Chris Caffery
Jon ist wohl einer der besten Freunde, die ich je hatte

Interview

Chris Caffery

Norman: Hey Chris! Freut mich dich endlich mal an der Strippe zu haben. Ich hoffe dir geht’s gut und dein Solo-Debüt macht richtig Wirbel da draußen.

Chris: Hi Norman! Erst mal schon jetzt vielen Dank für das Interview. Im Moment gibt es wirklich richtig viel zu tun, aber ich bin dafür sehr sehr zufrieden mit den Ergebnissen bis jetzt.

Norman: Du hast in deiner Karriere schon mit einigen großartigen Bands gearbeitet. Insbesondere mit Savatage, die auch für mich eine Ausnahmeband darstellt. Trotzdem hast du dich jetzt entschieden ein Solo-Album aufzunehmen. Wie kam es dazu?

Chris: Um ehrlich zu sein, war Savatage, was den zeitlichen Aspekt angeht, nicht wirklich fordernd und ausfüllen in den letzten Jahren. Eigentlich haben wir in sieben Jahren nur eine CD fertig bekommen. Es verging dazu noch eine Menge Zeit, in der wir nicht mal getourt haben. Ich hab eine ganze Menge Musik in mir und die musste irgendwann mal raus, deshalb war die Zeit reif, für ein Solo-Album.

Norman: Nachdem ich mich intensiv mit der Musik und vor allem mit den Texten von Faces beschäftigt habe, ist mir aufgefallen, dass die Scheibe sehr persönlich ist und für mich wie eine Art Vergangenheitsbewältigung wirkt. Kannst du diesen Eindruck bestätigen?

Chris: Ja durchaus, denn Faces ist schlicht eine CD über mich selbst. Über die persönlichen Schlachten, die ich in den letzten Jahren geschlagen habe, Einsamkeit, Frustration und Wut. Glaub mir, ich hab Unmengen an Zeit in dubiosen Bars verbracht. Irgendwann hab ich beschlossen meine Zeit einfach konstruktiver zu nutzen, statt sie sinnlos zu verschwenden.

Norman: Wie würdest du den Entstehungsprozess des Albums beschreiben?

Chris: So komisch es sich anhören mag, aber ich habe viel Zeit bei meiner Mutter verbracht. Sie hat ein großes Grundstück und lebt alleine. Ich hab ihr dort vor allem bei den Gartenarbeiten geholfen und sie beim täglichen Geschäft unterstützt. Ich habe mir dort schon vor einiger Zeit ein kleines Studio eingerichtet. Ich fühle mich dort einfach wohl. Ich arbeite an Ideen, die ich später mit nach New York nehme und in ein professionelleres Gewand packe. Ich würde sagen, dass annähernd 70 Prozent des Albums auf diese Art und Weise entstanden ist. Die restlichen 30 Prozent entstehen dann entweder bei mir zu Hause oder auf Tour.

Norman: Die zweite CD God Damn War, hat einen etwas anders gelagerten Schwerpunkt. Was hat dich dazu bewogen ein ziemlich delikates politisches Thema aufzugreifen?

Chris: Ich bin schon ziemlich interessiert an den politischen Geschehnissen und als ich die Musik für Faces geschrieben habe, entstand nebenbei auch Musik, die sich mit dem aktuellen Zeitgeschehen befasst. Ich bin mir auch durchaus der Brisanz dieses Themas bewusst, was auch der Grund war, wieso ich die persönlichen Erfahrungen und das Kriegsthema getrennt habe voneinander. Diese beiden Sachen passen in meinen Aussagen einfach nicht zueinander. Vielleicht veröffentliche ich noch die ganze Scheibe, die dann 16 Songs beinhalten wird.

Norman: Wenn wir schon dabei sind und du dich mit den aktuellen Geschehnissen befasst, schildere mir doch bitte die Erlebnisse, die du als New Yorker nach dem 11. September hattest. Ist God Damn War vielleicht auch Stück weit ein musikalischer Weg die Erlebnisse zu verarbeiten?

