Cellar Darling
Von eklektischer Spontanität und kalkulierter Planlosigkeit

Interview

Die Live-Umsetzung stelle ich mir bei den neuen Stücken etwas schwieriger vor als bei den alten. Es gibt einfach so viele Eindrücke. Habt ihr da schon Pläne gemacht, wie ihr das umsetzen wollt?

Ivo: Wir sind aktuell dran. Proben, üben, schauen, wie wir das umsetzen. Zumindest für einige Shows haben wir auch noch einen Keyboard-Spieler dabei, der uns aushilft. Wenn wir den nicht haben, müssen wir schauen, dass wir das hinkriegen. Da ist Anna dran. Ich versuche mich auch an Backing Vocals.

Anna: Ivo muss die BEACH BOYS-Chöre übernehmen.

Ivo: Genau.

Alle lachen.

Ivo: Wir haben jetzt nicht den Anspruch, dass es 1:1 wie auf CD sein muss. Meine Meinung ist: Es darf auch etwas anders sein.

Anna: Finde ich absolut auch, ja. Da haben viele Leute total verschiedene Sichtweisen. Viele Bands bringen ja ganz viel auf Band. Backing Vocals, Keys, Orchester, zusätzliche Gitarren. Für mich sind „live“ und „Album“ unterschiedliche Dinge. Ich will auf dem Album den Song so schön wie möglich gestalten, auch wenn das bedeutet, dass wir das live nicht genauso umsetzen können. Ich finde es live einfach cooler, wenn man gewisse Sachen weglässt und dafür wirklich live spielt. Aber das sehen viele Leute völlig anders. Ich glaube, man muss dann halt einfach liefern und die Show trotzdem geil gestalten.

Galerie mit 15 Bildern: Cellar Darling - Rockharz 2018

Jetzt mal zum Konzept dieses CELLAR DARLING-Albums. Das dreht sich um ein Mädchen, das in einer von Schmerz zerfressenen Welt umherwandert und unter anderem den Tod trifft. Könnt ihr uns das noch etwas näher darlegen?

Anna: Die Idee zu dem Konzept schien mir sehr spontan zu kommen, als hätte das Konzept sich plötzlich in meinem Gehirn manifestiert, aus dem Nichts. Aber ich glaube, das kreative Hirn arbeitet eigentlich konstant. Ich glaube, das war schon sehr lange in Bearbeitung und ich habe es dann irgendwann gemerkt. Dann wirkte so, als käme es aus dem Nichts. „Der Tod und das Mädchen“, das kennen wir alle aus der Literatur und der Kunst als eigentlich alten Begriff. Daraus wollte ich eine neue, von mir erfundene Geschichte gestalten. Das Konzept hat sich so wie die Musik entwickelt. Zuerst war nur die Idee da, von einem Mädchen, welches sich in den Tod verliebt.

Ich musste ein bisschen die Rolle einer Möchtegern-Autorin einnehmen und mich fragen, woher dieser Schmerz kommt, dass man sich tatsächlich in den Tod verliebt. Dann wurde diese Idee geboren, dass dieses Mädchen aus dem Schmerz der Welt geboren wird und wie eine Voodoo-Puppe den Schmerz der Welt widerspiegelt, und sich deshalb in den Tod verliebt. Der Tod belegt das Mädchen dann aber mit dem Fluch des ewigen Lebens, und sie kann deshalb nicht in das Totenreich zu ihrer Liebe gelangen. Das ist so die Outline der Story. Unsere Aufgabe war quasi, das musikalisch zu untermalen. Wie eine Oper, aber eben als Rockband.

Das Artwork hängt offensichtlich auch stark damit zusammen, denn es gibt zum Beispiel zu jedem Song ein eigenes Artwork. Wie viel davon stammt von euch und wie viel vom Künstler Constin Chioreanu?

Ivo: Wir kannten seinen Stil ja schon vorher. Wir haben schon mit ihm zusammengearbeitet, für das „Six Days“-Video zum Beispiel. Wir haben ihm einfach das Konzept und die Songs geschickt.

Anna: Genau. Nur die Lyrics, die Songs und das grobe Konzept. Das ist das Geniale an ihm, dass man ihm eben nicht so viel sagen muss.

Ivo: Das fanden wir auch wichtig. Dass der Künstler sich ausdrücken kann. Ich habe das Gefühl, wenn der Musiker versucht, zu viel Einfluss zu nehmen, kommt das nicht gut. Meine Überzeugung ist: Einen Künstler muss man machen lassen. Dann kommt es am besten. Bei ihm wussten wir schon, was er macht, und, dass es uns gefällt.

