Black Stone Cherry
Interview mit Jon Lawhon und John Fred Young zu "Folklore And Superstition"

Interview

Das selbstbetitelte Debütalbum der Amerikaner BLACK STONE CHERRY konnte 2006 bereits einige Begeisterung hervorrufen. Seitdem befand sich die Band, die sich nach einer in den Staaten populären Billig-Zigarre benannt hat, nahezu nonstop auf Tour. Nun legt sie mit „Folklore And Superstition“ einen gelungenen Nachfolger vor, der ein weiteres Mal eine zündende Mischung aus verschiedenen Rockstilen beinhaltet. Grund genug, um nach Köln in das Hauptquartier ihrer Plattenfirma zu jetten, und dort mit Bassist Jon Lawhon und Schlagzeuger John Fred Young einen gemütlichen Plausch zu halten. Obwohl offensichtlich hungrig, sind die beiden bester Laune, und John Fred lässt es sich nicht nehmen, das Frage-Antwort-Spielchen erst einmal umzudrehen: „Woher kommst du?“ – „Aus Dortmund.“ In breitem Amerikanisch und mit ebenso breitem Grinsen antwortet der Drummer: „Wir sind aus Kentucky!“, wobei sich dies eher anhört wie „Keentaaggy“.

Black Stone Cherry

 

John Fred: Unsere Heimatstadt Edmonton liegt genau in der Mitte von Kentucky. Dort leben ungefähr 1500 Leute. Jon wohnt schon auf dem nächsten Hügel. Ich kann sein Haus nur sehen, wenn ich vor die Tür trete. Wenn ich Jon treffen möchte, rufe ich einfach den Hügel hoch.

Gestern hattet Ihr etwas Zeit, um Euch Köln anzuschauen. Was habt Ihr gemacht? Habt Ihr Euch das Endspiel der Fußball-EM angeschaut?

Jon: Zunächst haben John Fred, unser Gitarrentechniker Dave und ich uns den Kölner Dom angeschaut. Er ist wirklich beeindruckend! Wenn wir in Europa auf Tour sind, versuchen wir immer, so viel von den Städten und der Kultur mitzubekommen wie möglich. Am Abend sind wir essen gegangen. Überall waren Fußballfans. Die sind so ausgerastet, dass wir beschlossen haben, das Spiel besser im Hotel zu Ende zu gucken.

Na ja, letztlich hat das schwache Spiel der deutschen Mannschaft die Fans auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Aber jetzt zu BLACK STONE CHERRY: Ihr existiert seit 2001. Wie habt Ihr damals zusammen gefunden?

John Fred: Ich bin mit Chris (Robertson, Gitarrist und Sänger von BLACK STONE CHERRY) zusammen in die Schule gegangen. Jon ist aus Florida nach Kentucky gezogen als wir dreizehn waren. Und Ben (Wells, Gitarrist von BLACK STONE CHERRY) kommt aus der Nachbarstadt. Wir hatten von Anfang an einen Proberaum in dem Haus, wo früher schon die Country-Band meines Vaters, die KENTUCKY HEADHUNTERS, geprobt hatten. Das ist eine Scheune ohne Heizung, und du kannst dir vorstellen, wie kalt es dort im Winter ist. In den Sechzigern haben unsere Vorgänger in diesem Haus die ganzen Wände mit Postern tapeziert, mit diesen großartigen Bands, wie CREAM, MOUNTAIN, LED ZEPPELIN, und sogar JOE COCKER, ELVIS und CHUCK BERRY. Es ist wie ein Rock’n’Roll-Museum in den Wäldern. Und in dieser Umgebung haben wir während unserer Schulzeit jeden Tag geprobt.

Jon: Am Anfang haben wir auch Coversongs von LYNYRD SKYNYRD, ZZ TOP, den ROLLING STONES, CACTUS, MUDDY WATERS und FREDDY KING gespielt. Und es war einfach unglaublich, wenn man während der Proben von genau diesen großartigen Künstlern beobachtet wird.

Was unterscheidet Euch von diesen großen Rock-Bands? Wie würdet Ihr Euren Stil beschreiben?

