Emergency Gate
Listening Session zu "The Nemesis Construct"

Special

Ein Jahr ist ins Land gezogen seitdem sich EMERGENCY GATE Anfang 2009 mit „Rewake“ in neuer Besetzung und mit neuem Sound zurück meldeten. Nur ein Jahr später präsentiert die Münchner Band bereits das nächste Album „The Nemesis Construct“, das ab 30. April 2010 in den Plattenläden stehen wird. Einstauben wird es dort sicher nicht, denn EMERGENCY GATE haben 13 hervorragende Songs ausgewählt, mit denen sie zeigen, dass Stillstand ein Fremdwort für sie ist. Dabei konzentriert sich die Entwicklung diesmal auf die Musik, personelle Veränderung gibt es nur hinter dem Drumset, das inzwischen von Dominik Scholz (ex ZOO ARMY) malträtiert wird. Musikalisch geht es auf „The Nemesis Construct“ deutlich elektronischer zu als auf dem Vorgänger, die Keys sind weitaus präsenter und als wesentliches Element der Musik zu bezeichnen. Daniel Schmidle hat hier enorm gute Arbeit geleistet, genauso wie Matthias Kupka und Udo Simon, die federführend beim Songwriting waren. Ende Februar 2010 stellten Udo Simon, Mario Lochert und Vlad Doose „The Nemesis Construct“ in den Münchner Dreamscape Studios der gespannten Musikpresse vor. Nach dem üblichen Vorgeplänkel ging es endlich in die Regie, die ca. 45 Minuten später nicht nur die Redakteure sondern auch Vlad und Udo mit einem breiten Grinsen wieder verließen. Da Mario erst ein paar Tage vorher die Arbeiten am Master abgeschlossen hatte, hörten auch Vlad und Udo das Endprodukt monatelanger Arbeit an diesem Abend zum ersten Mal.

Emergency Gate

Nahmen sich EMERGENCY GATE auf „Rewake“ noch die Zeit, den Hörer zu fragen, ob er bereit ist, halten sie sich diesmal nicht mit solchen Höflichkeiten auf. „Alternative Dead End“ geht sofort in die Vollen, „The Nemesis Construct“ hat offenkundig nicht die Absicht Gefangene zu machen.

Und da die sieben nichts zu verlieren haben, paaren sie bei „Nothing To Loose“ nicht nur Metal mit Techno sondern setzen dem Ganzen mit poppigen Vocals noch die Krone auf. Schon nach den ersten beiden Songs sind zwei Dinge klar: EMERGENCY GATE wagen sich mit „The Nemesis Construct“ auf neues Terrain, überschreiten Grenzen und fordern sich und den Hörer heraus. Und Matthias Kupka, den ich schon nach der Listening Session zu „Rewake“ in hohen Tönen lobte, hat sich besonders bei den cleanen Vocals meines Erachtens noch weiter verbessert.

„Dark Side Of The Sun“ wartet mit einem Gastsänger auf. Eigentlich gar nicht nötig, denke ich mir zunächst, es gibt doch nichts, was Matthias nicht kann. Mit Tom Englund von EVERGREY konnten EMERGENCY GATE jedoch eine hervorragende zweite Stimme gewinnen, die „der Schwarzwälder Kirschtorte den Schlagober drauf gibt, wie die Österreicher sagen“ (Vlad). Zustande kam diese Zusammenarbeit da Mario EVERGREY als Mischer auf Tour begleitete, Tom „Rewake“ vorspielte und fragte, ob er auf dem nächsten Album einen Song mitsingen wolle. Zur Zeit der Aufnahmen hatte Tom eigentlich keine Zeit, lies sich jedoch den Guide Track zuschicken und die Info was er singen solle. Das Ergebnis kam dann kurz vor Ende der Aufnahmen und bringt Mario noch immer zum Schwärmen.

„Story Of A Psychopath“ wühlt auf, beunruhigt und bewegt sich von der ersten bis zur letzten Sekunde an der Grenze zum Wahnsinn. Matthias hat den Psychopathen in der Stimme, was Mario und Vlad darauf zurückführen, dass Matthias während den Aufnahmen vollkommen abgeschottet war. Nach 16 Stunden Isolation und intensiver Arbeit an den Songs, klopft der Wahnsinn schon mal ans Oberstübchen.

„An End Of The Age Of Man“ stammt ursprünglich aus der Feder Vlads, wurde dann jedoch komplett umgeworfen und ist ein für die Band typisches Gemeinschaftswerk. Wie so oft liegen verschiedene Gesangslinien übereinander und mit einem rein elektronischen Einschub enthält auch dieser Song eine Überraschung.