Anna: Wir wollten keine Bandfotos im Booklet und keine Band in den Videos, weil es etwas vom Konzept wegnehmen würde. Wir sind eigentlich so etwas wie die Überträger dieser Geschichte. Ich fände diese Vermischung komisch. Ich finde es besser, wenn die Geschichte wirklich lebt und diese Bilder kriegt, welche sie verdient hat. Wir sind einfach die Vermittler und sollen nicht visualisiert werden. Zumindest bei diesem Album. Beim nächsten Album ist vielleicht auf jeder Booklet-Seite Ivos Kopf.

Alle lachen.

Die Bottom Line ist also, „The Spell“ soll für sich selbst sprechen.

Ivo: Genau.

Anna: Absolut.

Bild Cellar Darling - The Spell Cover

„The Spell“ Albumcover

Wir, das heißt Anna und ich, hatten damals auch ein Interview zu „This Is The Sound“. Das war, nachdem innerhalb eines Jahres CELLAR DARLING gegründet wurde, das Album aufgenommen wurde, rauskam, und überhaupt ganz viel in kurzer Zeit passiert ist. Damals hast du gesagt, dass das alles fast ein bisschen an dir vorbei gegangen ist. Was hat sich seitdem für euch verändert? Wie ist nach der mittlerweile vergangenen Zeit so das Gefühl?

Ivo: Schwer zu sagen. Mit dem letzten Album waren wir ja unterwegs und haben getourt. Dann haben wir beschlossen, ein neues Album zu machen. Dann kamen wir nach Hause, haben geschrieben, gingen wieder weg für Konzerte, kamen wieder zurück, haben wieder geschrieben. Also der Übergang ist nahtlos.

Anna: Ja, eigentlich schon.

Ivo: Ich konnte noch gar nicht darüber nachdenken, wie ich mich fühle.

Anna: Ich auch nicht.

Also im Grunde wieder wie vorher.

Ivo: Genau. Aber nicht im negativen Sinn. Es geht einfach weiter. Es ist wie ein neuer Abschnitt, ein sehr wichtiger Abschnitt. Beim ersten Album hatten wir keine Ahnung, was uns erwartet, von den Reaktionen her, von den Konzerten, und so weiter. Jetzt haben wir eine Ahnung, und jetzt müssen wir darauf aufbauen. Wir sind sehr, sehr gespannt, was passiert. Es fühlt sich fast an, wie das erste Album.

Anna: Ja, auf eine Art schon.

Ivo: Auf eine Art haben wir eine Ahnung, dass die Leute uns mögen. Aber auf der anderen Seite haben wir keine Ahnung, was jetzt auf uns zukommt.

Anna: Wir sind halt auch in einer speziellen Situation. Wir sind keine neue Band, die sich ein Publikum von null aufbauen muss. Wir haben die Fanbase der vorherigen Band teilweise mitgenommen. Aber wir machen völlig andere Musik. Jetzt müssen wir so ein bisschen unseren Platz finden, und wir müssen vor allem die Leute erreichen, die auf diese Musik stehen, aber noch nie von uns gehört haben. Irgendwie fängt man wieder von vorne an, aber doch nicht. Es ist auch ein bisschen eklektisch, von der Geschichte her.

Habt ihr das Gefühl, dass immer noch irgendwie verglichen wird? Schließlich ist ja schon ein Album von CELLAR DARLING draußen, das ganz anders ist, als alles von ELUVEITIE. Hängt einem das immer noch nach?

Ivo: Ich glaube, schon weniger als beim ersten Album.

Anna: Genau.

Ivo: Ich glaube, mehr kann ich eigentlich gar nicht dazu sagen. Ich beschäftige mich nicht zu sehr damit. Ich orientiere mich nach Kommentaren auf Youtube und Facebook. Die Vergleiche mit der alten Band haben abgenommen. Deswegen denke ich, das verschwindet langsam. Aber das ist ja auch OK, ist ja irgendwie klar. Wir wollen ja nicht unsere alte Band leugnen, gar nicht. Aber wir machen jetzt neue Musik. Wir wollen die Leute erreichen, die uns mögen. Die, die uns nicht mögen, müssen uns nicht hören.

Anna: Das Prinzip ist sehr einfach.

Habt ihr von eurer Seite denn noch was hinzuzufügen?

Ivo: Lassen wir das Album sprechen! Das ist unser Motto.

Dann mal vielen Dank!

Beide: Danke dir!

Seiten in diesem Artikel

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Quelle: Anna Murphy und Ivo Henzi, Cellar Darling
15.03.2019

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