Dead Of Winter
Interview mit Frontman Schizoid zu "At The Helm Of The Abyss"

Interview

DEAD OF WINTER veröffentlichten mit „At The Helm Of The Abyss“ das wohl bislang kompromissloseste Black-Metal-Album der Geschichte. Ihre Musik polarisiert absolut und neben einigen verrückten Anhängern hat sie bestimmt auch viele verständnislose Feinde. Leider wird es auch nur bei dem einen Album bleiben, denn wie man vor kurzem auf der offiziellen Bandhomepage nachlesen konnte, haben sich DEAD OF WINTER aufgelöst. „At The Helm Of The Abyss“ wird also das einzige offizielle Blast-Only-Album der Kanadier bleiben. Trotzdem habe ich ihren Fronter Schizoid per Mail kontaktiert und nach einigen weiteren Messenger-Gesprächen überreden können, ein kleines, aber feines (und mitunter auch leicht schräges) Interview über sich ergehen zu lassen.

Dead Of Winter

Hallo Schizoid. Dieses Interview wirft schon einen etwas seltsamen Schatten, denn gerade fing ich an, mich in die unbändige Energie eures ersten offiziellen Albums „At The Helm Of The Abyss“ einzufühlen, flattert auch schon die Meldung rein, dass sich DEAD OF WINTER aufgelöst haben. Was war der ausschlaggebende Punkt und warum so plötzlich?

Um ehrlich zu sein bin ich mir da selbst gar nicht so sicher… eine echte Antwort darauf kann ich dir nicht geben. Das Ganze ist immer noch sehr frisch und Grund sind die berühmten „unüberbrückbaren Differenzen“ unter den Mitgliedern. Das ist dann auch schon alles, was ich dir darüber sagen kann.

Ich muss zugeben, noch nie zuvor ein solch kompromissloses Black-Metal-Album wie „At The Helm Of The Abyss“ gehört zu haben. Gegen DEAD OF WINTER verkommen solch (eigentliche) Blast-Beat-Fetischisten wie zum Beispiel DARK FUNERAL zu mickrigen Milchbubis.
Weshalb hat man von euch und dem Album bisher noch nicht soviel gehört? War die Welt noch nicht bereit für ein derartiges Inferno?

Wir haben niemals wirklich damit gerechnet, dass es überhaupt irgendwelche nennenswerten Reaktionen auf das Album geben wird, umso mehr freuen wir uns über Rezensionen wie von dir. Wir waren als Band immer unter uns, und haben uns nie um irgendeine Szene gekümmert. Sogar in unserer lokalen Szene waren wir wie Außenseiter und haben uns auch den anderen Bands nicht verbunden gefühlt. Ich glaube, sowohl hier als auch im Rest der Welt hat unsere Musik die Leute verstört. Es ist nicht die Art von Musik, bei der man fröhlich beisammen ist. In dieser Hinsicht waren wir also erfolgreich mit unserer Musik, denn genau das war die Absicht dahinter. Unsere Inspirationen zeigten uns, was sie taten und warum sie es taten, und wir teilten diese Vision, ein musikalisches Inferno in seiner puren Essenz und durch alle mental und physisch möglichen Mittel zu entfachen. Irgendwann gelangten wir an einen Punkt, an dem diese Inspirationen nicht mehr relevant waren, und wir dort weitermachen wollten, wo sie versagt hatten.

Was wolltet ihr mit dem Album ausdrücken? Ich meine, die Anteile auf der Scheibe, die nicht im Blast-Tempo gespielt sind, kann man an einer Hand abzählen. Ganz blöde Frage: Was soll das?

Wie schon angedeutet, ging es uns bei unserer Musik um das Negative, in all seinen Facetten. Wir waren einfach vier Bekloppte, die nicht das Rad neu erfinden wollten, sondern einfach vier Black Metaller, die so extrem wie möglich spielen wollten. Jedes Riff wurde genauestens abgestimmt, alle Texte auf Herz und Nieren überprüft, damit nicht weniger als 100% ungezügelte dunkle Energie dabei herauskommt. Die Botschaft dahinter? Töte dich selbst. Töte andere Menschen. Verursache nichts als Leid und Elend auf dieser Welt. Tue das, was du willst.

Es gab vor „At The Helm Of The Abyss“ bereits eine inoffizielle Veröffentlichung. „Abandon All Hope“ aus dem Jahre 2003. Soweit ich das mitbekommen habe, ist die Scheibe nie wirklich erschienen. Was hatte es damit auf sich und gibt es die Chance, irgendwie an den Stoff ranzukommen?

Diese Veröffentlichung entstand zu einem sehr merkwürdigen Zeitpunkt für die Band. Die Band war vorläufig auf Eis gelegt, aber wir hatten einiges Live-Material in petto. Nachdem wir bei einem Heavy Metal Radio gespielt hatten, konnten wir einen Bootleg von der Aufnahme ergattern. Sie wurde im hauseigenen Studio gemacht, und nachdem wir bereits seit vier Jahren unterwegs waren und bis dahin keine Veröffentlichung zustande gebracht hatten, war diese CD ein Beispiel unseres Schaffens, ein Abbild dessen, wo wir uns musikalisch befanden. Auf dieser CD sind vier frühe Versionen von Songs, die es letztendlich auf „At The Helm…“ geschafft haben, sowie vier weitere, die bis dahin noch nicht aufgenommen waren. Wenn diese CD eins verkörpert, dann einen Tribut an unsere frühe Zeit, als wir noch zu dritt unterwegs waren. Sie wird niemals für die Öffentlichkeit zugänglich sein, obwohl du sie mit etwas Glück im Internet finden könntest. Kümmer dich nicht weiter drum… „At The Helm…“ ist das, wofür DEAD OF WINTER stehen.

