Gurd
Interview mit V.O. Pulver

Interview

Gurd

Anlässlich der Veröffentlichung des nunmehr zehnten Studioalbums und des Jubiläums „Zwanzig Jahre gurD“ haben wir die Gelegenheit ergriffen und Bandkopf V.O. Pulver befragt.

Grüße in die Schweiz! Mit “Fake“ habt ihr euer mittlerweile zehntes Studioalbum abgeliefert und  darüber hinaus 2014 euer zwanzigstes Bandjubiläum begangen, wie geht es euch damit?

Super! Wir sind sehr zufrieden mit unserem Jubiläumsalbum und das Jubi-Jahr wurde mit ein paar geilen Shows gebührend gefeiert. Allen voran natürlich die sensationelle „20 Years Of Addiction“- Show im heimischen Z7. Das war ein Mordsspaß und wir haben nach unserem regulären Set zusammen mit einigen alten Mitgliedern noch zwei Old-School-Sets abgeliefert! Ich war schlussendlich fast drei Stunden auf der Bühne zugang… da merkt man dann doch schon das Alter… hehehe…

Zudem markiert der neue Silberling eine Rückkehr zum Anfangssound respektive mit Blick auf den Track “Hunter Of Dreams“ auch zum traditionellerem Thrash, wie ist es dazu gekommen?

Es war angedacht, dass unser zehntes Album auch im Hinblick auf die 20-jährige Karriere von gurD ein kleiner Querschnitt durch die Diskographie werden sollte. Kann man zwar nicht so hundertprozentig vorher festlegen, da die Kreativität so ihre eigenen Wege geht, aber es ist uns meiner Meinung nach gut gelungen. Songs wie „Bong, Bong“ oder „Wiped From The Earth“ könnten auch auf unseren ersten Platten drauf sein. Aber mit „White Death“ oder „Strike Em Down“ hat es auch Thrash-Granaten, welche wir wohl eher in unserer jüngeren Vergangenheit verbrochen haben. Und mit „Go For It“ haben wir auch wieder die Tradition aufleben lassen, dass jemand anderes als ich mal die Leadvocals übernimmt. Den hat nämlich Pat eingesungen!

Hast du den Song “Hagridden“ von vorne herein als Live-Smasher konzipiert? Nicht zuletzt dank der pointierten Gangshouts dürfte der ja live bestens abgehen…

Eigentlich nicht, das hat sich so ergeben… ich wollte einen schleppenden, Groove-Brecher machen mit einem Mittelteil mit nur Bass und Drums. Das Hauptriff ist natürlich schwer von Judas Priests „Touch Of Evil‘ inspiriert, aber das Rad kann man ja nicht neu erfinden…
Der Song kommt live tatsächlich ausserordentlich gut an, machen wir doch im Mittelpart immer ein Mitsing-Spielchen bei dem das Publikum auch mal seine Stimmgewalt beweisen kann.

Wie seid ihr auf den herrlich kurzen Albumtitel gekommen? Hass auf Politik und die dahinter stehende Finanzoligarchie?

Ja, allerdings ist der Titel nicht nur auf die Politik zu beziehen, sondern auf unsere heutige Zeit allgemein. Auch in den Medien und im Showbiz ist doch alles nur noch ein riesig grosser Fake… das wissen wir ja nicht erst seit Milli Vanilli… Man könnte das natürlich auch grad auf uns ummünzen, wir sind ja für gewisse Leute auch nur noch ein Fake, da ich das einzige übriggebliebene Gründungsmitglied bin… Fakt ist, wir werden heutzutage immer mehr richtiggehend verarscht und manchmal kommt einem alles nur noch wie ein grosser Schwindel vor…

In diesem Zusammenhang müssen wir uns mal über das Cover unterhalten; das reicht ja von ekelhaft-abstoßend bis unanständig. Wer zeichnet dafür verantwortlich? Was gibt es über das dahintersteckende Konzept zu berichten?

Das meiner Meinung nach wirklich gelungene Cover stammt vom Ungarischen Künstler Gyula Havancsák (www.hjules.com), ein guter Kumpel von Schmier, der auch schon einige Cover für Destruction, Headhunter, Annihilator und zuletzt auch Panzer gemacht hat. Da ich absolut keine gescheite Idee zum Titel hatte, fragte ich Schmier, ob der gute Gyula eventuell auch für uns was machen könne und hab ihm dann einfach mal den Titel, die Lyrics und den Song zukommen lassen. Ich gab ihm freie Hand und das Cover war sein erster Vorschlag. Hat uns gleich umgehauen! Im Text geht es ja um die Gestalten im Hintergrund der Weltpolitik, welche die Fäden ziehen und eiskalt über Leichen gehen, um Ihre geldgierigen Interessen durchzusetzen…

Während andere Bands, die auf  ähnliche lange Dienstzeiten zurückblicken können, anfangen zu experimentieren oder auch einfach weicher werden, seid ihr weiterhin energiegeladen und habt alles andere als zahmes Material zu bieten. Was hält das Energielevel bei euch so hoch?

