
Nightingale
Fourth Chapter – Der vierte Teil der Re-Release Serie
Special

Cover Artwork von NIGHTINGALE – „White Darkness“
Nightingale – “White Darkness” (Re-issue)
Nachdem NIGHTINGALE zum 10jährigen Jubiläum 2005 die limitierte Zusammenfassung „Nightfall Overture“ veröffentlichten, folgte 2007 über Black Mark Production das Album „White Darkness“. Die schlichte Optik des Covers überraschte zunächst.
Schlichte Optik
Das von Eric Ohlsson (u. a. WITHERSCAPE) entworfene Cover von „White Darkness“ ganz in Weiß enthält die chinesischen Schriftzeichen 永不放弃. Optisch bricht das Cover mit allem, was NIGHTINGALE bisher visuell boten. Die Schriftzeichen sollen übersetzt „gib niemals auf“ bedeuten. Vielleicht eine Botschaft von Dan Swanö (Gesang, Keyboard, Gitarre) an sich selbst, dem es zu dieser Zeit nicht mehr so leichtfällt, neue Songs zu schreiben. Das führt zu einer Besonderheit bei NIGHTINGALE. Dans älterer Bruder Dag (Keyboard, Gitarre, Background-Gesang) schreibt den Löwenanteil der Songs auf „White Darkness“.
Dag greift dabei teilweise auf Stücke zurück, die damals in ihrer Grundform teilweise schon über 20 Jahre alt waren, wie beispielsweise das für das Album neu arrangierte „The Fields Of Life“. Zum Songwriting trägt Dan bei zwei Stücken bei, Schlagzeuger Tom Björn bei einem. Der überwiegende Anteil der Songtexte wiederrum stammt von Dan, Bassist Erik Oskarsson beteiligt sich an drei Texten. Ein Zeugnis, wie sehr NIGHTINGALE seit „Alive Again“ (2003) zu einer richtigen Band zusammengewachsen sind und sich die Arbeit teilen. Und sich dabei auch beständig weiterentwickeln.
NIGHTINGALE – beständige Weiterentwicklung
NIGHTINGALE, ursprünglich als Dans Soloprojekt gegründet, haben sich im Lauf der Jahre musikalisch entwickelt. Vom ursprünglichen Gothic Rock, von dem auf „White Darkness“ nichts mehr übriggeblieben ist, hin zu einer dynamischen wie vielfältigen, stets melodiebetonten Melange aus Progressive Rock, Melodic Rock, Symphonic Rock und AOR. Der (Hard) Rock der Siebziger und Achtziger ist seit „The Closing Chronicles“ prägend. Im Mittelpunkt der charismatische, offene, harmonische wie emotionale Gesang von Dan sowie die großen, eingängigen Melodielinien, geschmackvoll getragen von ausgiebig eingesetzten Keyboards und Gitarren. Das im NIGHTINGALE-Klangkosmos eher traditioneller ausgerichtete „White Darkness“ wurzelt dabei etwas stärker in den Siebzigern.
Mehr Siebziger
Die klar strukturierten Stücke sind locker, entspannt, ultra-eingängig, verglichen zu den Vorgängern etwas sanfter, das Keyboard dominanter als bisher. Gerade auch die in Bann ziehenden hymnischen Ohrwurmrefrains in Kombination mit den catchy Melodien geben dem Album einen stärkeren Pop-Charakter als bisher. Die teils eher positiv gestimmten Keyboardharmonien stehen dabei etwas im Kontrast zu den eher melancholischen, teils depressiven Texten und dem atmosphärischen Gesang. Diese sehr reizvolle Mischung erinnert stellenweise an „Moontower“ oder natürlich RUSH.