„Point Zero“ brennt mir besonders die Textzeile „I will never regret I will never forget!“ ins Hirn und fällt durch den eingängigen Chorus und das den Song beendende Gitarrensolo auf. Eine ungewöhnliche Positionierung für ein Solo, das somit aber besonders gut zur Geltung kommt.

„Excite!“ wirkt durch seinen Mitsingchorus fast schon aufmunternd und entspricht damit Vlads Aussage: „So wie das Leben ist, so sind auch unsere Songs. Es ist nicht nur happy oder 100% schlecht, sondern eine ziemlich gesunde Abwechslung, es gibt kein 0 8 15“.

Der glücklichste Tag im Leben, ist rückblickend für viele sicher eher der Tag, an dem das Ende seinen Anfang hatte. Mit „As My Bride Cries Blood“ bringen EMERGENCY GATE dieses Dilemma auf den Punkt: Während wir den Hochzeitsmarsch von einem Projektor abgespielt hören, weint sich eine Frau die Augen aus, eine Shotgun wird geladen und mit dem Schuss setzt der Song ein.

„This Time“ hat gefühlte 2 Millionen Stilwechsel. Auffällig ist dabei der Keyboardbeginn, ein ruhiger, melodischer Gesangspart im Mittelfeld und die insgesamt starke Gitarrenarbeit. Die Textzeile „Get ready for the final destruction.“ kann man schon einmal zum Mitsingen auswendig lernen.

„The Green Mile“ beginnt mit einem Schmerzensschrei und vermittelt entsprechend der Thematik pure Melancholie, eine Stimmung, die im abschließenden Keyboardpart ihren Höhepunkt findet.

„Diary Of Nightmares“ ist eine Abrechnung Matthias‘ mit all den Dummschwätzern und bringt damit „The Nemesis Construct“ auf den Punkt. Denn im Grunde genommen ist das gesamte Album laut Mario ein Rachefeldzug gegen alles und jeden, der der Band jemals einen Stein in den Weg gelegt hat. Vlad gibt dem noch eine weitere Dimension, denn „trotz alledem, wenn du deine alltäglichen Rachefeldzüge gegen dein Leben hast, gegen die Stories die dir passieren, gegen die Menschen denen du begegnest, der allergrößte Feind, der dir je gegenüberstehen wird, bist du allein“.

„In Vain“ gibt noch einmal ordentlich Gas, damit auch der Letzte ausgepowert wird. Denn laut Mario sollte man einen Genickbruch erleiden, wenn man das Album gehört hat. Der Song ist aber nicht nur schnell, sondern transportiert auch Emotionen und bietet, wie die anderen zwölf Songs, viel Abwechslung.

Am Ende steht die alles bewegende Frage, was wir tun können, wenn die Welt zu Grunde geht. Mit einem ordentlichen Schuss Pathos klingt „World Escape“ aus und schließt den Kreis, der mit „Alternative Dead End“ begann.

Was jetzt geschieht treibt mir fast die Tränen in die Augen: Mario nimmt die CD aus der Anlage und zerbricht sie! Diese Kopie war einzig für die Listening Session angefertigt und nun gibt es nur noch zwei, die sicher verstaut sind. Als Fazit bleibt zu sagen, dass EMERGENCY GATE einen riesigen Sprung nach vorne gemacht haben. Diese Weiterentwicklung soll auch im Artwork, das Raf W. für die Band entwarf, gezeigt werden. Auf der einen Seite Nemesis, in der griechischen Mythologie die Göttin des gerechten Zorns, auf der anderen Seite die Moderne oder eher Zukunft, verbildlicht durch Mechanik. Was Vlad zu Folge dargestellt wird, ist die allergrößte Furcht, die in den Menschen schlummert. „Ich glaub wovor die meisten Angst haben ist, dass die Technik, die Umgebung und Welt sich weiterentwickeln, wir aber nicht. Die Gegebenheiten bleiben immer gleich. Hass vor 2000 Jahren wird wie Hass in 2000 Jahren sein. Auch wenn sich die Auswirkungen verändern, der Kern, die Emotion wird gleich bleiben.“ Mein Gefühl sagt mir, dass EMERGENCY GATE mit „The Nemesis Construct“ ein hervorragendes Album geschaffen haben, das sicher kein Ladenhüter wird.

Galerie mit 28 Bildern: Emergency Gate - Rockharz Open Air 2013
19.03.2010

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