Keine Ahnung? Wahrscheinlich die Liebe zur harten Mucke… Wieso sollten wir nun plötzlich einen auf allzu melodiös und kommerziell machen? Wir spielen die Musik, die uns persönlich auch am besten gefällt und haben mächtig Spass dabei; Schuster bleib bei deinen Leisten, heisst es doch so schön… hehehe…

In eurer Bandgeschichte habt ihr ja schon über das ein oder andere Label veröffentlicht. Wie seid ihr  zu Czar Of Bullets gekommen und erwartet ihr, hier angemessene Kontinuität zu finden?

Ja, unser Labelverschleiss ist wohl mittlerweile legendär… Das Album kam in der Schweiz über mein eigenes Label LC Records raus, wir wollten es unbedingt noch im Jubiläumsjahr 2014 veröffentlichen. Für den Rest der Welt hatte ich keine vernünftige Option und um mühsam Vertriebe zu suchen hatte ich keine Zeit. Da trat mein alter Kumpel Fredy Rotter von Zatokrev auf den Plan, der ja mit Czar of Bullets auch sein eigenes Label am Start hat. Er fragte mich, ob er die Platte ausserhalb der Schweiz machen könnte. Da er ein super Typ ist und gute Vertriebe am Start hat, war die Sache schnell entschieden! Er macht bisher einen sensationellen Job – auch was die Promo angeht. Wenn das alles so reibungslos weitergeht, kann ich mir schon vorstellen, weiterhin mit ihm zu arbeiten! Time will tell…

Wieso habt ihr zumindest im restlichen Europa eigentlich nicht ganz den Status, den ihr meiner Meinung nach verdient? Jemand, der starke Alben im Gepäck hat und schon so lange unterwegs ist, sollte etwa in Deutschland doch einen Ticken bekannter sein…

Frag mich was Einfacheres… Erfolg lässt sich nicht erzwingen, wir hatten eigentlich immer gute Platten am Start und sind auch sehr viel getourt in den letzten zwanzig Jahren, aber irgendwie sind wir den Geheimtipp-Status nie losgeworden… Aber das ist ja eh alles relativ; um wirklich von der Musik leben zu können, muss man ja enorm viel verkaufen und permanent auf Tour sein. (Aber als Headliner, sonst legt man ja wieder drauf…). Es gibt so viele geile Bands, die auch nicht mit der Mucke über die Runden kommen, zumal wenn man dann auch noch älter wird und eine Familie zu ernähren hat der ganze Musikbusiness-Traum sehr schnell platzt…
Seien wir ehrlich: Die Musik, welche wir machen ist, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, übersät mit Bands, welche niemals von ihrer Musik leben können…

Mit Poltergeist hast du bereits vor einiger Zeit deine alte Thrash-Band wiederbelebt. Wie bekommst du GURD jetzt damit unter einen Hut? Zudem hast du mit deiner Ehefrau am Mikro noch die Southern-Band Pulver am Start…

Ja, Poltergeist gibt es seit einem Jahr wieder. Dort lassen wir es gemächlich angehen. Wir spielen einfach die Sachen, welche für uns Sinn machen. Aber in jedem kleinen Loch für ’n‘ Appel und ’n‘ Ei zu spielen ist nicht geplant. Die ganze Reunion machen wir nur, weil wir momentan Spass an der Sache haben. Wir werden sehen, wohin das noch führt. Für mich jedenfalls ist es schön, mal nur Gitarre zu spielen, aber das mache ich bei Pulver ja auch schon… Dort ist aber mehr das totale Desinteresse seitens der Veranstalter der Grund für mangelnde Livepräsenz…

Kommt neues Material von Poltergeist?

Wir haben vor, dieses Jahr an neuem Material zu arbeiten. Momentan haben wir ein paar rohe Songideen, aber noch nichts mit Gesang fertig soweit. Wir werden erstmal sehen, wie das neue Zeugs so kommt und dann entscheiden, ob es lohnt, ein Album zu machen. Ich denke aber schon, dass das geil wird!

Wie sieht es in dem Zusammenhang mit der Auslastung deines Studios Little Creek aus?

