Mantar
Nichts an dieser Platte hat Spaß gemacht.

Interview

Die deutsche Sludge-Doom-Black-Metal-Hardcore-Punk-Grunge-Hoffnung MANTAR bringt mit „Pain Is Forever And This Is The End“ ihr langersehntes, viertes Studioalbum auf den Markt. Warum die Aufnahmen unter keinem guten Stern standen, haben wir in einem langen Video-Call von Sänger und Gitarrist Hanno Klänhardt erfahren. Außerdem hat er verraten, wieso er gar nicht gerne auf Tour geht und warum seine Eltern ihn cool finden.

Die erste Frage drängt sich ein bisschen auf. Im Vorfeld der Album-Veröffentlichung von „Pain Is Forever And This Is The End“ hast Du davon berichtet, dass die Songs während einer schweren Zeit entstanden sind und Ihr sogar kurz davor wart, die Band aufzulösen… Wie geht es Euch jetzt?

Jetzt ist wieder alles gut. Ich kann ja mal eine Kurzversion anreißen, wenn Du magst. Wir haben in Seattle am Wochenende gerade die erste Show seit zwei Jahren gespielt. Psychologisch war das sehr wichtig, um den Knoten platzen zu lassen und endlich mal wieder aufzutreten.

Aber ansonsten stimmt es leider, was Du sagst. Es war eine sehr dunkle Zeit, diese letzten zwei Jahre. Es ging 2020 mit Covid ja für alle schon scheiße los. Jeder dachte noch, dass das jetzt mal für ein, zwei Monate kacke sein würde. Das aber das ganze Bands während dieser Phase zerstört wurden und Branchen kaputt gingen und Clubs dicht machten und so weiter… Das konnte niemand ahnen. Dementsprechend war ich auch erstmal noch relativ easy und wir waren ja auch recht beschäftigt mit unserer Cover-Platte („Grungetown Hooligans II“, Anm. d. Red.), die wir über unser eigenes Label rausgebracht hatten. Im Herbst 2020 habe ich Erinç dann angerufen und ihn gefragt, was er von einer neuen MANTAR-Platte halten würde. Wir planen nämlich grundsätzlich nie langfristig und diskutieren immer alles sehr genau. Zum Beispiel, ob sich ein neuer Output überhaupt lohnt. Viele Bands veröffentlichen nur noch aus Gewohnheit Platten und sägen damit ein wenig an ihrer eigenen Legacy. Wenn wir spüren, dass es nicht ganz rund läuft, wollen wir immer eine Exit-Strategie zur Verfügung haben um die Reißleine ziehen zu können. Es war von Anfang an klar, dass die Band auch jeder Zeit wieder vorbei sein kann. MANTAR war nie ein langfristig angelegtes Projekt und gibt es jetzt fast zehn Jahre, was ja total crazy ist. Jedenfalls habe ich Erinç angerufen und wir haben lange diskutiert und letztlich war er es, der meinte, dass da noch etwas drin ist.

Dann bin ich mit meiner Gitarre und einem Rucksack voller Riffs nach Deutschland rüber geflogen. Im September 2020 war das und wir wollten einfach damit anfangen, auf groben Entwürfen zu jammen. Aber es kam dann ganz anders. Wir waren auf einer Hochzeit, wo ich mich hingekniet habe um ein Foto zu machen. Dabei habe ich mir dann aber total kompliziert den Meniskus gerissen. Einfach hingekniet, Alter-Mann-Style. Dann war es erstmal nichts mehr mit einer neuen Platte, sondern es stand Krankenhaus, OP und sechs Wochen mit Krücken an. Ich lag auch erstmal für vier Wochen in Deutschland im Bett und konnte gar nichts machen und hatte geiler Weise keine Krankenversicherung und deshalb Geldsorgen und so einen Scheiß. Als ich zurück in den USA war, rief ich kurz vor Weihnachten vereinbarte ich mit , dass wir die Platte jetzt in Angriff nehmen würden. Am Tag der ersten Probe, das war um Heiligabend herum, bin ich zusammen mit Erinç im Supermarkt dann ausgerutscht und habe mir im selben Knie einen Kreuzbandriss zugezogen. Dann lag ich da, wieder ohne Krankenversicherung, wieder im Krankenhaus, wieder mit zwei OPs, der ganze Scheiß noch einmal. Ich wollte dann noch im Krankenbett proben, aber die körperlichen und geistigen Schmerzen haben das unmöglich gemacht. Also bin ich wieder zurück in die USA geflogen. Das war das erste Mal, dass wir beide das Gefühl hatten, nicht mehr Herr der Lage zu sein. Vielleicht wollte uns das Universum etwas mitteilen. Die Stimmung zwischen uns war auch schlecht. Nicht weil wir uns als Freunde gestritten hätten, sondern weil wir nicht wussten, wie mit der Situation umzugehen war.

Weißt Du, wir kannten sonst immer nur Machen. Ich war schon 30, als wir die Band gründeten. Erinç war 37. Wir hängten beide unsere Jobs an den Nagel und haben losgelegt. Ich hatte erstmal eineinhalb Jahre keine Wohnung mehr, weil ich mir keine leisten konnte. Aber Hauptsache Band, wir waren ja eh ständig auf Tour. Und wir waren es gewohnt Scheiße zu fressen. Aber vor zwei Jahren war es wirklich das erste Mal so, dass wir mit einer Situation nicht umgehen konnten. Es gab einfach keine Lösung.

Nach zwei Monaten habe ich Erinç dann eine E-Mail geschrieben in der stand: „Hey, ich bin cool damit, wenn die Band vorbei ist. Aber ich kann nicht akzeptieren, dass das der Grund sein soll.“ Wenn es die Band nicht mehr geben soll, dann machen wir Shake Hands und sind einfach wieder Kumpels, genauso wie die 15 Jahre davor auch. Also habe ich geschrieben: „Ich kann nicht akzeptieren, dass sich die Band auflöst, weil die Zeiten schlecht sind und wir wegen Covid gerade kein Geld verdienen können und ich ein Krüppel bin.“ Also habe ich hier in meinem Büro Demos geschrieben, so haben wir vorher noch nie gearbeitet. Dieses Mal habe ich vieles mühevoll vorproduziert und selbst die Drums programmiert. Erinç mochte die Ideen und hat die Drums neu aufgenommen. Anschließend habe dann meine Sachen hier in meinem Haus aufgenommen, wie auch auf der Cover-Platte schon. Hier kenne ich den Sound, den finde ich geil und ich weiß einfach was ich tun muss.

Und so ist die Platte dann doch noch zustande gekommen. Allerdings hatte ich auch vollkommen das Vertrauen in mein Songwriting verloren und hatte Erinç auch ständig angerufen und gemeint, dass diese Pisse doch niemand hören wolle. Er bestärkte mich aber immer. Jedenfalls war das echt anstrengend. Der Name „Pain Is Forever And This Is The End“ war am Anfang eigentlich nur ein zynischer Workingtitle. Irgendwann war das zum bitteren Ernst geworden. Und wir haben es dann dabei belassen. Aber nichts an dieser Platte hat Spaß gemacht. Alles ging schief, was schiefgehen konnte. So richtig haben wir uns davon auch noch nicht erholt.

Aber jetzt ist sie hier (hält das Vinyl ins Bild) und für mich ist es so, als hätte ich einen großen Hirsch geschossen, den ich mir an die Wand hänge. Quasi als Zeichen, dass ich gewonnen habe. Aber ich habe noch nicht meinen Frieden damit gemacht.

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13.07.2022

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