Finsterforst
Über Fußball, Vorbilder und die schwierige Suche nach einem Akkordeonspieler - Olli im Interview mit metal.de

Interview

Man kann sicherlich problemlos behaupten, dass FINSTERFORST mit ihrer aktuellen Veröffentlichung “#YØLØ“ polarisieren und die Gemüter in der Metalwelt spalten. Einerseits geht es sicherlich einigen so wie mir, dass sie schon lange nicht mehr so viel während des Hörens eines Metalalbums lachen mussten. Andererseits ist da natürlich auch die Frage „Meinen die Jungs das tatsächlich ernst?“ Das reichte für uns von metal.de auf jeden Fall aus, um sich die Jungs aus dem finsteren Forst anlässlich ihrer aktuellen Tour mal zu schnappen und dem Ganzen auf den Grund zu gehen. Dabei von Frontmann Olli Berlin als erstes zu erfahren, dass auch sie beim Einspielen von “#YØLØ“ so viel gelacht haben, wie bei keinem anderen Album, hat zumindest mich schon mal beruhigt und die Grundlage für eine durchaus amüsante Unterhaltung gelegt. Aber lest das am besten selbst! 🙂

Olli Berlin beim Livekonzert in der gleichnamigen Stadt 2016

Olli Berlin, Sänger von Finsterforst, auf dem Berlinkonzert am 30.09.2016

Olli Berlin im Interview mit metal.de

Im Vergleich zu Euren anderen Alben, ist “#YØLØ“ ja ein richtiger Ausreißer – kürzere Spieldauer, weniger ernste Titel und Texte – wie kommt‘s?

Es ist eben kein Album, sondern eigentlich eine EP. Auch wenn es von der Länge her für andere ein Album wäre, ist es eine EP. Weil es eben nicht das ist, was FINSTERFORST sonst machen.

Den Plan dazu hatten wir schon, seit wir “Rastlos“ 2012 aufgenommen haben: Einfach mal ne Platte machen, die Spaß macht – also, die wirklich nur Spaß macht. Und damit meine ich vor allem den inhaltlichen Teil, das Rumalbern. Denn Musik macht uns immer Spaß. Aber hinter der Bühne sind wir eben nicht sehr ernst.

Kurze Zwischenfrage: Unsere Review zu “#YØLØ“ hast Du gelesen?

Ja.

Dann hast Du ja bestimmt auch gelesen, dass die Kollegin empfohlen hat, vor dem Genuss Eures Albums, das Gehirn an der Garderobe abzugeben. Ist “#YØLØ“ tatsächlich eine reine Nonsens-Platte oder habt ihr doch einen tieferen Sinn darauf versteckt?

Auf jeden Fall gibt es in dem gleichnamigen Titelsong einen tieferen Sinn. Wem sich der nicht erschließt, der ist wahrscheinlich Teil des Problems.

Aber zur Review: Das ist nämlich tatsächlich witzig. Denn eigentlich beschreibt sie darin, dass wir genau auf die von uns geplante Art und Weise das erreicht haben, was wir mit “#YØLØ“ genauso erreichen wollten. Allerdings unterstellt uns dann das Fazit am Ende irgendwie, dass wir das gar nicht so gewollt hätten. Aber doch – genau das wollten wir!

Außerdem ist da natürlich auch die Ebene, dass ich nicht aufhören kann Spitzen reinzuhauen. Und in dem Zusammenhang ist “#YØLØ“ dann auch ein wenig Szenekritik. Aber ich denke, das kann man ganz gut zwischen den Zeilen rauslesen. Wir haben einfach nicht wahnsinnig viel Respekt vor dieser Party-Pagan-Szene. Aber da haben wir ja auch nie ein Geheimnis draus gemacht.

Wie seid ihr denn letztendlich auf den Titel gekommen?

Da muss ich ein wenig weiter ausholen. Wie schon erwähnt, wollten wir nach den “Rastlos“-Aufnahmen, einfach mal ne Sauf-EP machen. Nach dem Schreiben der Texte zu “Bottle Gods“ und “Hangover“, wurde es dann aber langweilig weiter übers Saufen zu texten. Beim Hören des Songs (der jetzt YØLØ heißt – Anm. des Autors) hatte ich dann den Gedankenblitz: “Scheiß die Wand an! Ich erfind‘ ne nordische Gottheit!“ In einem Anflug von Wahnsinn und/oder Genialität ist dabei halt die Idee entstanden, den Typen einfach YØLØ zu nennen.

