The Gate
Interview mit Preacher (Ex-RUNNING WILD) und Guido Krämer (Ex-THE COMPANY)

Interview

Mit Gerald „Preacher“ Warnecke (Ex-RUNNING WILD) und Guido Krämer (Ex-THE COMPANY) haben sich zwei Musiker gefunden, die nicht nur von ihrem Legenden-Status leben, sondern tatsächlich auch etwas auf der Pfanne haben. THE GATE nennt sich die neue Band, die sich aufmacht, allen Old-School-Fans den Himmel auf Erden zu bescheren. Der Preacher ist zurück!

 

The Gate

Moin Guido, Moin Preacher. Alles klar?

Preacher: Moin Jens! Ja, danke! Wir sind fleissig dabei neue Songs für unsere Band zu schreiben.

Preacher, dein musikalisches Comeback auf einem Tonträger erfolgte erst kürzlich in Verbindung mit der Neuinterpretation des RUNNING WILD-Titels „Welcome To Hell“ der Rumänen THUNDERSTORM für „ReUnation – A Tribute To Running Wild“. Welchen Eindruck hast du von den Jungs gewonnen und was hast du dabei empfunden, an einem RUNNING WILD-Song zu arbeiten, der weit nach deiner Zeit in der Band entstanden ist?

Preacher: Ich hatte nur E-Mail-Kontakt mit dem Bassisten Alex. D.h. ich habe die Band, die ja aus deiner Region, also aus Bukarest kommt, leider aufgrund der großen Entfernung nicht persönlich kennengelernt! Aber die Zusammenarbeit war hervorragend und unkompliziert. Sie haben mir einfach online ihre Guidelines im MP3-Format geschickt. Und ich habe dann im Homestudio meines Freundes Majk Moti die Tracks aufgenommen. Und dann WAV-Dateien zurückgesendet, die dann zusammengefügt wurden. Mit der Hilfe von Majk blieb diese Arbeit sozusagen in der „Familie“! (lacht) THUNDERSTORM ist eine ambitionierte Band, von der man sicher noch mehr hören wird. Zu dem RUNNING WILD-Song als solchen hatte ich allerdings keine besondere Beziehung, obwohl er sicher zu den besseren von Rolf gehört. Ich habe es einfach als meine Aufgabe betrachtet, der Bitte zu entsprechen, einen kleinen Teil zum Gelingen des Projektes „ReUnation“ beizutragen. Es handelt sich ja bei meinem Beitrag auch nur um das Gitarrensolo und einige kleine Fills. Als Gimmick habe ich das Solo genau so begonnen, wie das Solo von „Victim Of States Power“. Der Kenner hört also einen Moment lang gleichzeitig zwei Perioden der Bandgeschichte! (grinst)

Deine neue Band heißt THE GATE. Der Name steht in Bezug zum RUNNING WILD-Debüt „Gates To Purgatory“. Musikalisch wollt ihr in etwa an diese Zeit anknüpfen. Gibt es noch eine tiefere Bedeutung hinter dem Namen?

Preacher: Das ist richtig! Ich habe THE GATE im Herbst zusammen mit dem Sänger Guido Krämer gegründet, den ich beim Swordbrothers Festival in Andernach nach über 10 Jahren wieder getroffen habe. Wir haben uns am Anfang zusammengesetzt und lange über Namen und Konzept gesprochen. Mehrere Dinge kamen zusammen. Wir wollten einen kurzen, eingängigen Namen, der nicht die üblichen Metal-Klischees erfüllt. Und er sollte durchaus eine Beziehung zu den alten RUNNING WILD herstellen. Der Titel „Gates To Purgatory“ war übrigens damals meine Idee. Aber andererseits sollte der Name nicht so klingen, als wenn wir eine Coverband wären, z.B. wenn wir uns PRISONER OF OUR TIME genannt hätten. Den Namen PREACHER bzw. einen Namen mit diesem Bestandteil haben wir auch diskutiert. Aber ich fand das zu großkotzig. Wir wollen auch anders als die späteren RUNNING WILD eine richtige Band sein – und nicht ein Soloprojekt eines Einzelnen. THE GATE – Das Tor – ist ein tief symbolischer Name, der aber auch offen ist für eigene Deutungen. Ein Tor eröffnet Zukunft, man beschreitet durch ein Tor neue Welten, ein Tor ist Ausgang und Eingang zugleich und als „Tor zur Transzendenz“ sogar ein spirituelles Symbol. Das Wort GATE erinnert klar an den Titel der ersten RUNNING WILD-Scheibe, und das vorangestellte THE steht in der Tradition zu THE COMPANY. Zufall oder Fügung: Guidos letztes Stück mit seiner vorherigen Band trägt den Namen „Gate To Yourself“.