John Fred: (wie aus der Pistole geschossen) Rock music! Einmalig! Wir spielen einfach Musik, ohne unbedingt wie diese oder jene Band klingen zu wollen. Wir haben so viele Einflüsse, von Blues, Motown, Country, Soul, Heavy Rock oder Classic Rock, ja sogar Jazz und Reggae. Ich würde schon behaupten, dass wir uns von anderen Bands unterscheiden.

Jon: Dadurch, dass wir in einer kleinen Stadt in Kentucky groß geworden sind, waren wir immer etwas isoliert und von den Fans abgeschirmt. Und die Trends interessieren uns nicht besonders. Insofern haben wir uns unsere Unabhängigkeit bewahrt.

2006 habt Ihr Euer selbstbetiteltes Debüt auf Roadrunner Records veröffentlicht. Wie waren damals die Reaktionen?

John Fred: Sehr gut! Wir haben allein in den Staaten 160.000 CDs verkauft, wir sind inzwischen zum vierten Mal in Europa, und touren durch acht Länder. Es ist einfach großartig, auf der Bühne stehen zu können und sich nach dem Konzert mit den Fans zu unterhalten. Im Grunde wissen wir einfach sehr gut, wie es sich als Fan anfühlt, plötzlich vor einem Idol zu stehen! Als wir vor ein paar Tagen zusammen mit DEF LEPPARD und WHITESNAKE in Wembley gespielt haben, sind uns Jimmy Page von LED ZEPPELIN und Richie Sambora von BON JOVI über den Weg gelaufen. Uns ist fast das Herz in die Hose gerutscht!

Jon: Jimmy Page ist einfach ein großartiger Kerl. Ich habe seine Hand geschüttelt und von Kopf bis Fuß gezittert.

Ihr habt ein neues Album im Kasten, „Folklore And Superstition“. Verglichen mit Eurem ersten Album: Was war diesmal bei den Aufnahmen anders?

Jon: Das erste Album nahmen wir in einem winzigen Studio in Kentucky auf und wir hatten nicht viele Möglichkeiten, Sachen auszuprobieren. Es war in gewisser Weise roher und geradliniger Rock’n’Roll, der dem Hörer zeigt, wer wir sind und wo wir herkommen. Für das neue Album sind wir in die Blackbird Studios nach Nashville, Tennessee, gegangen. Das Studio gehört der Country-Sängerin Martina McBride und ihrem Mann John. Es ist viel größer und hat durch teppichgroße Holzvertäfelungen einen unglaublich großen Klang, fast wie in einer Kirche. Das Verrückteste an diesem Studio ist aber, dass John McBride irgendwann beschlossen hat, jedes Teil an Musikequipment zu sammeln, das jemals produziert wurde: Eigentlich ist das kein Studio mehr, sondern vielmehr ein Museum…

Und inwieweit unterscheiden sich die beiden Platten musikalisch voneinander?

Jon: Vom Sound her haben wir nicht nur einen, sondern eher zwanzig Zähne zugelegt. Und das nicht nur durch das bessere Studio, sondern auch durch unsere Live-Erfahrung. Wir waren nach unserem ersten Album vier Mal in Europa und sind einmal quer durch die Vereinigten Staaten getourt. Wenn du jeden Abend vor Publikum stehst, wird nicht nur das Zusammenspiel der Musiker immer besser, sondern es fließt auch eine ganze Menge in das Songwriting mit ein.

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Der Titel von Eurem neuen Album heißt „Folklore And Superstition“. Das bedeutet, dass sich in die Lyrics diesmal Folklore und Aberglaube eingeschlichen haben?

John Fred: Genau. Es gibt in Kentucky einfach eine Menge Geschichten, die man sich erzählt. Zu einem Großteil verdanken wir es der Bluegrass-Musik, die sozusagen unsere Volksmusik ist, dass diese Geschichten nicht in Vergessenheit geraten. Viele Erzählungen stammen aus den Appalachen und wurden dann in den Liedern aufgegriffen. Und so haben sie dann Generationen überdauert. Weißt Du, wenn man die Geschichten mit einer Melodie kombiniert, ist es für Kinder doch viel einfacher, sich diese Texte zu merken. Und was wir machen, ist nicht viel anders. Wir lieben diese Art des Geschichtenerzählens.

