Estoner - The Stump Will Rise

Review

Es gibt einen kleinsten, gemeinsamen Nenner zwischen einem vollgekotzten Darth Vader und einem Vampir auf LSD. Ein Bandmitglied von ESTONER wird sich eines Abends, unter welchem Einfluss psychoaktiver Substanzen auch immer, damit beschäftigt haben, denn beide Szenarien werden, sagen wir mal lyrisch, auf „The Stump Will Rise“ behandelt. ESTONER kommen aus Estland, dürften hierzulande wohl kaum bekannt sein und haben 2012 ihr Debütalbum veröffentlicht. Die fünfköpfige Band um Sänger und US-Amerikaner Corey Tomlins gilt aus zuverlässigen Quellen eher als faul, weswegen es in Ordnung geht, dass die Band drei Jahre nach ihrer Gründung ihr Erstwerk aufgenommen hat. Dabei ist der Name Programm. ESTONER bieten Stonerrock der entspannten Art, wobei das komplette Album durchaus variabel ausgefallen ist.

Insgesamt wurde auf „The Stump Will Rise“ Einiges richtig gemacht, wenn auch (noch) nicht Alles. Doch dazu später mehr. Mit einer durchaus vielversprechenden psychedelisch/bluesigen Eröffnung in „Greenseeker“ beginnt die Reise durch die sieben Songs des Albums. Dabei wird der Opener über seine komplette Länge hinweg im wesentlichen von einem Riff dominiert. „Sky Valley“ lässt grüßen. Tomlins Gesang, der ein wenig nach einer durchzechten Nacht klingt, passt, weswegen „Greenseeker“, trotz ein paar Längen, durchaus zu überzeugen weiß.

Ohne Längen hingegen zeigt sich „Meet The Abyss“, in dessen Verlauf die Band zum ersten Mal die Handbremse öffnet und, wenn auch nur kurz, so doch mächtig auf das Gaspedal tritt. Der Ausflug in fast schon NAPALM DEATH artige Gefilde, inklusive fiesem Growling, mag sich befremdlich lesen. Ist es aber keineswegs, da der Song insgesamt stets homogen bleibt und zu keiner Sekunde Gefahr läuft, zerfahren oder gar deplaziert zu wirken. Sehr schick, meine Herren!

„Darth Vader Has A Hangover“ ist schließlich mein persönliches Highlight des Albums, was einem schlichtweg genialen Riff geschuldet ist. Jedem, der sich selbst zu den Schäfchen der Stoner Rock Gemeinde zählen möchte, wird es wahrscheinlich schwer fallen, ein fettes Grinsen an dieser Stelle zu verbergen. Dieser Song atmet und lebt!

Der Titeltrack „Stump“ macht seinem Namen alle Ehre. Stakkato ist hier das Gebot der Stunde und der Song ist mit dem Wort „Badass“ wohl am besten beschrieben. Darüber hinaus lädt die Leadgitarre zu einem beflügelten Trip in psychedelische Höhen ein und es wird von Pilzen und Amputationen berichtet. Obacht also! „Level 5 Wizard“ bietet hernach ein weiteres Mal einige wohl akzentuierte Growls der Marke COUGH, kann jedoch trotz einer ordentlichen Breitseite Sludge mit den vorherigen Songs nicht ganz mithalten. „LSD Vampyr“ dagegen überzeugt mit einem Gute-Laune Riff und dürfte in einer lauen Sommernacht, mit 140 km/h auf der Autobahn bei offenem Verdeck oder Fenstern, seine ganze Wirkung entfalten.

Mit „Mindweasels“ ist man schließlich am Ende der Reise angelangt. Nach einer etwas sperrigen Eröffnung wird hier auf deutlich progressiverem und weniger eingängigem Niveau noch einmal gerifft bis sich die Balken biegen. Über Sinn oder Unsinn eines Hidden Tracks mag zu guter Letzt jeder selbst entscheiden. Wegen mir hätte man jedoch gerne darauf verzichten können.

Was bleibt also? „The Stump Will Rise“ ist ein gutes, wenn auch kein überragendes Album geworden. Es gibt meines Erachtens nach nur noch wenige Bands, die in ihrem Schaffen und Sound mit dem Prädikat „einzigartig“ geadelt werden dürfen. ESTONER gehören sicherlich nicht dazu, doch beherrschen die Esten das kleine Einmaleins des Stoner Rock recht sicher und bestechen durch ihre Variabilität und Ausflüge in andere Subgenres. Handwerklich gibt es ebenfalls wenig zu bemäkeln und an Kreativität mangelt es der Band zweifelsohne auch nicht. Stellenweise hätte dem Album ein Gitarrensound mit etwas mehr Wucht gut gestanden. Für eine Band ohne Label geht das alles aber mehr als in Ordnung. Well done, ESTONER from Estonia.

03.02.2013

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