Dann stell deine Mitstreiter doch erstmal kurz vor. Wer ist überhaupt mit dabei, in welchen Bands haben die Jungs vorher gespielt und wer macht bei THE GATE jetzt was?

Preacher: Zunächst ist da Guido Krämer, mit dem ich die Band gegründet habe. Ich kenne ihn aus den 90ern, als er mit THE COMPANY, einer, wie ich denke, fantastischen Thrash-Metal-Band, unterwegs war. An der Axt war damals der Bay-Area Gitarrist Doug Piercy, der vorher von 1985 bis Ende ’91 bei HEATHEN die Saiten traktiert hat und dann 1992 nach Deutschland ging. Einer der besten Metal-Gitarristen, die ich kenne! Die Band hatte in Japan zeitweise großen Erfolg, ist aber aufgrund eines geplatzten Deals und anschließend nur kleineren Labeln in Deutschland leider nicht so bekannt geworden. Wir werden auch etwas Material von THE COMPANY in unser Programm übernehmen. Alte HEATHEN-Fans dürften sich freuen! Guido hat in den letzten Jahren in einer lokalen Band namens SYSTEM FAILED gespielt, die sich stilistisch mehr in Richtung MACHINE HEAD bewegt hat. Guido hat seine Erfahrungen als Musiker also weitgehend bei zwei Thrash-Metal-Bands gesammelt. Obwohl er doch ein grosser Old-School-Fan ist und übrigens schon vor 25 Jahren großer RUNNING WILD-Fan war. Guido arbeitet jetzt als Streetworker in Andernach, das ja durch das Swordbrothers vielen Metalfans bekannt ist.

Guido: Bevor Doug mit mir THE COMPANY gegründet hatte, war ich übrigens der Sänger von EN-FORCE. Die EP „Grass Turned Grey“ hatte seinerzeit im Underground gute Kritiken einheimsen können. Wir wurden oft mit PRONG verglichen. Zuvor hatte ich aber in jeder Menge Heavy-Metal-Bands gesungen. Unter anderem war ich Gründungsmitglied von VANILLA REX!

Preacher: Auf jeden Fall hat Guido unseren Bassisten Tino „Tünnes“ von SYSTEM FAILED mitgebracht. Tünnes ist ein versierter Bassist, der nicht nur meine Gitarrenriffs unterlegt, sondern auch in der Lage ist, ganz eigenständige Basslinien zu entwickeln, wie es etwa bei Geezer Butler von BLACK SABBATH zu hören ist. Das ist wichtig, weil wir nur mit einer Gitarre an den Start gehen. Tünnes spielt nebenbei auch Jazz, was als Know–How für uns sehr wertvoll ist. Mit seinen 37 Jahren ist er der „Benjamin“ der Band. (lacht) Und mit Peter „Unruh“ haben wir schließlich einen tierisch guten Drummer gefunden, der sowohl das brutale Dreschen als auch eine filigrane, hochtechnische Arbeit am Schlagwerk beherrscht. Zuletzt hat er bei der lokalen Band ONE SIGN OF METAL gespielt, deren Stil ich in die Richtung IRON MAIDEN einordnen würde. Als besondere Spezialität wird er bei Konzerten einen riesigen Gong auffahren.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass viele Heavy-Metal-Fans hohe Erwartungen an euch und eure Musik haben werden. Werdet ihr euch auf diese Erwartungen limitieren, oder wird es auch einige Überraschungen geben, mit denen vielleicht niemand rechnet?