Eine dieser Geschichten erzählt Ihr in dem Song „The Ghost Of Floyd Collins“. Wovon handelt diese Geschichte?

Jon: „The Ghost Of Floyd Collins“ handelt von dem Höhlenforscher Floyd Collins, der wirklich gelebt hat. Im Jahr 1925 ist er bei einer Höhlenerkundung verschüttet worden. Er konnte sich nicht mehr allein befreien. Am nächsten Tag wurde er von Freunden entdeckt, die ihm Essen brachten. Allerdings konnten sie ihn nicht aus dem engen Gang ziehen, weil er eingeklemmt war.

John Fred: Das Verrückte dabei war, dass Floyd Collins während seiner Gefangenschaft von einem Reporter interviewt wurde, der dafür schließlich den Pulitzer-Preis bekam. Außerdem kamen täglich mehrere Hundert Schaulustige, die man in die Höhle führte, während der arme Kerl eingesperrt war. Es war wie ein Zirkus!

Jon: Schließlich versperrte ein weiterer Steinsturz den Weg zur Unglücksstelle. Die Retter kamen drei Tage zu spät, nachdem Collins fast zwei Wochen in seinem Gefängnis dahinvegetiert war und schließlich an Erschöpfung und Hunger starb. Letztlich wurde eine Begräbniszeremonie veranstaltet, ohne dass der Leichnam geborgen war. Es ist eine lange Geschichte, die auch verfilmt wurde. Es ist einfach ein sehr anschauliches Beispiel für Geschichten aus Kentucky.

Unglaubliche Story! Hoffentlich gibt es in Kentucky noch viele solche Geschichten, über die Ihr Eure Texte schreiben könnt! Aber jetzt zu etwas Anderem: Wenn Ihr jetzt in die Staaten zurückkehrt, was sind Eure nächsten Projekte?

John Fred: Wir gehen erstmal für einen Monat mit SHINEDOWN und THEORY OF A DEADMAN auf Tour. Danach werden wir einen Videoclip für unsere erste Single „Blind Man“ drehen. Die Location liegt in Louisville, Kentucky, und heißt Waverly Hills. In den 1930er-Jahren war das ein Sanatorium für Tuberkulose-Patienten. Das ist völlig abgefahren, weil nicht wenige Leute meinen, dass es in diesem Gebäude spukt.

Jon: In den Staaten haben wir eine Fernsehserie, die „Ghost Hunters“ heißt. Darin werden Häuser, Schiffe oder Plätze aufgesucht, von denen es heißt, dass es dort Geister gibt. Das Team von Ghost Hunters untersucht diese Orte dann mit Wärmebildkameras und ähnlichem Equipment. Und weißt du, was sie rausgefunden haben?

Mach’s nicht so spannend…

Jon: Ich glaube, sie haben insgesamt 80 Orte untersucht, und Waverly Hills ist einer von drei Plätzen, wo sie sagen, dass es dort spukt! Sie haben da in den Gängen ihre Wärmebildkameras aufgebaut, und du siehst dann plötzlich, wie ein Mensch über den Korridor geht. Wohlgemerkt, mit dem menschlichen Auge war da gar nichts zu erkennen. Aber in jedem Raum von diesem Sanatorium sind so viele Menschen gestorben, wer weiß, vielleicht spukt es da ja wirklich!

Vielen Dank für das Interview! Es war sehr schön, mit Euch plaudern zu können. Die letzten Worte gehören Euch!

John Fred: Ich möchte mich bei den Fans bedanken, dass sie zu unseren Shows gekommen sind und dass sie sich für BLACK STONE CHERRY interessieren. Es ist einfach eine Ehre, hier nach Deutschland kommen zu dürfen! Und ich hoffe, dass jedem unser neues Album gefällt. Haltet die Augen offen, wir werden bald wieder auf Tour kommen!

Galerie mit 18 Bildern: Black Stone Cherry – Ol‘ Black Eyes is Back Tour 2019 in Berlin
09.08.2008

- Dreaming in Red -

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