Chris: Hmmm…gute Frage. 9-11 war und ist eine sehr sehr schwierige Zeit für Amerika, insbesondere für New York. Klar muss man nach vorne schauen aber vergessen kann man nie. Du glaubst nicht, wie gerne ich es gesehen hätte, wenn sie Osama geschnappt hätten und der Krieg nie dieses Ausmaß hätte annehmen müssen. Aber nicht, dass der Schein aufkommt, Saddam wäre ein Unschuldslamm. Ich für meinen Teil hätte mir allerdings gewünscht, dass Clinton ihn schon in den Neunzigern unschädlich gemacht hätte. Er ist ein Mörder, der Massenvernichtungswaffen entwickelt hat. Also hätte er weiter an der Macht bleiben sollen? Nein, sicher nicht! Sollen wir weiterhin Menschen in diesem Krieg opfern, Milliarden ausgeben und das Ansehen der USA in der Welt weiter verschlechtern? Ich denke nicht! Einige Kriege waren vielleicht notwendig, wenn man das so sagen kann, dieser ist es auf keinen Fall!

Norman: Was denkst du über die Regierung in den USA, wie sie mit dieser Kriegssituation umgeht?

Chris: Nun…jetzt sollten sie besser darauf bedacht sein, die Dinge in den Griff zu bekommen, die sie angefangen haben. Es ist zu spät, sich den Geschehnissen zu entziehen. Man kann jetzt nicht einfach aus dem Irak abziehen. Die ganze Situation ist einfach nur verwirrend. Es gibt so viele unterschiedliche Meinungen und Blickwinkel.

Norman. Da kann ich dir nur zustimmen. Aber lass uns wieder zurück auf das Album kommen. Auf Faces bist du zum ersten Mal als Leadsänger zu hören. Überraschenderweise klingst du ein wenig nach Jon Oliva. Ist das nur Zufall, oder hast du bewusst versucht, dich seiner Stimmlage anzupassen?

Chris: Es ist ziemlich schwierig sich mit einer derartigen Persönlichkeit wie Jon zu umgeben, ohne dabei von ihm inspiriert zu werden. Um es auf den Punkt zu bringen: Jon Oliva ist für mich der Prototyp eines Heavy-Metal Sängers. Ich habe eine recht vielschichtige Stimme, wobei der etwas rauere Part eher an ihn erinnert. Trotzdem kopiere ich ihn nicht. Er ist einfach ein großer Einfluss für mich – das ist alles.

Norman: Man merkt schon, dass du eine besondere Beziehung zu ihm hast. Was bedeutet Jon für dich?

Chris: Ja, da ist schon was dran. Jon ist wohl einer der besten Freunde, die ich je hatte. Ich bewundere ihn als Komponist, Sänger und vor allem als Menschen. Wir haben über Jahre zusammengewohnt. Er ist wie ein großer Bruder für mich.

Norman: Wenn du dein Leben in zwei Abschnitte unterteilen müsstest – in einen musikalischen Abschnitt und in einen persönlichen/privaten Abschnitt – wie bedingen sich beide Abschnitte gegenseitig?

Chris: Um ehrlich zu sein, habe ich nicht wirklich ein Privatleben. Ich bin Single und habe keine Kinder. Trotzdem ist mir meine Familie wichtig. Es gibt zwar auch Momente ohne Musik, aber mein Herz ist einfach das eines Musikers. Das wird sich auch niemals ändern. Ich werde immer Chris Caffery der Gitarrist, Sänger und Musiker sein.

Norman: Ich nehme mal an Savatage bildet einen großen Teil in deinem Leben. Im Moment arbeitet allerdings ein wichtiger Teil von Savatage an neuen Projekten. John hat kürzlich eine Scheibe herausgebracht und auch du hast mit dem Debüt sehr gute Arbeit abgeliefert. Es schaut ja fast so aus, als ob Savatage gerade etwas auf Eis liegt. Was ist der Grund dafür und wann können wir mit neuem Material rechnen?

Chris: Ob du es glaubst oder nicht, aber ich weiß es selbst nicht so genau. Die einzelnen Mitglieder haben sich einfach etwas von der Band wegentwickelt. Mann hat einfach ein wenig Abstand zu der Band gebraucht. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich Savatage liebe und sofort bereit bin, wenn wir wieder spielen. Ich habe mich jetzt einfach dazu entschlossen, meine Freizeit zu nutzen und ein Album aufzunehmen.

