Live-Kultur der Zukunft:
Back to normal oder alles anders?

Special

Grafik Überschrift Open Air

Kehrt der Festivalsommer 2022 zurück?

Noch im vergangenen Jahr gingen wir alle davon aus, dass die Pandemie 2021 besiegt sei. Ein Trugschluss, wie sich später zeigt und doch sind die Veranstalter der großen und mittelgroßen Festivals hierzulande optimistisch, was die Zukunft angeht. Klare Aussagen wie von der Kämpfermentalität des Party.San-Teams werden weniger drastisch, aber dennoch überzeugend auch von anderer Stelle geäußert. So lässt uns Achim Ostertag von den Summer-Breeze-Veranstaltern Silverdust wissen: „JA! Daran werden wir weiterhin arbeiten und nicht locker lassen, wenn es darum geht den Diskurs und die Kooperation mit Politik und Behörden zu suchen.“ Ans Aufgeben ist also nicht zu denken.

Ob wir allerdings ohne Hygienekonzepte unbeschwert feiern können, wird sich noch zeigen müssen. Da sind sich vorerst alle Veranstalter einig. Eine Einschränkung, die den Optimismus Richtung „back to normal“ etwas bremst. Denn ein Hygienekonzept und entsprechende Maßnahmen bedeuten gleichzeitig steigende Kosten für die Infrakstruktur von Events. Dazu kommt, dass Festivals wie das Rockharz ohnehin seit Jahren einer nach oben steigenden Preisspirale ausgesetzt sind: „Wir werden eher im Produktions- und Personalbereich Kostensprünge erleben. Einiges steht ja bereits fest, wie Tariferhöhungen, sprich auch steigende Mindestlöhne. Da steigt ja alles mit. Dann Energiepreiserhöhungen und so weiter.“ Sollte die Pandemie also tatsächlich unter Kontrolle oder gar besiegt sein, lauern auch ohne Kaffeesatzleserei Kosten, die irgendwie aufgefangen werden müssen.

Werden Open-Air-Events zum Luxus?

„Wenn Kultur zum Luxusgut wird, sollten wir uns von der Gesellschaft, wie wir sie jetzt noch kennen, verabschieden.“ (Jarne Brauns, Party.San)

Es ist eine der zentralen Fragen, die sich bei aufdrängt: „Wer soll das eigentlich alles bezahlen?“. Es stimmt, dass sich die Ticketpreise schon seit Jahren merklich erhöhen. Doch kommt es zu einer Preisexplosion? Bei den Veranstaltern ist man zumindest bemüht, ein faires Angebot zu schaffen, das es allen möglich macht, Festivals zu besuchen. Eine verbindliche Aussage lässt sich aber freilich nicht treffen, da niemand die finanziellen Auswirkungen heute schon wirklich absehen kann. Wer zum Beispiel in diesem Jahr das vom Wacken Open Air veranstalte Bullhead City besuchen möchte, sieht sich mit Service-Gebühren von über 50 Euro konfrontiert, die im Ticketpreis von 250 Euro für drei Tage eingerechnet sind. Ein Preis, der für viele jüngere Festivalteilnehmer kaum tragbar sein dürfte – insbesondere, weil das Camping mit weiteren 99 Euro zusätzlich ins Gewicht fällt.

Dennoch kein Grund zur Sorge, meinen die von uns befragten Veranstalter. Das Summer Breeze fährt ohnehin schon seit Jahren eine Strategie der Angebotsvielfalt, die den unterschiedlichen Besuchergruppen gerecht werden soll. Die Prämisse dabei bleibt: „Wer möchte, darf sich gerne mit Zusatzangeboten eindecken. Aber der Besuch unseres Festivals soll allen Menschen möglich sein.“ Etwas pragmatischer sieht es das Rockharz Open Air, das auf die Selbstregulierung des Marktes zählt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Konzerte so exklusiv werden, dass der Rockstar nur noch vor einer handvoll Superreicher spielen möchte. Bands lieben es, vor vielen Menschen zu spielen.“ Und hierin liegt vielleicht die Hoffnung für die Zukunft . Ob dies aber in den kommenden zwei bis drei Jahren der Fall ist oder sich der Einzelne eventuell maximal eines der größeren Events im Jahr leisten kann, bleibt abzuwarten.

Eine Chance für den Underground?

Es gibt zahlreiche Faktoren, die die Livebranche künftig beeinflussen. Ob kurz-, mittel- oder langfristig. Die Festivals werden sich neuen Herausforderung stellen müssen, was aber auch Chancen bietet. So zeigte sich schon 2020 und auch in diesem Jahr, dass kleinere Events auch in Pandemiezeiten durchführbar sind. Das Wolfzeit Festival und das Fimbul Festival seien hier als einheimische genannt, die vergangenes und dieses Jahr an den Start gehen konnten.

