Suffocation
Hymns From The Apocrypha Tour 2024

Konzertbericht

Billing: Suffocation, Enterprise Earth, Sanguisugabogg und Organectomy
Konzert vom 07.02.2024 / 09.02.2024 | Backstage / Das Bett, München / Frankfurt

München – Backstage – 07.02.2024 / Frankfurt – Das Bett – 09.02.2024

Okay, erwischt. Technical Death Metal ist in seiner Präzision vom Streben nach einer perfekten Darbietung getrieben, was bei einem Live-Konzert kaum unterschiedliche Empfindungen erweckt. Dennoch wagen wir das Experiment und blicken auf die aktuelle Tour der altgedienten, niemals müden SUFFOCATION, aus zwei Blickwinkeln und in zwei Städten.

München

Das Backstage gilt als die letzte Bastion der Stadt, wenn es um extremen Metal geht. Die heutige Entourage gastiert in der Halle, der mittleren Location auf dem Gelände. Entsprechend gut besucht wird dieser Abend heute sein.

Frankfurt

Das Frankfurter Bett ist eine in der Größenordnung überschaubare Location, gut zu erreichen, ob mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem eigenen Fahrzeug. Dazu durchaus besonders durch seine kompakte Grundstruktur, die eine besondere Nähe zu den auftretenden Bands gewährleistet. An diesem Freitagabend haben sich jedenfalls etliche Death-Metal-Freunde eingefunden, weshalb im Laufe der Shows auch die kleinen Nachteile des Clubs zum Vorschein kommen, wie etwa unfreiwilliges Gedränge im Spannungsfeld zwischen Bühne und Bar.

Brutal Death Metal aus Mordor

Frankfurt

In jedem Fall wird der Film gleich losgehen. Das könnte man zumindest meinen, als sich die Neuseeländer von ORGANECTOMY für ihren Auftritt bereitmachen, schließlich ertönt der „Mordor Soundtrack“, bekannt von den Verfilmungen von Herr der Ringe. Dieser hat durchaus etwas Bedrohliches, wenn die hässlich entstellten Orks ihre verdreckten Äxte wetzen, der Opener attackiert dann aber doch weniger mittelalterlich, sondern stützt sich auf den druckvollen Stilmix, den das Quintett bereits auf dem letzten Album „Nail Below Nail“ nochmals merklich moderner entwickelt hat.

Im Live-Rahmen funktioniert das jedenfalls erstaunlich gut, die Breaks sitzen und Alex Paul offenbart sich als Frontmann, der zweifellos Qualitäten als Anheizer mitbringt. Besonders erfreulich wird es dann, als ORGANECTOMY mit „Unending Regrowth“ noch einen der besten Songs des Vorgängeralbums parat haben, als die Neuseeländer noch stärker im technisch orientierten Brutal Death Metal verwurzelt waren.

München

Die Neuseeländer machen ihren Job heute Abend zwar mit Herz, das Publikum können sie allerdings noch nicht hundertprozentig auf ihre Seite ziehen. Das mag freilich daran liegen, dass viele an diesem Mittwochabend noch nicht ganz dem Arbeitsalltag entflohen sind, als sie die Halle betreten. Gleichzeitig bietet die Band aber auch nicht mehr als standardisierten Tech Death Metal. Aber in diesem Bereich ist der Durchschnitt bereits bemerkenswert.

Sangria und Heinz Schenk

München

„Wie heißen die noch gleich?“ Für Stirnrunzeln sorgt der Schriftzug der tiefgetönten Death-Metal-Masse von SANGUISUGABOGG, die mit ihrem Auftreten Anfang der 90er in einem Osloer Plattenladen für Aufsehen gesorgt hätten. Wir gehen schwer davon aus, dass die Band als Zielscheibe für Tiraden im Hause Euronymous mit hergehalten hätte. Uns ist das bei dem formidablen Gestampfe allerdings völlig egal, genau wie den anderen Menschen im Saal übrigens auch.

Frankfurt

Auf dem kurzen, aber wegen des hohen Besucherandrangs doch etwas länger andauernden, Weg vom Konzertsaal nach draußen, wird derweil eifrig darüber diskutiert, wie der Name der Truppe aus Columbus einerseits auszusprechen und zustande gekommen sei. Von „Sangria“ bis zum in hessischen Gefilden nicht ausbleibenden „Blauen Bock“ mit Heinz Schenk ist irgendwie alles dabei. Auf der Bühne lassen SANGUISUGABOGG im Nachgang hingegen wenig Spielraum für Interpretationen, denn der geradlinige Caveman-Death-Metal zeigt kaum Anlaufschwierigkeiten.

Demzufolge dauert es auch nicht lange, bis der mittlerweile prall gefüllte Saal praktisch in Gänze in Bewegung ist. Immer wieder angestachelt von Klampfer Ced Davis machen es die tanzbaren Rhythmen der beiden Alben den anwesenden Fans auch recht einfach, entsprechend mitzugehen. Zwischen D-Beat- und Polka-Strukturen scheinen die Tracks der beiden Alben der US-Amerikaner jedenfalls den Nerv der Zuschauer zu treffen, die sich im zweiten Teil der Show nach Sprüngen von der Bühne immer wieder nach hinten transportieren lassen.

