
An anderen Stellen wurden AVKRVST für den Sound ihres Debüts „The Aprobation“ ausnehmend gefeiert, aber den Verfasser ließ das Album seinerzeit eher kalt. Zwei Jahre später hat sich daran im Grunde nichts geändert – was die ansässigen Promo-Götter nicht davon abgehalten hat, mir die Bürde der Rezension der neuen Platte „Waving At The Sky“ zuteil werden zu lassen. Der Pressetext jubiliert in den üblichen Superlativen über das Produkt, das Konzept dahinter über Missbrauch im Familienumfeld basierend auf einer wahren Geschichte, die sich in Norwegen zugetragen habe, schlägt noch tiefer in die Magengrube, und die Band bringe ihren Sound weiter in Richtung „progressive Perfektion“.
AVKRVST schaffen es, ihren Sound upzugraden
Man muss AVKRVST anteilig Vollzug zugestehen: „Waving At The Sky“ ist in der Tat ein Upgrade zu „The Aprobation“ dahingehend, dass die Norweger nicht mehr durchgehend wie die eingeschlafenen Füße von Steven Wilson klingen. Sie tun es ab und zu noch wie in „Conflating Memories“ und passagenweise dem Titeltrack, aber es gibt durchaus mehr Positives auf der Haben-Seite zu vermelden als auf „The Aprobation“. Der Prog, welcher der geneigten Hörerschaft hier begegnet, klingt ein bisschen so als wollten SPOCK’S BEARD oder die FLOWER KINGS ein OPETH-Album aufnehmen. Es ist sehr retro-progressiv mit den für skandinavischen Prøg üblichen ANEKDOTEN- und ÄNGLAGÅRD-Referenzen, die prominenten Harmonien indes wanken zwischen erhebendem Neal Morse-Sermon und Åkerfeldt’scher Grüblerei, beides Modi in denen die Norweger eine recht gute Figur machen.
Sie machen zugegeben keinen sonderlich schmeichelhaften Ersteindruck mit dem als Ouvertüre fungierenden „Preceding“, dessen eröffnendes Motiv wie eine Kopie Variation von OPETHs „The Devil’s Orchard“-Intro klingt, bevor sich der Song in einer etwas lieblos zusammengestückelten Ansammlung an Motiven verliert. Der erste richtige Song „The Trauma“ tut das auch ein bisschen, bringt aber bereits mehr Aufregung ins Spiel, sodass dieses Manko nicht ganz so schwer ins Gewicht fällt. Immer noch ein bisschen gespalten ist unsereins über den Gesang von Simon Bergseth. Die Gesangslinien folgen zu sehr den vorgegebenen Harmonien, anstatt diese zu umspielen, was auf lange Sicht sehr monoton herüber kommt. Und die Growls bedürfen weiterhin an Volumen.
Damit sind noch nicht alle Macken beseitigt, aber immerhin geht es vorwärts
Bei „The Malevolent“ scheint der gesangliche Knoten wie aus dem Nichts geplatzt zu sein, bis man merkt, dass hier Ross Jennings (HAKEN) gesanglich sekundiert – und schon sieht die Kiste ganz anders aus. Mit richtig gutem Gesang könnten die Norweger viele der drögen Stellen in ihren Kompositionen um mindestens das Doppelte aufwerten. Denn das bleibt eine der Kernbaustellen im Sound von AVKRVST: zu viel Leerlauf, in dem nichts Spannendes passiert, in denen die Hörerschaft mit einem simplen Motiv und Bergseths mittelprächtiger Gesangsdarbietung allein gelassen wird. Und keine dieser Aspekte ist allein spektakulär genug, um die Musik zu tragen. Aber sie scheinen immerhin ein solideres Gespür für Hooks entwickelt zu haben.
Mögen die Strophen von „Families Are Forever“ noch so eindimensional sein, die gehauchten Backing Vocals in der Hook klären souverän und die PINK FLOYD-Vibes, die gegen Ende des Tracks auftauchen, machen ordentlich was her. „Ghosts Of Yesteryear“ überzeugt mit einem Hauptmotiv, das ordentlich Drive unter der Haube hat, während der Song einstweilig zurück in die Wilson-Sedierung versetzt wird. Das zeigt, dass die Herren gemäß meines Wunsches zu „The Aprobation“ tatsächlich ein bisschen mutiger geworden sind. Es stecken zwar immer noch genug zwanglose Passagen in „Waving The Sky“ und so richtig transportiert tagträumerischer Retro-Prog die schwere Materie nur unzulänglich, aber es ist immerhin eine Steigerung zum Vorgänger. Damit sind die Norweger wenigstens einen Schritt weiter in die richtige Richtung gekommen.
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