Norman: Es gab ein paar Gerüchte, dass Zak eventuell wieder bei Savatage zu hören sein könnte. Ist da was dran?

Chris: Ja es ist nicht gänzlich ausgeschlossen. Die nächste Scheibe wird nämlich eine Jubiläums CD sein.

Norman: Kannst du schon ein paar Details verraten, was die Fans eventuell zu erwarten haben?

Chris: Es ist noch nicht wirklich sicher, welche Titel auf dem Album zu hören sein werden. Aber es wird großartig werden. Das kann ich euch schon mal verraten.

Norman: Dann sind wir mal gespannt! Ein wenig zu deinen Live-Aktivitäten. Ich hab dich dieses Jahr in Wacken zusammen mit Doro gesehen. Beschreib mir mal ein wenig deine Eindrücke dieses Festivals?

Chris: Ich liebe das Festival. Wacken ist einfach großartig. Ich habe jetzt schon vier Mal dort gespielt. Ich denke es ist das Vorzeigefestival in Europa. Das Festival wurde gerade 15 Jahre alt und ist auf dem besten Weg sich neben legendären Festivals wie dem Dynamo und Castle Donnington zu behaupten.

Norman: Der Auftritt mit Doro war eines der Highlights des Festivals. Wie bist du mit Doro in Kontakt gekommen und wie ist die Idee geboren worden, das Festival zusammenzuspielen?

Chris: Das rührt schon etwas länger her. Ich habe bereits auf ihrer letzten CD Fight gespielt. Außerdem hat ihr Manager auch bei Savatage als Tour-Manager mitgewirkt. Sie ist eine beeindruckende Person und mit einer unglaublichen Stimme gesegnet. Sie hat mich dann irgendwann einfach gefragt, ob ich nicht Lust hätte mit ihr aufzutreten. Es war wirklich eine Ehre für mich!

Norman: Das hat man auch gemerkt als du auf der Bühne warst. Aber lass uns noch mal auf dich und deine Musik zu sprechen kommen. Wenn es eine Weiterführung Chris Caffery und Band geben sollte, wen würdest du dir als Mitwirkende wünschen?

Chris: Naja eigentlich würde ich gerne mit der Band so weiterarbeiten. Ich plane vielleicht den einen oder anderen Gastmusiker zu involvieren, aber prinzipiell möchte ich nichts ändern. Ich liebe die Band so, wie sie jetzt ist.

Norman: Du arbeitest nun mit Black Lotus Records zusammen, was im Vergleich ein recht kleines Label ist. Was war ausschlaggebend für deine Entscheidung dieses Label zu wählen?

Chris: Ich habe nach einem Label gesucht, die mich wirklich unterstützen wollen und alles in Bewegung setzen werden, um gewisse Dinge zu realisieren. Bei Black Lotus hab ich eine Position, von der ich bei einem Major Label nicht einmal träumen dürfte. Alles ist sehr persönlich und basiert auf Freundschaft. Ich bin stolz ein Künstler bei Black Lotus zu sein.

Norman: Da hast du ein pikantes Thema angesprochen. Wie denkst du über das Business?

Chris: Weißt du, es ist alles nur Business und Geld. Es gibt Höhen und Tiefen, aber es dreht sich eigentlich alles ums Geschäft. Ich würde mir wünschen, dass es mehr solche Menschen gäbe, wie bei Black Lotus. Sie glauben an die Musik und die Entwicklung von Musikern. Sonst gibt es einfach einen Haufen Menschen, die wohl Angst haben ihren Job zu verlieren und sich deshalb nur an Retortengeschichten hängen. So was kotzt mich an!

Norman: Welche Pläne hast du für die Zukunft und was haben wir noch von dir als Chris Caffery zu erwarten?

Chris: Ich werde jetzt erst einmal bis ins neue Jahr mit dem TSO auf Tour gehen. Dann wird es ein paar Wochen Auszeit geben, in denen die Band und ich proben werden, um 2005 erneut auf Tour zu gehen. Ich kann es wirklich kaum erwarten!

Norman: Chris das war es auch schon. Ich danke dir herzlich für das Interview.

Chris: Ich habe dir zu danken – and see you on tour!

22.11.2004

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