Komplexer Deathcore

Frankfurt

Über den Co-Headliner-Spot dieses Packages wurde in diversen öffentlichen Foren ausgiebig diskutiert. Dass sich ausgerechnet eines der größten Urgesteine der US-amerikanischen Death-Metal-Szene anstatt mit einer Old-School-Kapelle durch einen Emporkömmling im Deathcore-Bereich begleiten lässt, stieß nicht überall auf bedingungslose Gegenliebe. Kurzum lässt sich allerdings zusammenfassen, dass der erneut große Andrang vor der Bühne dem Ganzen zumindest gewissermaßen Recht geben dürfte.

Letztendlich machen ENTERPRISE EARTH ihre Sache ziemlich gut, auch weil es hier musikalisch im Vergleich zum Vorgänger deutlich mehr zu entdecken gibt. Die Washingtoner holen ihre Inspiration nicht nur aus dem schon seit zehn Jahren abgehalfterten Generik-Baukasten, sondern vermischen diverse Einflüsse zu einem manchmal komplexen Cocktail, der konsequenterweise ebenso häufig zu überlangen Tracks führt. Dabei agiert das Quartett technisch augenscheinlich versiert und sägt sich durch die dynamische Abfolge bunter Arrangements.

München

Mittlerweile sind auch die Nachzügler im Backstage angekommen. Diverse Thekengespräche deuten schnell darauf hin, dass sich ein Großteil des Publikums über eine Doppelspitze mit SUFFOCATION und beispielsweise GORGUTS mehr gefreut hätte, als heute noch „pubertäre Metalcore“ [sic!] ertragen zu müssen. Wir lassen uns auf ENTERPRISE EARTH ein, haken das Set allerdings schnell ab. Nicht etwa, weil das Quartett keine gute Musik spielen würde. Der rote Faden des Abends gerät allerdings ins Schlingern und irgendwie freuen wir uns auf gewisse Weise zu sehr auf den Headliner…

New Yorker Präzisionsmaschine

München

Was haben SUFFOCATION nicht alles erschaffen: Signature-Brontosaurus-Death-Metal mit Nackenschmerzgarantie und ikonische Alben wie „Effigy Of The Forgotten“, „Breeding The Spawn“ und „Pierced From Within“ sind eine Bank. Gleichzeitig ballern SUFFOCATION mit ihrem massiven Sound viele Weggefährten mühelos von der Bühne. Man kann reinen Gewissens von einer Urgewalt sprechen. Mit dem heutigen Set unterstreicht die Band diese These mit einem dicken Leuchtstift, während Terenc Hobbs vital am Bühnenrand umher hopst (…). Derek Boyer platziert seinen Bass in gewohnter Weise auf der Bühne und lässt breitbeinig die Frisur zum Propeller werden.

Ricky Myers ist ausdauernd und brüllt sich souverän wie auch technisch auf höchstem Niveau die Seele aus dem Leib. Dabei kommen natürlich die Klassiker „Breeding The Spawn“, „Thrones Of Blood“ und „Catatonia“ nicht nur bei uns am Besten weg. Großartig!

Frankfurt

SUFFOCATION haben die positive Angewohnheit, mit ihrer brutalen Soundwand die Fans ab den ersten Tönen in ihren Bann zu ziehen. Das gelingt auch in Frankfurt wieder im Rahmen von Sekundenbruchteilen. An dieser Stelle in jedem Fall auch ein Lob an den Soundtechniker, der das Ganze dermaßen gut im Griff zu haben scheint, dass allenfalls der Auftakt von „Seraphim Enslavement“ marginal dünn wirkt. Danach haben die New Yorker ihre Gefolgschaft blind im Griff und präsentieren eine ausgewogene Mischung aus neuen Stücken von „Hymns From The Apocrypha“ sowie dem ganzen Sammelsurium an Klassikern, die immer wieder bekannte Aha-Passagen aufblitzen lassen.

Wer die Ära nach Frank Mullen noch nicht auf der Bühne beobachten durfte, dem nimmt Neu-Fronter Ricky Myers jedwede Form von möglichen Bedenken. Was der 49-jährige Brüllbär hier über eine gute Stunde abzieht, ist mit nichts anderem als purer Urgewalt zu beschreiben. Dazu das teilweise irre Riffing unter Regie von Fast-Gründungsmitglied Terrance Hobbs und Alltime-Favorites wie „Breeding The Spawn“ oder „Liege Of Inveracity“. Dabei vergeht die Zeit verständlicherweise wie im Fluge und nach zwölf Stücken ist dann schon wieder Schluss. Zwar gibt es mit „Blind Torture Kill“ noch einen Nachschlag, doch bedenkenlos hätte dieses Inferno noch stundenlang weitergehen dürfen.

Setlist:

01. Seraphim Enslavement
02. Thrones Of Blood
03. Breeding The Spawn
04. Dim Veil Of Obscurity
05. Pierced From Within
06. Funeral Inception
07. Perpetual Deception
08. Effigy Of The Forgotten
09. Hymns From The Apocrypha
10. Catatonia
11. Liege Of Inveracity
12. Infecting The Crypts
13. Blind Torture Kill

Texte: Oliver Di Iorio (München), Patrick Olbrich (Frankfurt)

17.02.2024

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