Irgendwann waren dann alle Aufnahmen im Kasten und wir saßen zusammen und haben überlegt, welchen Titel das Ganze nun bekommen soll. Im Übrigen legen wir immer gemeinschaftlich und erst am Ende aller Aufnahmen den Titel eines FINSTERFORST-Albums fest. Wir sind nämlich der Meinung, dass es eh voll in die Hose geht, wenn man es andersrum macht.

Auf jeden Fall kam dann halt irgendwer mit dem “Hashtag YØLØ“ und dann war klar – der wird’s. Also ist es eigentlich einfach passiert und passt aber auch, wie Arsch auf Eimer.

Finsterforst Cover Artwork der EP #YØLØ

Finsterforst – #YØLØ – Cover Artwork

Es finden sich ja auch vier Cover-Nummern auf dem Album – haben FINSTERFORST da ihre persönlichen Vorbilder verewigt?

Also, da bin ich jetzt mal ganz furchtbar ehrlich: MILEY CIRUS ist tatsächlich passiert, weil wir einen relativ modernen Popsong dabeihaben wollten. Und zwar ganz ohne Hintergedanken, wie mehr YouTube-Klicks zu erzeugen oder so. Wir hatten wirklich richtig Bock, was Modernes zu verwursten.

MICHAEL JACKSON ist ein Kniefall vor dem absoluten Meister.

K.I.Z. ist einfach was, wo wir als Band total drauf abgehen. Das hören wir im Bus, wenn wir gemeinsam unterwegs sind und bepissen uns.

Und DIE KASSIERER sind ganz ernsthaft eine Band, die ganz, ganz viel Einfluss auf FINSTERFORST haben, ohne, dass man das jemals hören wird. Aber, sobald wir von der Bühne runter sind, sind DIE KASSIERER quasi genau das, was wir sind.

Also sind DIE KASSIERER eine Band, bei deren Konzerten man FINSTERFORST in der ersten Reihe finden kann?

Ja, sicher. Nicht nur einmal. Allerdings stehen wir lieber hinten. Ist doch auch viel witziger, alle anderen zu beobachten und so eine kleine eigene Party zu feiern. Außerdem: Muss ich denn Wölfis (Frontmann der KASSIERER – Anm. des Autors) Penis so Nahe sehen? Nicht unbedingt.

“Flasche leer“ und “Das schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“ – kommt bei Euch auch mal was Anderes ins Glas (als Bier)?

Also, ich hab ja jetzt grad hier so nen Astra Alsterwasser. Die können ja sonst echt brauen. Aber das schmeckt, als hätten sie es total mit Süßstoff versetzt. Da bin ich echt schockiert. Falls das jemand von Astra liest – gebt euch da gefälligst mehr Mühe!

Ansonsten trinken wir aber gerne auch mal ein bisschen Schnaps oder ein Mischgetränk. In der Hinsicht sind wir wirklich ganz offen. Ich glaube nur Jägermeister mag keiner von uns.

Wo wir gerade über Vorbilder und so sprechen. Welches Album hast Du Dir denn zuletzt selbst gekauft?

(längere Denkpause)

Also mal ganz abgesehen, von auf einem Konzert erlebt und mitgenommen …

(weitere längere Denkpause)

Ich mach‘s mal anders: Die letzte Platte, die mich total umgeklatscht hat, war das vierte Album von MAMMOTH MAMMOTH. Danach hab‘ ich mir auch gleich alle anderen Platten besorgt, die ich noch von ihnen bekommen konnte. Rock’n’Roll im 21. Jahrhundert sollte genau so klingen und nicht anders!

Wenn ich das richtig verstanden hab, stellst Du Dir die CD ins Regal, statt etwas runterzuladen?

Also, wenn ich etwas auf Vinyl bekomme, dann bevorzuge ich sogar die Vinyl-Variante. Mal abgesehen davon, fehlt bei Downloads doch die Hälfte?! Also Artwork gehört doch auf jeden Fall dazu. Das weiß ich ja von uns, wieviel Liebe man da reinsteckt. Wenn Du dann nicht mindestens die CD hast, ist das Ganze auch nicht komplett.

Kommen wir zurück zu “#YØLØ“. Mit dem Song “Auf Die Zwölf“ waren FINSTERFORST wohl die erste Pagan-, wenn nicht sogar Metalband überhaupt, die das Thema Fußball vertont hat. Wie seid ihr darauf gekommen? Was war der Auslöser?