Preacher: Es ist klar, dass wir mit unserem Konzept recht hohe Erwartungen wecken. Wir treten als Newcomer gleich in einer höheren Liga an und freuen uns jetzt schon auf unsere Fans. Denn allein für sie spielen wir! Natürlich fängt heute, nach 40 Jahren Metalgeschichte, keine Band mehr stilistisch im luftleeren Raum an. Wir werden an den alten, damals noch ziemlich rotzigen RUNNING WILD-Stil aus der „Vor-Piraten-Zeit“ anknüpfen. So gibt es etwa einen Song von mir namens „Deliver From Sin“, den ich vor 27 Jahren selbst geschrieben, aber längst vergessen hatte. Ich habe ihn vor einigen Monaten auf einer Bootleg-LP wiederentdeckt. Er wurde damals von uns vor unserer Veröffentlichung der „Gates To Purgatory“ zwar immer live gespielt, aber niemals offiziell aufgenommen. Diesen alten Schatz gilt es jetzt zu heben! Und aus Guidos musikalischer Vergangenheit werden wir ein paar THE COMPANY-Schätzchen präsentieren, die über Doug Piercy eine unterirdische Verbindung zu den alten HEATHEN haben. Aber wir werden uns auf diese Stile nicht festlegen und sind bereits dabei mit neuen Titeln einen eigenständigen Stil zu entwickeln.

Guido: Ich mache mir da eigentlich gar keine Gedanken darüber. Wichtig ist mir, dass wir uns musikalisch total gut verstehen und das wir Metal spielen. Darauf habe ich totalen Bock! Die Mucke von RUNNING WILD hat mir immer viel Spaß gemacht und jetzt den Klassiker „Prisoners Of Our Time“ gemeinsam mit dem Songwriter singen zu dürfen ist eine wirkliche Ehre für mich.

Es gibt bereits drei neue Titel von euch, die aber noch nicht aufgenommen wurden: „Earth Cathedral“, „Into The Pit“ und „1.000 Miles Away“. Worum geht es textlich und wo lassen sich diese Songs musikalisch einordnen?

Guido: „Earth Cathedral“ hat einen hymnenmäßigen Refrain, beeinflusst durch einen Chartbreaker aus dem Jahr 385 von Ambrosius v. Mailand, der später – so um 1100 – noch einmal neue Riffs erhielt, dessen Strophe allerdings zum Bangen animiert. Der Song handelt von der Schönheit und Perfektion unseres Planeten, der durch uns Menschen systematisch vernichtet wird. Allen Warnungen zum Trotz kriegen wir den Hals nicht voll und zerstören unsere Lebensgrundlage. Dabei erdreisten wir uns, alle anderen unschuldigen Kreaturen einfach in die Scheiße mitzureißen! Und ich meine hier noch nicht einmal nur die Umweltzerstörungen, sondern Gier und Ellenbogen-Denken! „Into The Pit“ ist ein typischer treibender Opener! Der Nummer hört man an, dass die Idee vom Preacher ist. Die RUNNING WILD-Fans werden ihn sicher mögen! Er beschreibt die Verschmelzung von Band und Metalheads während eines Livegigs! Bei „1000 Miles Away“ handelt es sich um eine doomige BLACK SABBATH-meets-CROWBAR-Nummer. Der Text handelt davon, dass viele Menschen ihr Glück erst dann erkennen, wenn sie es verloren haben: Erst wenn man eine solch schwere Last auf seinen Schultern trägt, erkennt man oft, was im Leben wirklich wichtig ist! Man sollte sich stets auch an kleinen Dingen erfreuen und sich Zeit zum Leben nehmen.

Preacher, ist es dir eigentlich wichtig, auch in Verbindung zu deinem Beruf vielleicht, positive Messages in den Lyrics zu verarbeiten, oder kannst du dir vorstellen, noch einmal so nachdenkliche Lyrics zu schreiben, wie auf der „Gates To Purgatory“ damals?

Preacher: Da Guido als Sänger alle Texte bei uns schreibt, überlasse ich ihm die Antwort…

Guido: Mir sind die Texte sehr wichtig! Bei uns handeln sie vom Leben, von unserer verkorksten Gesellschaft, unserer Welt. Ich arbeite mit jungen Menschen und stelle mir häufig die Frage, ob ich heutzutage, in dieser egoistischen Gesellschaft, gerne noch einmal selber richtig jung wäre. Meist verneine ich mir diese Frage und das stimmt mich traurig, nachdenklich…und das macht mich auch wütend. Meiner Meinung nach haben wir nur wenig Gelegenheiten und Mittel unsere Welt ein klein wenig besser zu gestalten. Rockmusik ist eine davon und sie hat den Auftrag die Wahrheit zu sagen. Rock’n’Roll und Metal…nein, Musik ganz allgemein…hat für mich eine Verpflichtung zur Ehrlichkeit!