Hier ist eigentlich meistens gut was los. Klar, es gibt immer wieder Phasen, wo nicht so viel läuft. Zur Zeit konzentriert sich viel auf reine Mix- und Mastering-Jobs, aber ich kann mich im Grossen und Ganzen nicht beklagen. In der heutigen Zeit grenzt das ja schon fast an ein Wunder…

Bitte beschreibe uns mal die Metal-Szene in der Schweiz. Mit Contorsion, 23rd Grade Of Evil, welche ja eine nette Pulver-Produktion verpasst bekommen oder Shadow’s Far seid ihr Eidgenossen ja bestens aufgestellt. Welche Band gleichen Schlages kannst du der metal.de-Leserschaft wärmstens empfehlen?

Hmm, da wäre zum Beispiel Expenzer, welche aus den aufgelösten Pigskin entstanden sind. Ich habe gerade ihr Debutalbum gemischt. Geiler Thrash mit einer netten Death/Progressiv-Schlagseite, erinnert mich stellenweise an einen Bastard aus Exodus und Nasty Savage! Auch Suborned sind eine Hoffnungsvolle junge Thrash-Band und mit The Percent haben wir auch eine neue geile Metal/Harcdore-Truppe am Start, mit ihnen haben wir grad letztens die Bühne geteilt. Es gibt in der Schweiz wahrlich viele gute Bands, erstaunlich eigentlich für so ein kleines Land.

Wie siehst du den aktuellen Trend im Thrash, der wieder stark in Richtung Old School geht und dabei auch den Nuclear-Assault-Vibe nicht außen vorlässt?

Ich habe da nicht so Scheuklappen auf und dieses ganze krampfhaft auf Oldschool-Getue geht mir ein wenig auf den Zeiger… klar, früher war vieles geil, aber jetzt die alten Zeiten so extrem hochzustilisieren finde ich schon ein wenig lächerlich. Es gab auch früher neben den guten Bands schon viel Schrott und miese Labels oder Konzertlocations. Auch die meisten Produktionen aus der Zeit lassen zu wünschen übrig. Ich finde, jede Epoche hat ihr Gutes und musikalisch ist es schade, wenn man immer nur rückwärtsgerichtet drauf ist. Ich kann vielen Genres was abgewinnen und wenn ich dadurch für gewisse Szene-Polizisten nicht mehr true bin, dann ist das halt so… Finde das auch immer ein wenig lustig, wenn mich irgendwelche Jungspunde darüber aufklären wollen, was true ist und was nicht…

Wie bewertest du das Jahr 2014 in gesamt-metallischer Hinsicht?

Keine Ahnung, ich hab’s nicht so mit Rückblicken… Für mich war auf jeden Fall neben unserem Jubiläum ein Highlight endlich Black Sabbath mit Ozzy gesehen zu haben, das Konzert hat mich echt berührt! Allgemein denke ich, dass Metal so angesagt ist wie schon lange nicht mehr.

Wann werden wir GURD in Deutschland das nächste mal sehen und hören können? Welche Termine stehen für 2015 an?

Wir arbeiten momentan dran, wiedermal eine Tour mit unseren Kumpels von Pro-Pain durchzuziehen. Allerdings müssen sie wohl erst ein neues Album am Start haben, da sie zur letzten Platte schon vier mal unterwegs waren… Ich denke aber, das ist machbar! Ansonsten hoffen wir auf dem ein oder anderen Festival aufspielen zu können, we’ll see.

Ist schon das nächste Studioalbum angepeilt? Wie werdet ihr euch in der kommenden Zeit anhören?
Solche Songs wie eben “Hunter Of Dreams“ könntet ihr meinetwegen noch öfter auf die Hörerschaft loslassen!

Danke! Das ist auch mein Lieblingssong auf der Platte. Aber ich denke nicht, dass dies ein grosser Publikums-Favorit werden wird, dafür ist er wohl zu sperrig… bei so vielen Alben ist das aber auch egal, man kann ja eh nicht alle Songs von einer neuen Platte live bringen, die alten Scheiben wollen ja auch berücksichtigt werden. Wie denn genau ein neues gurD-Album klingen wird, werden wir sehen. Es ist ja auch immer eine Momentaufnahme und wie es in einem Jahr bei uns ausseht, steht ja noch in den Sternen! Erstmal das neue Poltergeist-Album in Angriff nehmen…

Vielen Dank, dass du dir Zeit fürs Interview genommen hast. Zuletzt wie immer die Gelegenheit, sich direkt an die Leser zu wenden:…

Erstmal vielen Dank an all die Leute, die uns die letzten zwanzig Jahre unterstützt haben! Ich hoffe doch, dass wir auch unser 25-jähriges noch zusammen feiern können! Checkt unser neues Album und viel Spass auf der Zeitreise durch 20 YEARS OF ADDICTION…

Galerie mit 25 Bildern: Gurd - Neckbreakersball 2011
17.01.2015

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