Pure Reason Revolution
"Manchmal war meine Kreativität flach wie ein Pancake"

Interview

Du sagtest, dass sich die Texte um Beziehungen drehen. Mir ist aufgefallen, dass es in den Lyrics häufig um Konflikte geht. Ich meine nicht zwei Menschen, die sich verbal streiten, sondern eher konfligierende Ideen und Gedanken. Linguistisch gesehen arbeitest du mit Antithesen, Antonymen und Paradoxa. Ist die Musik manchmal absichtlich so geschrieben, dass sie das reflektiert?

Mein Schreiben beschäftigt sich häufig von allein mit Beziehungen: Wie können wir in einem Moment so zärtlich miteinander umgehen und uns wenige Augenblicke später schon halb zerfetzen? Das Erhabene und das Gemeine, das hoffentlich in Optimismus und Hoffnung endet. Bindung, Verlust der Bindung, wieder zueinander finden… wir kämpfen, wir lieben. Ich bin sehr froh darüber, Musik als Kanal für diese Empfindungen zu haben. Hätte ich das nicht, würde ich wahrscheinlich implodieren.

Ich muss den Song oft nach dem Schreiben analysieren, um zu erarbeiten, worum es gehen soll, denn bis dahin ist es nur ein Strom der Kreativität. Natürlich ist Zorn oder Frust der Hintergrund für die härteren Passagen bzw. Anmut und Schönheit Inspiration für die ruhigeren Passagen. Bitte aber interpretiert Musik und Texte so, wie ihr es für richtig haltet. Es hätte keinen Sinn, wenn ich das vorgebe.

Achtet ihr eigentlich bei der Aufteilung der Gesangspassagen zwischen Chloë und dir auf den Inhalt? Übernehmt ihr da manchmal sozusagen “Rollen”, die ihr darstellt, oder wird der Gesang nur aufgrund musikalischer Kriterien arrangiert?

Grundsätzlich nicht, jedenfalls nicht absichtlich. Der Gesang wird arrangiert, wie er am besten zur Musik klingt. Andererseits fand ich auf “Eupnea” gut, wie Chloë die ersten Zeilen von “Maelstrom” singt – als würde eine Mutter ihrem Kind vorsingen. Also passiert vielleicht unbewusst schon, was du vermutetest.

Wenn ihr dann nun on the road gehen werdet, habt ihr im Prinzip zwei neue Alben im Gepäck, die es live zu präsentieren gilt, statt nur einer Platte, wie es traditionell in prä-pandemischen Zeiten üblich war. Wie schwer ist es jetzt, eine Setlist zu kreieren, die den Ansprüchen an beide Platten plus euer älteres Material gerecht wird?

Ja, mit zwei Platten zu touren, ist wirklich ein wenig seltsam. Wir versuchen einfach eine sinnvolle Mischung aus alt und neu zu erreichen, damit alles in Balance bleibt. Glücklicherweise sind unsere Lieblinge auch die Favoriten der Fans, was es etwas einfacher macht.

Zwischen 2011 und 2019 lagt ihr insgesamt acht Jahre auf Eis. Wenn du nun euren zweiten Karriereabschnitt mit dem ersten Lauf vergleichen müsstest – wie würde dein Fazit aussehen?

Wir hatten PURE REASON REVOLUTION wirklich beendet, es gab keinen Plan, wieder zusammenzukommen. Ich hatte das nicht richtig bedacht, wir waren eigentlich noch in der Findungsphase damals. Ich hatte irgendwie den Gedanken, uns vom Sound auf “The Dark Third” wegzubewegen und so vielleicht neue Hörerschichten zu erreichen.

Hat leider nicht geklappt. Stattdessen haben wir Fans verschreckt und in die Flucht gejagt, während wir alle möglichen neuen Stilrichtungen erkundet haben. Nun sind wir irgendwie im Progressive-Rock-Bereich und fühlen uns sehr wohl damit. Wir versuchen weiterhin, die Möglichkeiten des ohnehin weiten Genres auszureizen, mögen diesen Bereich aber grundsätzlich. Trotzdem denke ich, dass wir noch weitere Hörerschichten erschließen können. MUSE-Fans haben uns noch nicht auf dem Schirm, Fans von RADIOHEAD möglicherweise ebenso noch nicht. Denen können wir aber vielleicht etwas bieten.

Gewiss. Hoffentlich ergibt sich dahingehend eine lukrative Tour für euch. Die berühmten letzten Worte gehören dir.

Danke für dieses interessante Interview und hört euch mal PURE REASON REVOLUTION an, wenn ihr uns noch nicht kennt. Wir klingen wie MUSE, die FLEETWOOD MAC boxen. Oder PINK FLOYD die die SMASHING PUMPKINS zerlegen. Irgendwas in die Richtung …

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Quelle: Jon Courtney / Bilder: Greg Jong
07.06.2022

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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