Dabei zeigt sich, dass verstärkt kleinere Bands die Chance haben, sich auf einer großen Bühne zu zeigen. Selbst wenn sich die Pandemiesituation hierzulande entspannt, kann der Reiseverkehr abhängig von regionalen Ausschlägen weiter beeinträchtigt sein. Mit sowohl positiven als auch negativen Einflüssen auf die Gestaltung der Billings – auch bei Großevents. Zwar nicht langfristig, aber doch zumindest kurzfristig könnten sich neue Türen für talentierte junge Bands öffnen.

Davon abgesehen bleiben sich alle Veranstalter einig, dass Großevents eine Zukunft haben und wir hoffentlich bald wieder auf den hiesigen Äckern zum Feiern antreten – in welchem Maße, bleibt abzuwarten. Obwohl finanzielle Hilfeleistungen anscheinend bei den Großen der Branche ankommen, fehlt es anderer Stelle. So geht man nicht nur beim Rockharz Open Air von einem Fachkräftemangel als Folge der Krise aus, da sich viele Branchentätige beruflich umorientieren. Ein „back to normal“ scheint am fernen Horizont möglich. Doch die Pandemie hinterlässt wohl ihre Spuren.

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21.08.2021

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7 Kommentare zu Live-Kultur der Zukunft: - Back to normal oder alles anders?

  1. Andi sagt:

    Ich verstehe die Naivität einerseits, dass alles so werden wird wie früher und andererseits die Heuchelei mancher Involvierter (Veranstalter, Musiker und Musikjounrnalisten sowie Fans) angesicht der sich abzeichnenden totalitären Züge im politischen System nicht. Ständig wird etwas von Solidarität gefaselt – Solidarität mit Wem? Mit Biontech/ Pfizer? Ich sage euch wie es laufen wird. Ab nächstem Jahr gibt es nur noch Zutritt für Geimpfte auf Konzerte (Impfung alle 6 Monate) und eine Ausgrenzung all jener, die sich nicht impfen lassen wollen, oder aus gesundheitlichen Gründen nicht können. Dass passiert ja jetzt schon. Dazu wird es nach wie vor „Hygienkonzepte“ geben, deren Einhaltung das indivudelle und gemeinsame Live-ERLEBnis nahezu unmöglich machen. Der „Metal“ bzw. die „Szene“ zeigt seit einem Jahr ihr komplettes Versagen, indem sie politische Propaganda kritiklos nachplappert. Früher stand Metal für Eigenständigkeit, Rebellion und Individualität – heute für Duckmäusertum und Speichelleckerei. Ich verabschiede mich entgültig.

  2. Norskvarg sagt:

    was schlägst du denn vor? hört sich ja so an, als hättest du die ultimative lösung. wir stecken mitten in einer pandemie, ich behaupte so etwas hat keiner von uns jemals mitgemacht. es fehlt uns also an erfahrung, doch wir werden lernen … eines ist jedoch sich, ganz egal ob geimpft oder nicht, unser leben welches wir vor corona lebten, wird es nicht mehr geben. eigenständigkeit und rebellion ist ja ganz schön, aber nicht wenn menschenleben auf dem spiel stehen. da sollten wir alles tun, dass menschen geschützt werden. wahrscheinlich denkst du anders darüber, wenn menschen aus deinem umfeld oder du selbst davon betroffen bist. niemand weiß welche mutationen da noch entstehen & selbst wenn man geimpft ist, gibt es keine totale sicherheit keinen schweren verlauf zu haben oder zu sterben. wir sind im krieg, gegen einen gegner den wir nicht sehen können, der wandelbar ist … dagegen müssen wir uns zu wehr setzen und unsere einzige wirksame waffe ist neben der impfung im moment vorsicht und rücksicht. da manche menschen wie kleine kinder ageiren, müss man sie an die hand nehmen und sagen was sie dürfen und was nicht. dies geht so lange, bis wir bessere waffen haben, den unsichtbaren feind zu besiegen. was bringt es konzerte zu veranstalten, die dann zum superspreaderevent werden?

  3. der holgi sagt:

    @norskvarg

    ….folge ich deinen Gedanken, muss ich eine Form von „Diktatur“ installieren, die uns vor all dem bewahrt, was uns Corona beschert.
    Denn, Corona wird nicht verschwinden, wird immer mutieren, und wir werden immer daran erkranken können, uU gar sterben.
    An dieser Erkenntnis führt leider kein Weg vorbei.

    Was in den vergangenen 1,5 Jahren getan/unterlassen wurde, hatte mMn gute Gründe, und sicherlich war all das nicht immer auch sinnvoll, wir wissen Stand heute sehr viel mehr über Corona.

    Die Frage also ist; was wollen wir an Rechten abgeben, und zwar auf unbestimmte Zeit, darum geht es letztlich. Diese Frage muss demokratisch gelöst werden, eingedenk aller Pro und Contras.