Reizvolle Mischung
„The Fields Of Life“ schlägt die Brücke zurück zu „Invisible“. Ausgeprägte Keyboard-Melodien, warm tönende Gitarren, die harmonisch klare, makellose Stimme von Swanö, fantastisches Lead-Solo. „Trial And Error“ lebt von seinem Groove, klassischer Akustikgitarre, kraftvollem Gesang und den einprägsamen Hooks. Das düstere „One Way Ticket“ baut sich zunächst atmosphärisch dicht mit melodischer Akustikgitarre und ruhiger Stimme auf, der Refrain etwas heavier, das harmonische Solo erinnert etwas an „Alonely“. Ähnlich wie bei EDGE OF SANITY greift Dan hier mit seiner vielseitigen Stimme den Hell-Dunkel-Kontrast auf, während die süchtig machende Gitarrenmelodie frühe MIKE OLDFIELD aufgreift. „Reasons“ schließt sich bei Tempo und Atmosphäre an, wunderbare Melodien, die an die Gabriel-Ära von GENESIS erinnern, dazu irres Gitarrensolo mit magisch abgefahrenen Synthesizer-Sounds. „Wounded Soul“ ist kompakt rockig, während „Hideaway“ zunächst ruhig beginnt und sich zum progressivsten Song auf „White Darkness“ entwickelt. Packender Ohrwurm-Refrain, einschmeichelnde „Moontower“-Keyboards, kontrastierend tiefer Gesang. In der kristallklaren Akustik-Ballade „To My Inspiration“ schaffen NIGHTINGALE bewusst Freiräume, die emotionale Stimme fesselt.
Der ungewöhnlich strukturierte Titelsong ist progressiv aufgebaut mit dramaturgischer Steigerung, Gastmusiker Thomas Lasser steuert Synthesizer bei, dazu ein melancholisches Klarviermotiv und klangvolle Gitarren. Lasser veredelt auch „Belief“, hier mit seinem temperamentvollen Hammondorgel-Einsatz, dazu knackig schwere Gitarren, sattes Schlagzeugspiel und hymnischer Refrain. „Trust“ schließt mit ordentlichem Drive das ursprüngliche Album ab.
Die Unterschiede zum Original von „White Darkness“
Bereits das Originalalbum klang sehr ordentlich. Dan Swanö hat für das Remaster dem Klang mehr Wärme und Tiefe verliehen. Davor profitieren insbesondere die Akustikparts, die mit zu den am besten klingenden von NIGHTINGALE überhaupt gehören. Auf einen Remix musste verzichtet werden, da die Songs nicht vollständig wiederhergestellt werden konnten.
Für die CD-Version gibt es umfangreiche Bonustracks. Auf CD 1 finden sich fünf Stücke von „White Darkness“ als ungeschliffene Rough-Mixe aus 2006, die etwas mehr Proberaum-Feeling verströmen. CD 2 zeichnet die Entstehungsgeschichte der Musik nach und bietet die Ur-Versionen einiger Stücke. Den Anfang macht das sehnsuchtsvolle „Tills stormen är över“ aus dem Jahr 1983, Gesang auf Schwedisch, Gitarre und Percussion geben dem Stück Lagerfeuer-Atmosphäre. Das sperrige, weniger zugängliche „Spänningar“ von 1990 ist ebenfalls in ihrer Muttersprache vorgetragen. Es folgen noch vier weitere frühe Originalversionen, die allerdings nicht an das Niveau dessen, was dann daraus auf „White Darkness“ geworden ist, heranreichen. „Tills stormen är över“ gibt es auch noch in einer Variante aus 2004, die deutlich klangvoller produziert ist und gleichzeitig die warme Atmosphäre beibehält. Abgeschlossen wird die zweite CD mit einer 2025er Version des Titelsongs, gesungen von Dag als Lead-Sänger, fünf rohe Demo-Songs (darunter ein Stück, das es nicht aufs Album geschafft hat) sowie drei organisch klingende Live-Songs von 2009.
Herausragendes Werk
„White Darkness“ ist ein herausragendes Werk und nimmt auch in der durchgehend qualitativen Diskografie von NIGHTINGALE eine besondere Stellung ein. Die dominierende Rolle von Dag im Songwriting, die dunklen Inhalte hervorgetragen von Dan in eine seiner besten Gesangsleistungen, in Kontrast zu verführerisch hellen Keyboards, geben dem Album eine unverwechselbare Note. Und bei aller wunderbaren Eingängigkeit mit einprägsamen Melodien und in den Bann ziehenden Ohrwurmrefrains verfällt das atmosphärische Album nie in Kitsch. Sieben Jahre später veröffentlichen NIGHTINGALE ihr vorerst letztes Album „Retribution“.
9/10 Punkte
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| Band | |
|---|---|
| Stile | AOR, Gothic Metal, Gothic Rock, Hard Rock, Melodic Rock, Progressive Rock |
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Markus Endres
































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