Ahoora - All In Blood With You

Review

Metal ist ein weltweites Phänomen – unvorstellbar, wie man sich ihm entziehen sollte. Es gibt aber dennoch Länder, in denen Metal nicht nur ein kleines sondern ein richtig großes Problem darstellt, das Anhänger wie Musiker in arge Bedrängnis bringen kann. Das ist meist der Fall in totalitären Regimes, oder in Ländern wie dem Iran, bei dem noch extreme und fundamentalistische, religiöse Motive hinzukommen.

AHOORA sind eine Metalband und stammen aus dem Iran, und schon allein dieser Fakt, ungeachtet der Musik, lässt aufhorchen. Wir aus der „westlichen Welt“ können uns das anhand des medial vermittelten Bildes, welches wir vom Iran haben, kaum vorstellen, und ich gestehe, dass ich es ebenfalls nur für schwer möglich gehalten habe.

Die vierköpfige Band fing 2001 an, ihre persönlichen Favoriten zu covern, zu denen u.a. ICED EARTH, IRON MAIDEN, METALLICA und BLACK SABBATH zählen. Nach einem ersten Demo im Jahre 2004 waren AHOORA im Mai 2005 die erste Metalband im Iran, die einen Auftritt mit Gesang hinlegen durfte.

Schon bald wurden AHOORA de facto verboten, und somit auch alles, was für eine Band wichtig ist. Das Debütalbum von 2006 erschien nie offiziell im Iran, internationale Einladungen auf Festivals konnten aufgrund von Ausreiseverboten nicht wahrgenommen werden. Und es dürfte auch nachvollziehbar sein, dass AHOORA keine regelmäßigen Gigs spielen.

Was aber spielen AHOORA? Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Uhren in Sachen Metal trotz illegalen Handels unter der Ladentheke im Iran anders laufen als hierzulande. AHOORAs Sound ist sehr traditionell ausgelegt und orientiert sich an den alten Helden des klassischen Heavy Metals mit progressiver Ausrichtung. Auf „All In Blood With You“ hört man jedoch auch Elemente aus benachbarten Genres, v.a. Doom Metal ist in einigen Songs sehr präsent („A History Of Extinction“).

AHOORA bemühen sich sichtlich um Variation und Originalität, was ihnen auch gut gelingt. In den komplex arrangierten Songs wechseln sie von geradlinigen Strukturen zu sehr virtuosen Passagen: Prägnantes Bassspiel, überzeugende Soloarbeit, Tempi- und Rhythmikwechsel und auch Variation im klaren Gesang. Apropos Gesang: Im abschließenden, neunminütigem „Hunger Within“ ertönt auch der helle Gesang einer Frau.
Die Melodien sowie die Gesamtatmosphäre ist sehr düster gehalten, was denke ich auch die Grundstimmung und den Hintergrund, vor dem das Album entstanden ist, sehr gut widerspiegeln. Mein persönlicher Anspieltip ist „Between Maybe & Never“. Manchen Songs haftet etwas Altbackenes an, aber an anderer Stelle schleicht sich ein Gefühl der Vertrautheit ein.

Man muss sich einfach bewusst werden, in welchem Kontext „All In Blood With You“ zu sehen ist. Es ist eben kein Album einer x-beliebigen europäischen Nachwuchsband, der sozusagen alle Möglichkeiten offenstehen.
AHOORA klingen ein bißchen antiquiert, die Produktion erfüllt das Mindestmaß, und kann nicht mit perfekt ausgesteuerten Instrumenten und Superklang dienen. Aber ist das hier wirklich notwendig? Die widrigen Umstände überdecken nicht den Eifer und die Leidenschaft, mit der die Band agiert, mit der sie sich, und das muss an dieser Stelle noch einmal betont werden, keine Freunde bei kulturellen und politischen Institutionen macht, und sich selbst in Gefahr bringt.
Ein Satz wie „Bist du bereit, für den Metal zu sterben?“ aus einem Proletenmaul wie dem von Joey di Maio erscheint hier mit einer ganz neuen, sehr bitteren Note. Der Tod droht den Musikern von AHOORA sicherlich nicht unmittelbar — aber das Wort Leidenschaft erhält eine ganz neue Bedeutung, wenn man ihr frönt, obwohl sie offiziell geächtet ist, und auf die empfindliche Strafen stehen.

In dieser Hinsicht ist „All In Blood With You“ ein bemerkenswertes Werk geworden, welches unsere verwöhnten Ohren vielleicht nicht allzu sehr begeistern wird, aber dennoch voller guter Ideen steckt.

21.05.2008

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