Rock im Park
Der große Festivalbericht vom 18. Rock im Park in Nürnberg

Konzertbericht

Billing: Airbourne, Amon Amarth, Bullet For My Valentine, Korn, Limp Bizkit und Volbeat
Konzert vom 2013-06-07 | Zeppelinfeld, Nürnberg

Sonntag

Der letzte Tag bei Rock im Park beginnt für uns musikalisch mit A DAY TO REMEMBER auf der Alternastage, deren Crossover-Stil von melodiösem, poppigem Leadgesang, Shouts im Hintergrund und harten, teils abgehackten Metalcore-Riffs geprägt und mit eingestreuten Elementen aus Rock und Post-Hardcore durchsetzt ist. Dieser ungewöhnliche Mix scheint vor allem beim jüngeren Publikum gut anzukommen, und das umso mehr, als ihnen zu „All I Want“ jede Menge große, weiße Bälle zur weiteren Verlustierung zufliegen. Auch die „Ladies“ werden nicht vergessen, extra für diese spielt der Fünfer aus Ocala / Florida das Stück „Have Faith In Me“. Nun ja… für manch einen ist es aufgrund des Konzerts sicher „ein Tag zum Erinnern“, wie der Bandname suggeriert – wir beide gehören aber nicht dazu. Die Jungs mögen kompositorisch und spielerisch zwar einiges zu bieten haben, aber Musik dreht sich letztlich um subjektive Emotionen, die sie entfacht – und die wollten sich bei uns nicht so recht einstellen.

Ganz anders sieht das bei den fünf Berserkern von AMON AMARTH aus, die als nächste die Alternastage bespielen. Die Schweden haben uns schon auf unzähligen Konzerten mitgerissen und schaffen es, soviel sei vorweggenommen, auch dieses Mal.

Rock im Park

Mittig auf der Bühne ist ein großes Wikingerschiff mit rauchendem Drachenkopf am Bug platziert, auf dem auch das Schlagzeug von Fredrik Andersson steht. Die hintere Bühnenwand ziert ein Segel mit dem Bandlogo, das sich leicht im Wind hin- und herbewegt. Langsam setzen Streicherklänge ein, zu der die Musiker die Bühne betreten. Dann ertönen mächtige Drums, gefolgt von Ted Lundströms böse grollendem Bass und den Gitarren von Johan Söderberg und Olavi Mikkonen: Der erste Kracher braut sich zusammen in Form von „War Of The Gods“. Als schließlich der rauschebärtige Sänger Johan Hegg zu seinem ersten brachialen Schrei ansetzt, ist ein ohrenbetäubender Knall, ähnlich einem Kanonengeschoss, zu hören. Dazu erheben sich gewaltige Feuerfontänen am vorderen Rand der Bühne und die Doublebass beginnt wie eine Maschinengewehrsalve zu wummern. Martialisch.

Auch die folgenden Songs überzeugen mit Härte, Energie und reichlich Effekten. Zu „Destroyer Of The Universe“ bildet sich ein, soweit es die Wellenbrecher zulassen, riesiger Moshpit. Freudig und sympathisch lächelnd bedankt sich Hegg beim Publikum in seinem nur leicht gebrochenen Deutsch, bevor sechs „Kanonenschüsse“ zum nächsten Song überleiten. Im weiteren Verlauf der Bühnenshow holt Hegg einen riesigen Mjölnir, den Hammer des Gottes Thor, heraus und besteigt damit das Wikingerschiff. Unterdessen explodiert passend zum Takt ein kleines Feuerwerk, und fünfstrahlige Feuerfontänen schießen vom Bühnenrand empor. AMON AMARTH haben auch noch ein neues Stück namens „Deceiver Of The Gods“ von ihrem kommenden, gleichnamigen Album mitgebracht, das gebührend von den zahlreichen Headbangern in den vorderen Reihen gefeiert wird. Am Ende kredenzen sie dem Publikum auch noch den heißersehnten Hit „Guardians Of Asgaard“, der einen beachtlichen Circle Pit hervorruft – der perfekte Abschluss eines fulminanten Auftritts.

