
Nightingale
Third Chapter – Der dritte Teil der Re-Release Serie
Special

Cover Artwork von NIGHTINGALE – „The Breathing Shadow“
NIGHTINGALE – “The Breathing Shadow” Re-issue
Um zu verstehen, warum es zu NIGHTINGALE kam, muss man sich mit EDGE OF SANITY und der besonderen Konstellation der Band beschäftigen. Denn diese barg Spannung in sich.
Die Spannung in EDGE OF SANITY
Ursprünglich als reine Death-Metal-Band gegründet, entwickelten sich EDGE OF SANITY im Lauf der Jahre beständig weiter und öffneten ihren Stil. Diese Öffnung hin zu mehr Melodie und Progression, das Integrieren von Genre-fremden Einflüssen, lag insbesondere an Dan Swanö. Seine Bandkollegen wollten hingegen beharrlich am ursprünglichen Stil festhalten. Das führte zunächst zu kreativen wie hochqualitativen Ergebnissen, legte aber auch die Saat für das Auseinanderbrechen der Band.
Der Gothic Rock, insbesondere THE SISTERS OF MERCY, sicher auch THE MISSION und THE CURE, sowie wenn auch zunächst weniger der Prog Rock, da natürlich MARILLION, hatten immer mehr Einfluss auf Dan. Als EDGE OF SANITY auf „The Spectral Sorrows“ die höchst eingängige Swanö-Komposition „Sacrificed“ brachten, stand die Death-Metal-Welt 1993 Kopf. Purer Gothic Rock auf einer Todesblei-Platte, da gab‘s noch nie! Dem folgte ein Jahr später auf „Purgatory Afterglow“ das Gitarrenorientierte Stück „Black Tears“. Ein Song dieses Stils je Album, mehr Raum schien nicht möglich. In Dan reifte die Idee, ein ganzes Album völlig frei von irgendwelchen Bandzwängen und limitierenden Erwartungen von Fans seiner Hauptband zu machen. Ein neues musikalisches Betätigungsfeld, um seiner Kreativität freien Lauf zu lassen.
Mit NIGHTINGALE der Kreativität freien Lauf lassen
Neben EDGE OF SANITY gründet Dan Swanö NIGHTINGALE, damals als reines Soloprojekt. Dan übernimmt Gesang, Gitarre, Bass, Keyboard und (zunächst) Drumcomputer. In einem kreativen Lauf werden die Songs im Januar 1995 von Swanö im Alleingang innerhalb von gerade einmal sieben Tagen in seinem Unisound Studio komponiert, aufgenommen und gemischt. Das Ergebnis erhält den Namen „The Breathing Shadow“ und erscheint im Frühjahr desselben Jahres.
Das Debütalbum „The Breathing Shadow“
Trotz des düsteren Cover Artworks mit blutroten Totenschädeln findet sich auf „The Breathing Shadow“ nicht eine Note Death Metal. Mit deutlich mehr Mut zu Melodie, einem klaren Bekenntnis zum Keyboard als gleichberechtigtem Instrument, durchweg klarem, melodischem Gesang und einem Hang zu düsterer Melancholie atmet das Debütalbum insbesondere viele Einflüsse des Gothic Rocks. Der Progressive und Hard Rock späterer Alben findet hier eher untergeordnet Raum. NIGHTINGALE und Swanö sind noch auf einer musikalischen Erkundungsreise, einer Selbstfindungsphase.
Der Charakter eines spontanen, ungekünstelten Soloprojekts ist auf „The Breathing Shadow“ hörbar. Insbesondere natürlich der künstliche Klang des verwendeten Drumcomputers aber auch die teils mit viel Hall unterlegten Gitarrenlinien tragen zum eigentümlichen Charme des Albums bei. Die Songs selbst sind eingängig schlicht und gleichzeitig elegant wie wirkungsvoll. Insbesondere die einprägsamen, zauberhaften Melodien sowie die charakteristische Stimme von Swanö tragen die atmosphärisch dichten Kompositionen.
Vom stimmungsvollen Opener „Nightfall Overture“ über das verträumte, dichte „Sleep“, das melancholisch-schwungvolle Achtziger-Goth-Stück „The Dreamreader“, zur MARILLION-Verbeugung „Higher Than The Sky“. Im weiteren Verlauf entwickelt sich „The Breathing Shadow“ dann doch noch etwas stärker Richtung Hard Rock und Melodic Metal wie im schmissig-einprägsamen „Gypsy Eyes“. Hier zeigt sich unter dem Banner NIGHTINGALE noch einmal eindrucksvoll das Talent von Swanö, vielseitige Stile gekonnt miteinander spannend, schlüssig und flüssig zu verweben und eingängige, fast schon poppige Hooks zu zaubern.
Das die „The Breathing Shadow“-Geschichte in den folgenden Jahren immer wieder aufgegriffen wird, unterstreicht den besonderen Stellenwert des Debütalbums für NIGHTINGALE.
Die Unterschiede zum Original von „The Breathing Shadow“
Die Originalaufnahmen wurden wie bisher auch von Swanö remastert, was in erster Linie mehr Druck und Lautstärke bringt. Für die Doppel-CD gibt es zusätzlich Remix-Versionen von sechs Albumtracks, die klanglich wie dynamisch eine Steigerung und mehr Transparenz bringen. Das ändert auch etwas am Charakter der Stücke, gerade „Sleep“ wirkt so deutlich düsterer. Weiter gibt es hier als Bonus einige bisher unveröffentlichte Schätze für Fans: Drei Live-Aufnahmen aus den Jahren 2010 und 2012 in besserer Bootleg-Qualität und drei Demoversionen. Eine sinnvolle Abrundung dieser Wiederveröffentlichung.
Mit „The Breathing Shadow“ war nicht nur ein Anfang gemacht. Dan Swanö überraschte die EDGE OF SANITY Fans vor genau 30 Jahren mit einer stimmungsvollen, atmosphärisch dichten wie spannenden Mischung von Gothic Rock / Melodic Rock mit großen Melodien trotz spontanem Charakter. Swanö verwirklichte Ideen, die bei seiner Hauptband so nicht umsetzbar gewesen wären.
NIGHTINGALE werden sich in Folge zu einer echten Band, unter anderem mit Dans Bruder Dag, wandeln und ihren Stil weiter in Richtung Progressive und Melodic Rock entwickeln.
7/10 Punkte
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Markus Endres
































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