Cryptopsy
Interview mit Matt McGachy zu "Cryptopsy"

Interview

Cryptopsy

Diese Band hat sich schon einiges anhören müssen. Zu modern, zu langsam, klarer Gesang unerwünscht, hier Geheule, da Geheule, hier Gemotze, da Gemotze, und trotzdem haben sie sich nie beirren lassen und sind einfach ihren Weg gegangen. Stets auf allerhöchstem Niveau und absolut eigen haben sie ihre Alben, ihre Musik förmlich zelebriert, und doch spürt man auf ihrem aktuellen Longplayer so etwas wie eine Rückbesinnung, wenn auch nur eine kleine. Ist das etwa ein Nachgeben auf das Drängen der Kritiker? Ein Grund, diese und viele andere Fragen zur Band, zum aktuellen Sachstand und zum Alleingang ohne Label zu stellen. Sänger Matt McGachy stand mit seiner freundlichen Art Rede und Antwort.

Hi Matt. Zunächst möchte ich zu eurem vorzüglichen neuen Album gratulieren. Die erste Runde hat mich einfach nur völlig weggeblasen. Dann mit zunehmenden Durchläufen bin ich mehr und mehr in die Musik eingetaucht und habe begriffen, was ihr da überhaupt alles veranstaltet. Ich würde eure Musik so beschreiben, dass es einfach CRYPTOPSY ist, so wie ihr im Jahre 2012 klingt, hart, extrem, volle Kanne Blast-Alarm, dicke Fresse deluxe frei Haus. Was sagen denn die anderen Medienvertreter so? Habt ihr bereits die ersten Reaktionen erhalten? Beklagen sich die Leute immer noch so sehr wie zuletzt?

Vielen Dank! Soweit sind die meisten Reaktionen der Fans und Reviewer extrem positiv. Wir haben einige top bewertete Rezensionen erhalten, worauf wir wirklich stolz sind.

Da ist allerdings eine Sache, die ich mich frage: Ist „Cryptopsy“ auch so etwas wie eine Art Beschwichtigung für all die Fans, die eure letzten beiden Alben so sehr kritisiert haben, oder kümmert euch das nicht? Ich meine, das sind eure Fans… ist es wichtig für euch, was die Leute sagen und denken?

Ich denke nicht, dass wir sowas wie ein Wiedergutmachungsalbum machen mussten. Wir haben uns schlicht und einfach zusammengesetzt und ein Album geschrieben. Jon kam mit unendlich vielen Ideen zurück in die Band und wir waren alle davon so sehr beflügelt, dass wir einfach unser bestes Album schreiben wollten, zu dem wir imstande waren.

Ich würde übrigens nicht sagen, dass die Scheibe ein einfaches Back-To-The-Roots-Album ist. Ich denke, es ist mehr up to date denn je und zeigt die Band, wofür sie heute steht. Die alte brutale Macht ist wieder da, aber mit atemberaubender Technik und zeitgemäßem Drumherum. Würdest du mir zustimmen?

Ich stimme dir zu. Wer auf ein weiteres „None So Vile“ gewartet hat, wird enttäucht werden. Wir wollten ein Album schreiben, das die Entwicklung von CRYPTOPSY in vollem Umfang zeigt. Wir wollten auch mehr simple Riffs á la „Blasphemy Made Flesh“ zusammen mit der Verrücktheit von „Whisper Supremacy“.

Hat geklappt würde ich sagen. Wie denkst du denn mittlerweile über „The Unspoken King“? Ich finde übrigens, dass es ein großartiges und zugleich mutiges Album ist, allerdings denke ich auch, dass es kein reines CRYPTOPSY-Album ist. Ich sehe es einfach etwas kritisch, es als „echtes“ CRYPTOPSY-Album anzusehen. Meiner Meinung nach habt ihr euch da zu weit von euren Wurzeln entfernt.

Ich sehe „The Unspoken King“ als Experiment. Ich verstehe CRYPTOPSY und die Fans mittlerweile viel besser seitdem ich das Album aufnahm. Damals hätte ich nie den Arsch in der Hose gehabt, solch ein Album aufzunehmen, wie wir es jetzt getan haben. So sehr es mich damals geärgert hat, der Arsch im Jeden Death-Metal-Joke gewesen zu sein, so sehr tat mir die Kritik auch gut und hat mich angestachelt, nun das machen zu können, was wir nun mit der neuen Platte gemacht haben.

Vielleicht war „The Unspoken King“ auch zu modern für die Fans!?

Wenn wir „The Unspoken King“ unter einem anderen Namen veröffentlicht hätten, vielleicht als Sideproject, wäre es sicherlich deutlich besser angekommen.

Wie reflektierst du dein musikalisches Schaffen?

Ich reflektiere meine Musik, indem ich Abstand dazu gewinne. Wenn ich mir das Zeug nach ein paar Monaten nochmal anhöre und es immer noch brilliant finde, dann bin ich absolut befriedigt mit meiner Arbeit.

Hast du denn ein Lieblingsalbum, oder ein Lieblingslied?

Mein Lieblingsalbum ist auf jeden Fall „Whisper Supremacy“. Verrückte Riffs, wahnwitziges Drumming, donnernder Slap Bass und extrem rhythmische Gesangslinien.
Meine Lieblingsstücke sind „Slit Your Guts“, „Graves Of The Fathers“, „Emaciate“ und „Amputated Enigma“.