Dazu muss man zunächst wissen, dass Simon, der unsere Sachen hauptsächlich schreibt, immer GuitarPro-Dateien an uns rumschickt. Ansonsten war das im Prinzip so ähnlich: Auch hier saß ich vor dem Song und mir wollten einfach keine Sauftexte mehr einfallen, die noch frisch gewesen wären. Als mein Blick dann auf die Bezeichnungen der einzelnen Snippets fiel, die normaler Weise niveauloser Scheiß sind, las ich aber so Sachen wie „1. Halbzeit“, „Anstoß“, „Konter“ usw. und bin – eigentlich aus Frust – auf die Idee gekommen, einen Fußballsong zu schreiben. Eine halbe Stunde später war ich fertig und habe den dann spaßeshalber an alle anderen verschickt. Die fanden den aber tatsächlich ganz geil und meinten „Mach mal!“

Im dazugehörigen Musikvideo taucht mit “Robse“ (Sänger von EQUILIBRIUM) ja auch ein bekannter “Partyfuchs“ auf. Nun seid ihr außerdem zusammen auf Tour – das zeugt ja schon von einem freundschaftlichen Verhältnis?

Absolut! Wir beide sind auf jeden Fall richtig dicke. Also auch jetzt auf Tour, haben wir richtig viel Spaß daran, uns jeden Tag so lange gegenseitig zu beleidigen, bis einer heulend ins Bett geht 🙂

Scherz beiseite. Robse ist wirklich ein super Kumpel und hatte Bock, bei dem Video mitzumachen. Und da unser Schlagzeuger ja aus Berlin kommt, hat er ihn zum Videodreh einfach in Frankfurt/Oder eingepackt und mitgebracht.

Wer im Video etwas genauer hinschaut, entdeckt einzig ein paar SC Freiburg-Shirts – kann man Euch da auch regelmäßig im Stadion finden?

Also die von uns, die in Freiburg leben auf jeden Fall. Ich komm ja nun mal aus Berlin und hab Hertha quasi schon mit der Muttermilch bekommen. Also habe ich die anderen Jungs dann auch ein wenig gequält, als Hertha zum Auftakt gegen den SC gewonnen hat.

Ende letzten Jahres hattet ihr den Verlust von Hannes zu verschmerzen. Steht ihr noch im Kontakt und wie sieht es mit Ersatz aus?

Erstmal zum Ersatz: Das ist gar nicht so einfach, da er so Akkordeon spielen müsste wie Hannes. Und so etwas gibt es nur ganz, ganz selten. Dazu müsste er dann aber auch noch singen können und performen. Wenn er dann auch noch in der Nähe wohnt – so aus Kostengründen – dann kann er sich gerne mal bei uns melden. Bis dahin werden wir auf jeden Fall erst Mal so weitermachen.

Mit Hannes stehen wir natürlich noch in Kontakt. Schließlich sind wir ja bester Dinge auseinandergegangen, weil er uns sehr früh darüber informiert hat, dass der Moment kommen kann, an dem er keinen Bock mehr hat. Als es dann so weit war, hat er auch das sehr früh, also über ein halbes Jahr vorher bekannt gegeben. Und das war echt super. So ist die Freundschaft zwischen uns allen noch voll intakt und es gibt keinerlei „rumgebitche“, wie sonst nach so nem Split.

Im kommenden Jahr jährt sich Euer Bühnen-Debut zum 10. Mal. Gibt es aus diesem Grund schon besondere Planungen?

Wir sind gerade dabei, die Allianz-Arena in München zu mieten – für den ersten Gig der Stadiontour. Das Berliner Olympiastadion steht schon fest. Momentan überlegen wir noch, ob dazu noch Dortmund oder auf Schalke kommt 🙂

Nee. Also aktuell ist nichts geplant. Wer feiert denn sowas auch? Wir freuen uns da viel eher, dass wir schon so lange dabei sind und immer noch die Freundschaft über dem Geschäft steht. Wobei das ja auf mich auch erst seit 2010 zutrifft. Sicherlich werden wir das irgendwie feiern. Allerdings eher mit zwei Flaschen Schnaps und nem Kasten Bier. Also unter uns, maximal vielleicht in ner kleinen Location.

Wie dem “Kiez 57“ (Location des Videodrehs von “Auf die Zwölf“)?

Gut möglich. Schließlich eine wunderschöne Kneipe in der einzigen Stadt (Freiburg), deren Innenstadt mich an den Berliner Kiez erinnert.

Wir werden auf jeden Fall alle Augen und Ohren offen, und Euch auf dem Laufenden halten!

Galerie mit 25 Bildern: Finsterforst - Fimbul Festival 2020
13.10.2016

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