker mit gebrochenem Englisch war ein wirklich kompetenter junger Mann.

Vom Soundcheck bis zu unserer Show ging die Zeit an mir auf sehr merkwürdige Weise vorbei. Wir waren wieder in einem der verstörenden Supermärkte und auf einem Wochenmarkt, wo wir glaube ich als sehr exotisch betrachtet wurden, da die Mehrzahl der Bevölkerung in Trainingsanzügen rumläuft. Danach saßen wir bei Bier und Pizza in einer der Sitzecken bis wir an der Reihe waren.

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Die Show:
An einer langen Sitzrunde fand ein Geburtstag von offensichtlichen Nicht-Metal-Hörern während einer Black-Metal-Show statt. Ab und zu standen ein paar Leute von der Runde auf und sahen sich unseren Gig von der ersten Reihe aus an. Ein paar Leute headbangten, ein paar tanzten. Es gab sehr viel Beifall und der bunte Haufen Publikum sah mal wieder sehr sehr interessant aus. Von Jogginghose, High-Heels, Abendgarderobe bis Springerstiefel war alles dabei. Auch während unserer Show liefen weiterhin Musikvideos. Vor allem Metallica. Wir haben uns sehr wohl gefühlt und mussten während der Show mal wieder sehr viel lachen, da einfach alles außerhalb der Vorstellung liegt, die man bei uns zu Hause von einer Metal Show hat.

Nach der Show:
Ich hatte ständig einen sehr witzigen Kerl mit Freunden an der Backe, der mir Guitar-Pro-Songs von seinem Handy vorgespielt hat und mich nach einer Bewertung von 1 bis 10 gefragt hat. Des Weiteren wird man nach 20 Sekunden Konversation sehr schnell nach seiner Meinung über Putin gefragt. Die Leute wollen auch Fotos mit unserem Equipment machen und einem ständig irgendetwas schenken. Feuerzeuge, Papier, Bier, alles.

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Eigentlich wollten wir schnell abhauen, aber der oben genannte Frauengeburtstag hat uns quasi gezwungen, Kuchen zu essen und eine gute Menge Cognac zu trinken. Die Leute verstanden kein Wort Englisch oder Deutsch. Es hat ihnen so viel gegeben, dass wir Deutsche waren … warum auch immer … mit meinen Bruchstücken Russisch konnte ich uns dann nach zahlreichen Geburtstagsfotos am Drumset recht freundlich aus der Situation herauskomplimentieren. Beim Einladen hat uns ein cooler Typ mit einer extremen „Fuck The System“-Attitüde von der Vorband geholfen. Nach einer Fünf-Minuten-Fahrt zum Hostel konnten wir nach der Übernachtfahrt und dem Suff vom Vortag endlich wieder die Beine hochlegen.

Tschüss.

Sascha (Gitarre)

Galerie mit 28 Bildern: Der Weg Einer Freiheit - Distortion Tour 2023 in Hamburg

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16.04.2014

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3 Kommentare zu Der Weg Einer Freiheit - Russland-Tourblog

  1. Kazanian sagt:

    Schöner Tourbericht bisher! Sehr interessant ist der Hunger der Fans nach der Musik. Hier ist man ja leider zu häufig allzu satt und kann nur noch schwer die Leidenschaft empfinden, die einen irgendwann mal zu dieser Musik gebracht hat – bin gespannt was es noch zu erzählen gibt.

  2. johannes sagt:

    Was für eine Tour!! Wann kommt der Film zur Tour in die Kinos??
    Aber im Ernst: Super Bericht zu einem super spannenden Projekt. Wir brauchen mehr Pioniere wie euch, die mit ihrer schwarzen Kunst Basisarbeit leisten. Und der Wodka als Lohn sei euch gegönnt!
    Haut rein, weiter so!

  3. Mathias sagt:

    Danke für den super-interessanten und kurzweiligen Tourbericht. Ich musste schon ab und zu schmunzeln.