Eine Sache, die ich nicht verstehe, ist, warum so viele Leute Lord Worm hinterherheulen. Sorry, aber meiner Meinung nach war er der schwächste Sänger der Band-Geschichte. Seine Stimme ist dünn und kraftlos. Er hat gar nicht wirklich Grunts gebracht, das war immer mehr ein tiefes Röcheln als echte Macht mit der Stimme rüberzubringen. DiSalvo zum Beispiel klang wie ein verdammter Yeti und du hast mit der neuen Scheibe auch bewiesen, dass du Worm locker in die Tasche steckst. Du bist mittlerweile mehr CRYPTOPSY als er es je war. Was denkst du, warum vermissen so viele Leute den Wurm?

Die Leute hassen Veränderungen, darum. Sie möchten, dass alles gleich bleibt und Worm war ein Teil des Grundes, warum sie damals auf CRYPTOPSY abgefahren sind. Er hat schräge Sachen auf der Bühne gemacht, surreale Vocals und Texte wie von einem anderen Planet. Was könnten die Leute mehr wollen?

Hast du mal seine neue Band RAGE NUCLÉAIRE gehört?

Habe ich und ich denke, es ist richtig guter, brutaler Black Industrial Metal. Ich wünsche ihm das Beste und hoffe, dass wir bald mal wieder gemeinsam die Bühne betreten.

Cryptopsy

OK, zurück zum Album. Eines der ersten Dinge, die ich mich gefragt habe, als ich hörte, dass ihr die Scheibe selbst veröffentlicht, war: Warum ohne Label?
Gab es kein Intersse seitens der Labels oder war es eure Absicht, alles alleine zu machen?

Wir haben den Schritt weg von unserem Label aus mehreren verschiedenen Gründen gewählt. Wir haben halt beschlossen, das Album unabhängig rauszubringen. Nun haben wir ein starkes Team von Leuten um uns herum, die ehrlich an CRYPTOPSY glauben und die für uns arbeiten. Wir fühlen uns dadurch deutlich mehr unterstützt als auf die übliche Art mit einem Label. Hinzu kommt, dass immer mehr große Labels bankrott gehen. Das gibt uns das Gefühl, die richtige Entscheidung getätigt zu haben.

Macht ihr denn nun echt alles komplett alleine? Vertrieb, Werbung, Konzerte, Finanzen und all das Zeugs?

Wir haben die Kontrolle und so mögen wir das. Wenn etwas nicht so gelaufen ist, wie wir das wollten, dann sind ausschließlich wir dafür verantwortlich und niemand anders. Wir arbeiten alle zusammen um die Maschinerie um CRYPTOPSY herum am Laufen zu halten. Allerdings haben wir auch Leute außerhalb der Band angeheuert, die den Vertrieb, das Booking, den Pressekam und so erledigen. Sie helfen uns dabei, wenn es außerhalb unseres direkten Einflussbereichs ist.

Es gibt übrigens wieder Besetzungswechsel zu vermelden. Mit Olivier Pinard habt ihr einen sehr talentierten neuen Bassisten in der Band. Ist er nun ein offizielles Mitglied oder hat er nur für euch das Album mit eingespielt?

Wir sind sehr stolz darauf, Olivier richtig an Bord zu haben. Er ist ein 100%iges Mitglied.

Ist er denn auch noch bei VENGEFUL?

Ich bin mir nicht sicher…

Hm… Eine große Überraschung ist, dass Jon Levasseur nach sechs Jahren zurück ist. Ich habe niemals gedacht, dass er zurückkommen wird.

Flo hat Jon angerufen und Jon kam wenige Monate nach diesem Gespräch zurück. Es fühlt sich sehr gut an, Jon wieder an Bord zu haben. Er hat ein tiefes Verständnis für die Musik von CRYPTOPSY, was sich beim Songwriting sehr bemerkbar gemacht hat. Die Zusammenarbeit zwischen Flo und Jon ist Phänomenal. Sie werfen sich gegenseitig Ideen und Parts zu, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Blindes Verständnis füreinander.

Chris Donaldson hat das Album übrigens richtig cool produziert. Ich habe beobachtet, dass er etliche Bands rund um Montreal produziert hat in letzter Zeit.

Dadurch, dass die Aufnahme und der Produktionsprozess intern ablief, war es so viel einfacher für uns und Chris ist außerdem ein fantastischer Produzent. Er hat schon mit vielen Bands hier in Montreal aufgenommen in den letzten zehn Jahren. Wenn du ein gutes Endprodukt haben willst, gehst du halt zu Chris, so ist das. Das ist auch das, was die guten Bands aus Montreal sagen. Hoffentlich werden ihn mehr internationale Bands anheuern, wenn sie unser neues Album gehört haben.

Hattet ihr dadurch keine Angst, dass ihr einfach nur denselben Sound erhaltet, wie ihn mittlerweile viele andere Bands auch haben?

Wir haben keine Angst davor, wie andere Bands zu klingen. Chris war sehr flexibel während des Mixens, sodass wir den Sound genauso hindrehen konnten, wie wir uns das vorgestellt haben.

Cryptopsy

Wer hat denn das Artwork fabriziert?

Die Idee des Designs kam von Flo.

Was war eure Eingebung dabei, den alten Schriftzug aber auch den Bandnamen in Reinschrift zu verwenden?

Wir wollten eine Art Wappen haben mit vielen alten graphischen Elementen früherer CRYPTOPSY-Alben. Du kannst zum Beispiel die Fledermaus sehen und natürlich beide Bandlogos, das alte Spinnennetz und das Digipak-Logo von „Once Was Not“.

Kommt ihr nach Deutschland in den nächsten Monaten?

Wir sind grad dabei unsere nächsten Tourdaten abzuklären. Wir planen, Europa im Frühjahr 2013 heimzusuchen.

Super, dann halten wir also die Augen offen, damit wir das Trümmerfest nicht verpassen. Vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, Matt. Hau rein!

Danke auch, Matt.

Galerie mit 11 Bildern: Cryptopsy - Hell Over Europe II - Tour 2018
14.09.2012

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