Northern Oak - Of Roots And Flesh

Review

Ist das das Modell der Zukunft für kleine und mittelgroße Bands? Aufnahme nach garantierter Nachfrage beziehungsweise Vorkasse? Und für den Konsumenten: die Katze im Sack kaufen? Was OBITUARY im letzten Jahr in großem Stil erfolgreich aufzogen, haben auch NORTHERN OAK geschafft: Die Engländer finanzierten ihr drittes Werk „Of Roots And Flesh“ über Kickstarter, der Plattform zur Umsetzung kreativer Projekte mittels Schwarmfinanzierung. Anhänger des Sheffielder Sextetts brachten die angestrebten 3.000 Pfund Sterling in mehr oder minder kleinen Teilbeträgen auf – für acht Pfund Vorschuss beispielsweise sollte man später ein physisches Exemplar des Albums erhalten. Von diesem Geld zahlten NORTHERN OAK dann das Skyhammer Studio in Cheshire, um die Platte mit Produzent Chris Fielding, der bereits mit PRIMORDIAL und WINTERFYLLETH zusammengearbeitet hat, zu realisieren.

Was einen stilistisch erwartet, wussten die Unterstützer des Projekts bereits vorher – zumindest in groben Zügen: schwarzer, doch zu jeder Zeit eingängiger Folk Metal, der sich elektrischer und akustischer Gitarre, einer gefühlt allgegenwärtigen Flöte, Violine und Akkordeon sowie verschiedenen ineinander fließenden Gesangsstilen – vom dominierenden Black-Metal-typischen Gekeife über dunkel-grummelige oder klare Phrasierungen bis hin zu dezent eingesetzten Chören – bedient. Wie alle ähnlich gelagerten Formationen müssen auch NORTHERN OAK den schmalen Grat des Folk Metal meistern: trotz intensiven Einsatzes diverser volkstümlicher Instrumente nicht gar zu fröhlich-dudelig und weichgespült wirken. Und den Briten gelingt es in zauberhaft-melodischen und zugleich relativ druckvollen bis aggressiven Liedern wie „Gaia“, „Nerthus“ und „Bloom“ einigermaßen locker, die Kitschschraube nicht völlig zu überdrehen beziehungsweise ein gewisses Härteniveau nicht zu unterschreiten – unter anderem durch gelegentliches Geknüppel, was sich unter das fast omnipräsente Flöten- und Violinenspiel legt.

Doch die verschiedenen erzeugten Stimmungen wechseln sich innerhalb der einzelnen Kompositionen oftmals mit solch hoher Frequenz ab, das alles sprunghaft und damit letztlich aus etwas größerer Entfernung betrachtet verwaschen-einförmig erscheint. Manche mögen das progressiv nennen, doch hier ist vieles weder Fisch noch Fleisch, ein echter Spannungsbogen so unerreichbar wie das Ende eines anderen, bunten Bogens, und spätestens im letzten Drittel der annähernd einstündigen Scheibe fühlt es sich nur noch wie mehr vom Ewiggleichen an. Wie man es besser macht, zeigten NORTHERN OAK zuvor in der Mitte des Langeisens mit dem nachdenklichen Instrumentalstück „Isle Of Mists“ sowie mit dem schleppenden, niedergeschlagen wirkenden Siebenminüter „Taken“, die konstant einer einzigen Stimmung frönen – und damit im Gegensatz zum fahrigen Rest des Materials geradezu reif erscheinen.

Tja, die Freude an diesem zunächst reizvollen Album lässt aufgrund der weitestgehend kaum auszumachenden Marschrichtung der einzelnen Lieder nach hinten heraus deutlich nach. Das anfänglich noch positiv aufgefasste, bienenstockartige stete Neben- und Übereinander von geflöteter Eingängigkeit und gemäßigter (schwarz-)metallischer Härte wird „Of Roots And Flesh“ letztlich zum Verhängnis – man möchte sich eben auch mal in einer bestimmten Gemütslage suhlen, ohne dass sieben Sekunden später das Steuer herumgerissen wird, nur um zehn Sekunden später weiter herumgerissen zu werden, bis der Kreis vollendet ist und alles von vorne losgeht, wieder und wieder. Der Schwarzwälder-Kirsch-Eisbecher schmeckt schließlich auch nicht mehr ganz so lecker, wenn man ihn innerhalb eines Tages achtmal vorgesetzt bekommt.

12.09.2014

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