Tómarúm - Ash In Realms Of Stone Icons

Review

Soundcheck Mai 2022# 2

Die Werke von Mariusz Lewandowski dürften sicher innerhalb der Metal-Szene nicht ganz unbekannt sein. Seine Illustrationen zieren u. a. Cover von Bands wie ATLANTEAN KODEX, BELL WITCH oder auch HUMANITY’S LAST BREATH. Und er hat auch das Cover des hier vorliegenden Vollzeitdebüts der US-Amerikaner TÓMARÚM kreiert, das auf den Namen „Ash In Realms Of Stone Icons“ hört und nach der durchaus positiv aufgenommenen EP „Wounds Ever Expanding“ schon einer gewissen Erwartungshaltung standhalten muss. Das Cover sagt natürlich noch nicht viel über die Qualität der Musik hierhinter aus, aber es dient zumindest schon mal als effektiver Eyecatcher, um zumindest mal ein Ohr zu riskieren. Und wer das tut, entdeckt ein Black-Metal-Album, das mit einer straffen Death-Metal-Note und vereinzelten Tech-Schwüngen ausgestattet ist, im Kern jedoch klar als Black-Metal-Album erkennbar ist.

Zwischen Hochdruck und Melodie

Der Name der Band stammt aus dem Isländischen und bedeutet so viel wie „leerer Raum“. Das scheint irgendwie ironisch in Anbetracht der Tatsache, dass das Kernduo bestehend aus Kyle Walburn und Brandon Iacovella ihren Sound eigentlich sogar ziemlich lebhaft ausgestalten, so sehr, dass man den Herren zumindest in rein musikalischem Kontext keine depressiven oder anderweitig fatalistischen Attribute zugestehen möchte. Ein Hauch isländischer Kälte weht hier und da zwar mal durch den Äther, ebenso weisen die Melodien eine tiefe Moll-Einfärbung auf, gerne auch mal durch Instrumente wie Cello oder Klavier untermalt. Doch der hohe Grad an Aggressivität sorgt dafür, dass die Songs mit reichlich Nachdruck appliziert werden und nicht in den Depri-Black-Metal-Blues verfallen.

Es bleibt also schön druckvoll, teilweise gar auf dem rasenden Level von HELFRÓ beispielsweise im Rausschmeißer „Awake Into Eternal Slumber“, wobei TÓMARÚM hier ihren Sound schon öfter atmosphärisch und/oder kompositorisch aufbrechen, sei es durch ergänzende Instrumente wie die eben genannten oder eben melodische bzw. rhythmische Abzweigungen. Es gibt hier durchaus überraschendes zu entdecken, z. B., um mal beim Rausschmeißer zu bleiben, Dur-Akkorde, die im Mittelteil zum Einsatz kommen und einer Oase gleich für erbauliches Feeling sorgen. Es gibt zugegeben auch Momente, in denen speziell die Klavier-Begleitung mal etwas zu dick aufträgt, wie in „As Black Forms From Grey“, wo das Geklimper besonders plakativ anmutet, aber den Song zum Glück nicht dominiert – es ist wirklich nur eine Passage, die hier sauer aufstößt.

Eine abwechslungsreiche Tour de Force

Ein weiterer, ausgesprochen positiver Aspekt von „Ash In Realms Of Stone Icons“ ist die Produktion, die Schwarzmetall-Puristen wahrscheinlich zu klar und modern sein dürfte, angesichts dessen, was jenseits von Distortion abgeht, aber absolut notwendig war (den Embed sollte man allerdings nicht als repräsentativ ansehen, Youtube-Kompression und so). Ein sumpfiger Sound hätte die reichhaltigeren Momente bzw. die vielschichtigeren Arrangements wahrscheinlich unnötig verwaschen, zumal der raumgreifende Sound über die lange Gesamtspielzeit von immerhin einer Stunde ganze Arbeit in puncto Hörbarkeit leistet. Nicht nur das, es ist auch sowohl druckvoll als auch transparent. So hört man die durchaus technischen Basslinien richtig gut heraus, mal ganz davon abgesehen, dass es richtig kracht.

Gesanglich wechseln sich heiseres Gekeife und gutturale Growls ab mit vereinzelten Klargesangspassagen, die in unregelmäßigen Abständen eingestreut werden. Man findet diese hauptsächlich in der zweiten Albumhälfte, z. B. in „Where No Warmth Is Found“, wo das Duo gleich mal mit fantastischen, mehrstimmigen Gesangsarrangements brilliert. Etwas regelmäßiger werden atmosphärische Passagen mit Post-Black-artigen Gitarrenleads wie in „Condemned To A Life Of Grief“ oder perlende Klavier-Ostinati wie in „Where No Warmth Is Found“ eingestreut, was zeigt, dass TÓMARÚM die Dynamik ihres Sounds über die Gesamtspielzeit hinweg vorbildlich managen. Diese Passagen sind nicht zwangsläufig ruhig, aber durchaus willkommene Pole der Harmonie zwischen den aggressiveren Parts.

TÓMARÚM bestehen die Vollzeit-Feuerprobe

Am Ende hört sich „Ash In Realms Of Stone Icons“ wunderbar in einem Stück weg, und das trotz seiner enormen Spielzeit. TÓMARÚM stecken einfach so viel Detailliebe und Variation in ihren Sound hinein, halten ihn aber doch direkt und viszeral, sodass er stets mit Nachdruck verabreicht wird. Wenn man bedenkt, dass die Band hier gerade mal ihr Vollzeitdebüt veröffentlicht, ist das, was sie mit „Ash In Realms Of Stone Icons“ vorzuweisen hat, schon schwer beeindruckend. Die Herren treffen fast durchgehend die richtigen Töne und liefern ein atmosphärisches, abwechslungsreiches und trotz Hang zur Überlänge erfrischend direktes Black-Metal-Album, dass doch mit Musikalität vollgestopft ist. Man merkt die Tech-Death-DNA in Form von PROLIFERATION zwar schon deutlich heraus, aber das hilft ja letzten Endes nur, um noch mehr Druck und damit mehr Zwang aufzubauen. Insofern haben die US-Amerikaner hier alles richtig gemacht.

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01.05.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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4 Kommentare zu Tómarúm - Ash In Realms Of Stone Icons

  1. Watutinki sagt:

    Starkes Teil, danke für den Tipp!

  2. nili68 sagt:

    Musikalisch habe ich auch nichts auszusetzen, einzig der Mainzelmännchen-Faktor bei den Screams ist mir etwas zu hoch.

  3. Dor Leo sagt:

    Ich mag ja diesen Kram eigentlich ganz gern. Vorweg, schlecht find ich es auch nicht.
    Die 3 Vorabsongs find ich trotz Tech-Sparte reichlich überladen und vllt auch deswegen zu lang. Komm wir hauen mal soviel wie möglich in den Song rein dient dem selben mMn nicht.
    Die Songs sind für mich irgendwie nicht greifbar. Über die volle Distanz mag ich gar nicht gehen, da ist von allem etwas zuviel drin.

  4. Vlad_the_Impala sagt:

    Hat verdammt viel Potential, will aber noch zu viel auf einmal. Wirkt noch zu unfokussiert, auch wenn es musikalisch der etablierten BM-Szene den ein oder anderen Arschtritt verpasst..
    Auf einem Nachfolge-Album könnte man hier „Großes“ leisten. Das hat Power, das hat Talent, den modernen Sound, insgesamt wenig „Baustellen“, .. bisschen Feinschliff und Reduktion und etwas mehr Abwechslung hie und da..

    8/10 wäre es mir dennoch wert..

    8/10