Christentum und Heavy Metal, schließt das eine das andere nicht eher aus?

Preacher: Nein, warum? Solange natürlich nicht den Glauben verhöhnende, rassistische oder gewaltverherrlichende Texte verwendet werden…

Guido: Für mich stellt sich die Frage überhaupt nicht. Das ist genauso uninteressant, wie die Frage ob Bundesligafußballer nicht schwul sein können oder dürfen. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Ich kenne viele gläubige Metalheads und finde es generell bescheuert, den Glauben eines Menschen zu bewerten. Das ist Privatsache! Ich habe muslimische Freunde, spirituelle Freunde, atheistische und buddhistisch angehauchte… Im Grunde wollen wir alle das Gleiche: Liebe, Toleranz, Freiheit und ’ne gute Zeit!

Nach dem offiziellen Aus von RUNNING WILD versuchen gleich mehrere Bands den Namen noch einmal für sich zu nutzen. LONEWOLF haben ein neues Album veröffentlicht, das musikalisch schon ganz nah an RUNNING WILD herankommt, Majk Moti will mit WILD KNIGHT noch einmal ganz hoch hinaus und nun gibt es THE GATE. Diesbezüglich könnte man ja durchaus auf den Gedanken kommen, dass jetzt jeder versucht den Namen und das Image einer Band wie RUNNING WILD noch einmal für sich einzusetzen und das alles auszuschlachten. Was denkt ihr darüber?

Guido: Wir machen Metal, um Metal zu machen. Nicht mehr…und nicht weniger! Dass unsere Vergangenheit, die jeden von uns geprägt hat, in unserer Musik eine Rolle spielt, ist doch normal. Ein wichtiger Teil davon ist durch Preacher RUNNING WILD! Wir werden das spielen, was wir können. Es wäre doch fahrlässig, jetzt auf Teufel komm heraus Musik zu machen, die auf keinen Fall wie RUNNING WILD klingen darf. Wir machen das, was in uns steckt. Ein THE COMPANY-Fan wird sicher auch THE COMPANY heraushören!

Preacher: Da gebe ich Guido völlig recht. Und was zumindest Majk und mich betrifft, ist es doch ganz legitim, wenn ehemalige Mitglieder, die sich ja auch um Namen und Erfolg der Band verdient gemacht haben, an die erreichten Erfolge anknüpfen. Wenn wir mit THE GATE z.B. „Prisoners Of Our Time“ spielen, ist das kein Schmücken mit fremden Federn. Es ist schlicht und ergreifend mein eigener Song! Wenn ich hier etwas ausschlachte, dann höchstens mich selbst! (lacht) Ich überlege gerade, ob ich mich nicht selbst wegen der Urheberrechte verklagen sollte! (allgemeines Gelächter)

Ihr wollt auch live spielen. Ist diesbezüglich bereits etwas geplant oder in Aussicht?

Preacher: Anfang Mai soll in Koblenz ein kleineres Festival steigen, das von der Band PARRYZIDE veranstaltet wird. Hier planen wir einen Kurzauftritt. Sonst ist noch nichts fest, da wir noch keine Demos aufgenommen haben und es unseriös wäre, sich offiziell bei einem größeren Veranstalter zu bewerben. Inoffiziell gibt es natürlich schon die eine oder andere Kontaktaufnahme…

Preacher, welche Band hat deiner Meinung nach im Moment die größten Chancen, nicht nur in die Fußstapfen von RUNNING WILD zu treten, sondern auch tatsächlich eigene Akzente zu setzen? POWERWOLF vielleicht, ORDEN OGAN oder eine ganz andere Band?

Preacher: Diese Frage überlasse ich gerne ganz allein dem Bundestrainer! (grinst)

OK, ich danke euch ganz herzlich. Möchtet ihr noch etwas an unsere Leser loswerden?

Preacher: Wir freuen uns auf euch da draussen und sagen bis dahin: God bless you all!

18.03.2010

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