Rock im Park

Wir switchen anschließend ein wenig zwischen den Bühnen und erhaschen einen kleinen Eindruck von den Oi-Punks BROILERS und dem Rapper CRO und stehen pünktlich zum Konzert von BULLET FOR MY VALENTINE wieder vor der Alternastage, auf der an diesem Sonntag fast alle relevanten Bands für Freunde der härteren musikalischen Gangart spielen. Zu Carl Orffs „O Fortuna“ aus seiner Kantate „Carmina Burana“ spazieren die walisischen Metalcore-Epigonen auf die Bühne, deren Hintergrund die blutigen Hände vom Cover-Artwork ihres aktuellen Albums „Temper Temper“ zieren. Dicht und druckvoll föhnen ihr extrem tief gestimmter Bass, das präzise Drumming von Michael Thomas und die prägnanten, mit häufigen Tempowechseln versehenen Gitarrenlinien aus den Boxen. Auf dieses Fundament legt sich der cleane Gesang von Frontmann Matthew Tuck (im schwarzen Unterhemd mit dem Logo von METALLICAs 1983 erschienenem Album „Kill ‚Em All“), der bisweilen von Screams und Growls begleitet wird, die Bassist Jason James und Gitarrist Michael Paget beisteuern. Die Band ist derzeit schwer angesagt, das zeigt sich an den Reaktionen: der harte Kern des Publikums springt, rempelt und bangt sich vom ersten Takt bis zum Schlussakkord sämtliche Energiereserven aus den Leibern; lediglich bei einem ausufernden Gitarrensolo von Paget, während dem eine fettleibige Gummipuppe über die Köpfe der Zuhörer surft, mogelt sich eine kurze Verschnaufpause ein – das kurz darauf einsetzende „Suffocating Under Words Of Sorrow (What Can I Do)“ bringt die Partymeute aber wieder in die Spur zurück. Viele haben darauf gewartet, einige lautstark danach gefordert, und als Zugabe kommt es schließlich auch: „Tears Don’t Fall“, der größte Erfolg des Quartetts, bildet den gelungenen Abschluss.

Rock im Park

In der Umbaupause hört man von der anderen Bühne noch „Schwule Mädchen“ von FETTES BROT herüberschallen, und bald darauf beginnt die Show von LIMP BIZKIT. War es bei BULLET FOR MY VALENTINE nur ein harter Kern, der pausenlos abgegangen ist, zeigt sich beim Auftritt der Nu Metaller aus Florida, dass noch erhebliches Steigerungspotential vorhanden ist: denn nun sind es tatsächlich fast alle, die sich verausgaben, vor der Bühne wabern Zigtausende wie ein Ameisenhaufen durcheinander. Ziemlich exakt wie auf den Alben reproduzieren sie live einen Großteil ihrer Hits, darunter „Rollin“, „Break Stuff“, „Nookie“, „My Way“, oder „My Generation“; zwischendrin werden mit „Killing In The Name“ ein grandioses RAGE AGAINST THE MACHINE-Cover und ein METALLICA-Medley serviert, auch NINE INCH NAILS‘ „Closer“ (mit dem berühmten Refrain „I want to fuck you like an animal, I want to feel you from the inside“) kriegt einen kurzen Einsatz.

Obwohl der leger vor sich hintänzelnde und meist verbissen dreinschauende Sänger Fred Durst in seinen knallroten Sneakers die Blicke auf sich zieht, überzeugt doch Gitarrist Wes Borland in besonderer Weise – punktgenau und ohne den geringsten Verspieler sägt der Mann, im schwarzen Latex-Dress mit exzentrischer Augenmaske, jedes Riff und Solo aus seinem Siebensaiter und hat großen Anteil an dem monströsen Groove, der die Band seit jeher auszeichnet. Nach „Counterfeit“ und „Take A Look Around“ fällt der imaginäre Vorhang.