Nach der Auflösung DEAD OF WINTERs wird es für einige von euch sicherlich weitergehen. Wo treibt euch die musikalische Zukunft hin und was dürfen wir erwarten? Wieder einen Stich mitten ins Herz oder doch etwas braver?

Alle Mitglieder haben ihre Pläne, was die Zukunft betrifft:

Abyssious (Schlagzeug) wird weiter die Felle versohlen, derzeit in der Band LIGHT AM I. Mephisto (Gitarre) hat eine ganze Stange an unterschiedlichen Projekten am Laufen. Hexenhammer (Bass) ist momentan in der technischen Death-Metal-Band HORDE OF WORMS und darüber hinaus als DRIFT solo unterwegs, sowie auch mit einem neuen Black-Metal-Projekt beschäftigt. Typhon (ex-Gitarrist) lebt jetzt im westlichen Kanada und singt bei GLORIA DIABOLI wo auch ehemalige Mitglieder von RITES OF DEGRINGOLADE und GODLESS NORTH zu finden sind. Kaehl (Ex-Bassist) wurde nach seiner Verhaftung und Verurteilung 2005 in einer medizinischen Anstalt untergebracht und hofft auf eine Freilassung in diesem Sommer.

Und was machst du in Zukunft? Sind bereits Labelverknüpfungen getätigt? Ist eine Veröffentlichung in Aussicht?

Schon vor „At the Helm…“ war ich mit neuen Songs beschäftigt, und 2006 habe ich weitere Songs geschrieben, die auf dem zweiten Album landen sollten. Diese und andere Songs, die ich seit der Auflösung geschrieben habe, werde ich unter dem Namen „The Schizoid“ veröffentlichen. Momentan befinde ich mich immer noch in der Schreibphase, und versuche momentan alles in die Wege zu leiten, um dieses Projekt Realität werden zu lassen. Mein langzeitiges Industrial-Nebenprojekt SCHIZOID wird zwar weiter bestehen, aber momentan gebührt meine volle Kreativität und Leidenschaft dem ungezügelten und rohen Black Metal. Das THE SCHIZOID-Album ist jetzt halbfertig, mit vielen ersten Demosongs, und dem Arbeitstitel „Pariah“. Es wird im wesentlichen dort ansetzen, wo DEAD OF WINTER aufgehört haben. Über Einzelheiten weiß ich selbst noch nicht Bescheid, aber ich habe vor, mir einige Sessionmusiker für die Aufnahmen und Live-Auftritte heranzuholen. Mehr dazu in den nächsten Monaten…

Kanada beherbergt immer mehr gute Black-Metal-Bands. Kannst du ein paar empfehlen?

Meine DEAD OF WINTER Mitstreiter könnten das vermutlich besser beantworten, als ich, da einige von ihnen sich sehr gut mit kanadischem Extrem-Metal auskennen. Einige Bands, die mir einfallen, sind BLASPHEMY, FUNERAL FOG, HELLACAUST, VOLKURAH und W.O.L.D. Es gibt nicht sehr viele nennenswerte Black-Metal-Bands in unserer Gegend, deshalb bin ich da wohl etwas überfragt. Außerhalb des Black Metals gibt es noch WOODS OF YPRES, T.O. MURDER SQUAD und DEMONIAC. Ich bin nicht so der Konzertgänger, deshalb hab ich keine Ahnung, wer da draußen alles unterwegs ist.

Was bedeutet dir Black Metal? Einfach nur Musik oder steckt mehr dahinter?

Elend. Verachtung. Ekel. Tod. Extreme. Rache. Schmerz. Weisheit. Obskures. Kampf. Verrat. Selbstzerstörung.
Es ist viel mehr, als nur Musik. Jeder, der uns persönlich kennt, und mit unseren persönlichen Geschichten der letzten sieben Jahre vertraut ist (Verhaftungen, Gewalt, Aufruhr) weiß nur zu gut, wie real das für uns ist.

Findest du die heutige Black-Metal-Szene in Ordnung oder fehlt dir etwas?
Immer mehr Kids hören dunkle Musik und somit wird dem Black Metal langsam aber sicher der Underground-Status entzogen, bzw. er wurde ihm schon längst entzogen. Gut so oder Verrat?

Ich denke, jede Musikrichtung und -szene hat ihren Anteil an Opportunisten und jenen, die das Genre wirklich verstehen. Meiner Meinung nach ist der wahre Verrat am Geist des Black Metals diese Diskussion, was nun Underground ist, und was nicht. Nichts dergleichen, keine Band, unsere nicht ausgenommen, haben je für das Leben und das Universum etwas bedeutet, und werden es auch nicht tun. Die Kenner der Musik und des Lebensgefühls wissen, was originell ist und was nicht, und je näher man sich damit befasst, sieht man, welche Bands nur Schein sind, und welche es todernst meinen. In Anbetracht dessen hab ich kein Problem damit, das Black Metal immer mehr Gehör findet – Ich denke, jede Bewegung mit satanischen, negativistischen und nihilistischen Ideologien und Kunstformen ist eine „positive Entwicklung“ mit negativer Ausrichtung. Gießt Öl in das Feuer des apokalyptischen Infernos auf Erden!

Ich bedanke mich bei dir und wünsche dir für deine neuen Taten viel Glück!

29.06.2007

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