Pord - Wild

Review

Nicht allen Menschen kann man vorbehaltlos trauen.

Der eine malt sich (mindestens) das Gesicht schwarz-weiß an und versucht seinen Geist über misanthropische Verse mit wahlweise Mutter Gaia, dem Beelzebub und irgendwelchen bärtigen alten Göttern zu verschmelzen. Und tritt dabei seine Gitarre und Sitte und Moral mit Füßen (in schweren Stiefeln).

Die andere veredelt mit der Schalmei an den Lippen den authentischen Retro-Sound von Stromgitarre und Sackpfeife, dreht sich im originalen Veitstanz zu fast mittelhochdeutschen Versen schneller und immer schneller im edlen Gewand, bis sie tatsächlich auf dem großen Turnierplatz landet, direkt vor der Burg. Und Richie Blackmore moderiert in Schnabelschuhen.

Ein anderer, Karaoke-König, hetzt direkt nach der Klassenparty noch atemlos durch die Nacht, um seiner blonden Heldin wenigstens eine Plastikrose anzudienen, nachdem sie ihn doch im Fernsehen in Brusthöhe immer so süß angelächelt hat. Und vergisst dabei, dass es eigentlich das Privileg der älteren Generation ist, für das Beklatschen dümmlich-schunkelnder Retortensongs mit reaktionären Lyrik-Imitaten verachtet zu werden.

Und der Schlimmste schließlich, doppelt linkshändig, macht überhaupt keine Musik, kann das gar nicht, sondern lässt sich mittels Tastatur überwiegend verächtlich über die Passion anderer aus. Erbärmlich.

Die Auswahl ist fast willkürlich, die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Achtsamkeit ist angebracht.

Beruhigend ist es daher, dass es auch ganz normale junge Menschen gibt, die einfach nur mit geschwollener Halsschlagader brüllen wie am Spieß und dazu den Bass zu einer fast unkenntlichen akustischen Fratze verzerrt monoton vor sich hin bollern lassen. Das Schlagzeug tut es ihm gleich und die Gitarre gibt alles, um zwischen Riff und Rückkopplung alles mit einer beruhigenden Schicht aus Krach einzuhüllen. Die Franzosen PORD zelebrieren damit auf „Wild“ klassischen Noise-Rock der straighteren und offensiveren Sorte, sind mehr UNSANE als JESUS LIZARD, die aber natürlich auch, und stellen einen AmRep-Anker der geistigen Gesundheit in einer Welt dar, die sich auch kulturell zusehends als unberechenbares Monster entpuppt.

Besonders geil ist der Titel von Song Nr. 3: „My Bloody Galantine“. Sehr schön. Am überzeugendsten entfaltet sich die Kunst PORDs aber im außer Rand und Band und überlang geratenen „On The Couch“ sowie im rabiaten „What Are Tuesdays For?“, das inhaltlich den Finger nicht in die Wunde legt, sondern ihn – von Frankreich aus! – zielstrebig hineinrammt: ZDF, du gerontisches Sackgesicht! Wo sind Ron und Zini?! Es gibt ganze Generationen, denen diese Titanen der Hochkultur schon nichts mehr sagen…

13.10.2014

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