    Ein anderes Szenario kann ich mir übrigens auch vorstellen; durch fortwährende Eingriffe in Freiheitsrechte ist es denkbar, das eine allgemeine Abstumpfung/Duldung Boden gewinnt, die es wiederum mit sich bringt, das eine Mehrheit diese Eingriffe nicht mehr als problematisch erachtet, das jedoch dient dann gewiss als Blaupause für noch kommende grosse Aufgaben die es zu lösen gilt, und hier wird es für mich gruselig….

  4. Interkom sagt:

    Die Regierung ist so totalitär und egdy, die lässt sich sogar abwählen. Die Gerichte arbeiten nach ersten Irritationen zu Beginn auch wieder normal und kippen unrechtmäßige Gesetze. Ohne erschossen zu werden. Ich fürchte hier sind durch die lange Dauer einige Verhältnisse verschoben.

    Und nur weil Mikrochips zur Gehirnkontrolle in der Impfung ist, soll man die verweigern? Selbst wenn es war wäre – setze ich dem entgegen: „Hallo Alexa, bitte Xavier Hildmann Stream öffnen.“ Für Kontrolle brauchen wir keine Politiker oder Impfungen. Das schaffen wir schon von selbst ganz gut alleine.

  5. nili68 sagt:

    Die Frage ist auch, welche Bedeutung man einem Menschenleben beimisst. Ich habe mal einen Artikel gelesen (weiß nicht mehr), wo gesagt wurde, „meine Freiheit ist wichtiger als dein Leben.“ Das klingt natürlich nicht sehr solidarisch, wirft aber dennoch die Frage auf, ob Menschenleben um jeden Preis immer an erster Stelle stehen. Man kann auch der Meinung sein, dass Menschen lieber sterben sollen, wenn die Alternative eine Diktatur (mehr oder weniger) ist. Da geht es nicht darum, das Virus zu verharmlosen, die Pandemie zu leugnen oder so, sondern einfach um Prioritäten.
    Klar dass man nicht durch die Gegend läuft und andere anhustet, um seinen Standpunkt klar zu machen. Bei dem Thema Impfpflicht regt sich bei mir allerdings schon eine gewisse Gegenwehr, sage ich mal. Das ist IMO noch was anderes als die AHA-Regeln.
    Ich tendiere fast dazu, einfach gar nichts zu machen, jeder schützt sich nach Bedarf selber, und der Natur ihren Lauf zu lassen. Klar, wenn man krank wird verursacht das Kosten, aber wir behandeln ja auch Raucher, Alkoholiker usw…
    So ganz überzeugt bin ich (natürlich als Laie) vom Erfolg der Impfung, bzw. etwaigen Nebenwirkungen, Langzeitfolgen usw. auch noch nicht. Die meisten hier werden aber keine Virologen sein, sondern entscheiden halt, wem sie glauben.
    So offensichtlich wie zu Zeiten der Pest, wo Leichenwagen durch die Straßen fahren, ist das ja nun nicht. Die meisten kommen mit dem Thema nur über die Medien in Berührung, wenn man mal ehrlich ist..

  6. dan360 sagt:

    Das Ding ist den Spagat hinzubekommen unter Berücksichtigung aller Faktoren, bspw. Wirtschaft, Soziologie, Psychologie etc. weil diese in gewisser Weise zusammenspielen und ein gutes Zusammenleben erst möglich machen. Und da seh‘ ich es so wie Nili.. würde behaupten, dass die meisten einfach medizinisch nicht die nötige Expertise haben und man sich mehr oder weniger entscheiden muss, wem man medial mehr berücksichtigt bzw. welche medialen Aussagen besser zum eigenen Denkmuster passen.
    Fr. Woopen, die Medizinethikerin, hat vor ein paar Wochen eine interessante Aussage getroffen, wie ich finde..
    „Keiner hat die Pflicht, überhaupt gar kein Risiko für andere Menschen zu sein. Dann dürften wir alle auch nicht Auto fahren. Es gebe aber die moralische Pflicht, auf die Gesundheit anderer möglichst gut aufzupassen und sie nicht willkürlich zu gefährden.“
    Was ich bemängel‘, ist die oft unglückliche Kommunikation der Politik in den letzten Monaten, habe dennoch im Hinterkopf, das eine Pandemie diesen Ausmaßes, in der heutigen Zeit noch nicht stattgefunden hat. Da passiert es zwangsläufig, dass man gewisse Entscheidungen, Widersprüche etc. kritischer hinterfragt.

  7. Nether sagt:

    Man wird sehen, wie es nächstes Jahr nach dem Winter sein wird. Das kann niemand voraus sehen.
    Auch weiß niemand welche garstigen Mutationen auftreten werden. Das wäre schlicht Spekulation.
    Ich war jedenfalls letztes Wochenende auf einem kleinen Festival (4 Bands, ca. 400 Besucher) und das Ganze nach Eintritt (3G) masken- und abstandsfrei.
    Nach einem anfänglichen leicht komischen Gefühl gab es keinen Unterschied mehr zu früheren Konzerten.
    90 Minuten Moshpit sind in meinem Alter zwar mittlerweile mächtig anstrengend, aber es tat mal wieder echt gut die Sau rauszulassen.