Greensleeves - The Elephant Truth

Review

Wer bei GREENSLEEVES bisher immer nur an die englische Melodie im 6/8 Takt gedacht hat, muss nun aufhorchen und seinen Horizont erweitern. Wo es nämlich die angeblich von Heinrich dem Achten geschriebene Melodie sogar schon als Soundtrack ins Spiel Anno 1602 gebracht hat, wird es der gleichnamigen brasilianischen Band mit ihrem Debütalbum vermutlich immer verwehrt bleiben. Und das, obwohl sie es nun schon zum zweiten Mal versuchen, denn eigentlich erschien „The Elephant Truth“ bereits 2007. Weil die gewünschte Weltkarriere allerdings bisher außen vor blieb, hat man sich kurzerhand gedacht, die 23 Songs nochmal vernünftig einzuzimmern und diesmal ordentlich zu vermarkten. Und damit bekam auch ich eine Kopie davon.

Und um zu verhindern, dass ich mich weiter über den Namen – der wirklich eine komplett andere Musik als hier vorliegend impliziert – lustig mache, stelle ich ersteinmal fest, dass die fünfköpfige Truppe gar nicht mal so schlecht ist. Sieht man die sechs Intros / Zwischenspiele / Epiloge des Albums, die schon mal ohrenschmeichelnd melodisch sein dürfen, mal außen vor, haben GREENSLEEVES einen klaren Stil und hauen 73 Minuten lang leicht progressive Riffs aus der Tonne. Dass es dabei um eine Art Stream Of Consciousness eines Komapatienten geht (ein Schelm, der denkt, AYREON hätten dieses Thema für sich gepachtet), fällt zwar kaum auf, passt dann aber doch zumindest zur konfusen Grundtendenz der Platte.
Aber auch wenn das Konzept steht, die Musiker handwerklich stark sind und ich Sänger Gui Noguiera per se gerne zuhöre, fällt schnell auf, dass der mangelnde komerzielle Erfolg der Scheibe nicht von irgendwo kam. Wenn man als Band drei Stunden im Proberaum steht und dabei vier vernünftige Riffs produziert, ist es eigentlich ein okayes Vorgehen diese in ein harmonisch passendes Spannungsverhältnis zu packen und dass dann als fertigen Song zu feiern. GREENSLEEVES tappen dabei aber nun katastrophal in die Neulingsfalle und arrangieren ihr ganzes (wir erinnern uns: 73 minütiges) Album nach dem Schema. Von großer Tiefe oder progressivem Innovationsdrang ist da keine Spur: Alle effektiv 17 Songs bestehen ausschließlich aus Gitarre/Bassfundament und darüber liegendem Gesang, und damit nur aus zwei verschiedenen Melodiespuren. Einige Ausnahmebands kriegen es zwar auch mit diesem Schema hin, spannende Musik zu produzieren, aber GREENSLEEVES gehören definitiv nicht dazu.

Und so rumpelt die Platte im Midtempo vor sich hin und kann sich trotz einiger positiver Ausfälle, wie „The Blind Man And The Elephant“ oder „Touch Of The Wind“, nicht über die Spielzeit retten. So gut die Ansätze teilweise sind, so wenig funktioniert „The Elephant Truth“ als Ganzes. Mit Debütbonus und Respekt für den brasilianischen Underground reicht das zwar noch für sechs Punkte, aber auf kommenden Platten muss da definitiv mehr passieren. Oder um es anders auszudrücken: Wenn die Band in zehn Jahren erfolgreich und bekannt ihre erste Tour durch Deutschland gibt, möchte ich, dass sie dabei keinen Song von dieser Platte spielen müssen.

07.02.2010

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