Rock im Park

Wir flitzen rüber zur Centerstage und erleben noch ein paar eher lustlos heruntergerockte Songs von 30 SECONDS TO MARS mit dem von einigen Mädels schwerstens angehimmelten Jared Leto in der Hauptrolle, dann stehen wir auch schon wieder vor der Alternastage, wo Soundcheck und Umbaugewusel für den Headliner KORN sich dem Ende nähern. Im Hintergrund der Bühne ist bereits ein überdimensionaler Plasma-Screen aufgebaut, über den ein Videozusammenschnitt flimmert, das Drumkit thront mittig, und ein paar Meter davor ist Jonathan Davis‘ unverwechselbarer Mikroständer platziert, den Alien-Designer H.R. Giger eigens für ihn entworfen hat. Als erstes erscheint von den kalifornischen de-facto-Begründern des Nu-Metal-Genres Schlagzeuger Ray Luzier auf der Bühne, der vor sechs Jahren David Silveria ersetzt hat; es folgen die beiden Gitarreros James „Munky“ Shaffer und Brian „Head“ Welch, ebenso Gründungsmitglieder wie Bassist Reginald „Fieldy“ Avizu. Zum Getacker des Ride-Beckens schwellen die tiefgestimmten Gitarren und der Slap-Bass langsam und bedrohlich an, dann springt Jonathan Davis heran, brüllt ein „Are you ready?“ in die Menge und der Opener „Blind“ presst urgewaltig in die Ohrmuscheln, gefolgt von „Twist“ und „Chi“, und wie schon zuvor bei LIMP BIZKIT tobt der riesige Menschenpulk sich dazu aus, als gäbe es kein morgen.

Auf die Worte „Rock im Park, are you ready for this shit?“ folgt eine prägnante, einleitende Tonfolge, die fast jeder hier sofort erkennt dem ohrenbetäubenden Jubel nach zu urteilen: Es ist die Anfangssequenz von „Falling Away from Me“, das gleich darauf wie ein Orkan losbricht; begleitet nicht nur von psychedelischen visuellen Effekten auf dem Videoscreen, sondern auch von einem gezündeten Bengalo mitten im Pit, der die Szenerie für wenige Minuten in ein unheimliches rotes Licht hüllt. Das passende Ambiente für „Dead Bodies Everywhere“, das gleich darauf in der KORN-typisch verschrobenen, psychotischen Manier quietschend und disharmonisch losrockt.

Mitten im Stück „Shoots And Ladders“ dreht sich Davis um und geht von der Bühne, die abgedunkelt und nur in ein dunkles Blau getaucht wird, um gleich darauf wieder mit seinem Dudelsack zu erscheinen und sein längeres Solo zu tröten – immer wieder ein Highlight. Zu den altbekannten früheren Klassikern gesellen sich auch neuere Songs auf der Setlist, zu denen ebenfalls im Sekundentakt Crowdsurfer unterwegs sind, etwa „Narcissistic Cannibal“ oder „Need To“ vom letzten 2011er Album „The Path Of Totality“, und feiern lässt sich der Fünfer natürlich auch wieder ordentlich: Ob Davis nun zweimal die Bühne entlang schreitet und sich erst dazu bequemt „Somebody Someone“ anzustimmen, als Applaus und Gejohle Düsenjet-Lautstärke erreicht haben, oder KORN die Menge lange Minuten warten und brüllen lassen, bis sie schließlich „Freak On A Leash“ als letzte Zugabe spielen – passt schon, gut Ding will schließlich Weile haben, die ohnehin grandiose Stimmung steigert sich nochmal ein paar Prozentpunkte, und verdient haben sie es ohnehin, denn sie geben immer alles auf der Bühne. Und während nach dem Schlussakkord die Gitarrenverstärker noch vor sich hin grollen, schmeißen die fünf Bandmitglieder noch Drumsticks, Plektren und alles, was man sonst noch so verschenken kann, in die Menge. Davis stellt noch kurz seine Tochter vor, die extra für den Gig nach Deutschland gekommen ist, erwähnt nebenbei, dass ein neues Album unterwegs sei und verabschiedet sich dann endgültig mit den Worten „We are back soon“ von der Bühne. Großartig!

Da wir keinerlei Motivation verspüren, uns für den letzten Act FRITZ KALKBRENNER in die sicher aus allen Nähten platzende Clubstage durchzudrängeln, endet für uns damit, zumindest musikalisch, das diesjährige Rock In Park.

Rock im Park

Fazit

Ein Lob den Veranstaltern für die hervorragende Organisation (immerhin war hier de facto mal eben eine exzessive Kleinstadt entstanden), ein Dank an das schöne Wetter (drei Tage Sonne trotz angekündigten Regens), es hat Spaß gemacht und bleibende Erinnerungen gebracht. Das ROCK im Park hätte man unserer Meinung nach gern noch etwas stärker betonen können im Line-Up, aber es waren auch so für die Rocker vor Ort einige großartige Bands am Start, wobei die Metalheads vor allem am Sonntag einiges geboten bekamen. We’ll be back.

Für Euch in Nürnberg vor Ort: Heiko Weigelt, Uwe Breidenbach

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28.06.2013

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