Rome - Gates Of Europe

Review

Wo fängt Europa an? Wo endet es? Wo liegt sein Mittelpunkt? Unser Verständnis von Europa und seinen Werten steht, insbesondere seit Beginn des Ukraine-Kriegs, auf einem harten Prüfstand. Viele Künstler haben sich seitdem auf die eine oder andere Weise positioniert – ROME widmen ihrer Sicht der Dinge ganze Werke, wie aktuell „Gates Of Europe“.

Das zähe Ringen der Ukrainer um Frieden und Freiheit dauert mittlerweile mehr als anderthalb Jahre an und droht latent, in vielen Köpfen zu einem beiläufigen Alltagsproblem zu verkommen. ROME stellen sich diesem Verdrängungsprozess kategorisch entgegen und rücken das „Problem“ immer wieder unbequem in den Fokus. Mit „Gates Of Europe“ ziehen Jérôme Reuter und seine Mitstreiter erneut für die Ukraine in den Kampf. Ihre Waffen sind eindringliche Musik und deutliche Worte.

„Gates Of Europe“ schlägt lautere Töne an

Es beginnt mit einem Zusammenschnitt diverser Nachrichtenfetzen vom Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine. Den darin reflektierten Schockreaktionen antwortet der Geist des ukrainischen Widerstands in Form der düsteren, von Elektrobeats getriebenen Dark-Synth-Hymne „Death Of A Lifetime“. Dieser Spirit durchzieht das Gros der Songs, ganz gleich ob akustisch-balladesk wie „How Came Beauty Against This Blackness“ und „Whom The Gods Wish To Destroy“ oder energisch-fordernd wie die Vorab-Single „Yellow And Blue“. Besondere Aufmerksamkeit erregt allerdings „Eagles Of The Trident“. Die treibende Rhythmik von Kriegstrommeln macht es zum „lautesten“, und das untergemischte Gewirr aus Soundsamples zum verstörendsten Stück auf der Scheibe. Durch die repetitive Rezitation des Schlachtrufs „Einzig und allein durch brutalsten Kampf“ erscheint es wie eine Drohgebärde.

ROME werden auf ihre Art lauter – nicht gemessen am Härtegrad, sondern im Sinne zunehmender Schärfe und Dringlichkeit bei der Überbringung ihrer Botschaften. Reuter steuert Stimmung und Wirkung der 14 Tracks gezielt durch Klangarrangements und Instrumentierung sowie seine Lyrics. Mehr als zuvor kommt den vielen verwendeten Samples eine unterstreichende wie verstärkende Aufgabe zu. ROME bedienen sich dabei unterschiedlichster Quellen, oft mit militärischem oder direkt konfliktrelevantem Bezug, u. a. Ausschnitte aus Reden Wolodymyr Selenskyjs und Denys Prokopenkos, ehemaliger Kommandeur des nicht ganz unumstrittenen Asow-Regiments.

ROME – Sprachrohr einer gebeutelten Nation

Reuters Solidarität mit dem ukrainischen Volk und die Bewunderung für dessen unbändigen Widerstandswillen ist in jedem Wort und Zitat spürbar. Da sich ein Kriegsthema nun einmal nicht schönreden lässt, sprechen ROME auf „Gates OF Europe“ auch auf textlicher Ebene eine klare Sprache, ohne schwer abstrakte oder verklärte Metaphorik. Jérôme Reuters markant-warme Stimme transportiert die Messages jeweils auf angemessene Weise – mal sanft, mal gebietend, dann wieder versöhnlich und ergreifend.

„Gates Of Europe“ ist ein eindeutiges politisches Statement in einem Neofolk-Post-Industrial-Gewand. Bot z. B. „Hegemonikon“ noch Interpretationsspielraum, gelingt eine inhaltliche Distanzierung angesichts des eindeutig vorgegebenen Kontexts hier nur bedingt.

Das Album ist eine subjektive Aufarbeitung der schon lange vor Februar 2022 existierenden Konflikte in der Ukraine. Sie kann und soll jedoch nicht die eigene kritische Auseinandersetzung mit der Thematik ersetzen. Aber wenn „Gates Of Europe“ auch nur eine musikalische Ermutigung dazu ist, sich dieser paneuropäischen Krise (wieder) mehr bewusst zu werden, haben ROME damit viel erreicht.

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01.10.2023

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1 Kommentar zu Rome - Gates Of Europe

  1. ultra.silvam sagt:

    Grandioses Projekt/Band. Live wie auf Platte, und mit diesem Album hat ROME eine ernste aber ehrlich und aufrichtige Platte abgeliefert. „EUROPE IS MOTHER TO US ALL!“

    9/10