Farsot
Im Interview mit 3818.w

Interview

Farsot

Nach vier Jahren haben FARSOT den Nachfolger zu „IIII“ veröffentlicht. „Insects“ präsentiert sich dabei gereifter und entspricht doch dem typischen Sound der Thüringer. 3818.w erzählt was in der Zwischenzeit alles passiert ist und warum vier Jahre eben doch keine lange Zeit für die Entstehung eines Albums sind.

 

Mit „IIII“ habt ihr vor vier Jahren mächtig aufhorchen lassen und beinahe durch die Bank weg positive Kritiken bekommen. Jetzt war es vier Jahre ziemlich still um euch. Warum hat es so lange gedauert, bis jetzt mit „Insects“ der Nachfolger erscheint?

Nun, ich denke, dass das Maß an Zeit, welches sich farsot. gewöhnlich für neue Outputs nehmen, auch dieses Mal nicht sonderbar überschritten wurde, wenn man sich nebenbei noch einmal unser Gründungsjahr und die Output-Dichte bis zum heutigen Tag anschaut. Wir lassen ein Album gerne erst einmal wirken, gewinnen etwas Abstand vom Songwriting- und Recording-Prozess, welcher doch auch zehren kann, und spielen uns in diesem Sinne auf Tour oder diversen Einzelgigs Gigs „frei“ von jeglichem Kopfballast. Auch sonst sind wir die Jahre über mit allerlei anderen Dingen privater Natur beschäftigt, welche einfach nicht mehr zulassen. Diesen Umstand bewerten wir übrigens als positiv für den Reifeprozess und den sehr mit Herzblut behafteten Werdegang eines jeden Stückes.

Um direkt bei „Insects“ zu bleiben. Ihr habt dieses Mal mit Markus Stock im Studio E aufgenommen. Wie waren die Aufnahmen? Gab es große Unterschiede zu der Arbeit mit V. Santura (u.a. DARK FORTRESS, TRIPTYKON)?

Wir hatten mit Viktor damals ein super Zeit. Sicherlich waren die Studioumstände – vor allem hinsichtlich der Räumlichkeiten – damals noch sehr experimentell, hehe, jedoch konnte sich das Ergebnis wahrlich sehen lassen und die Produktion passt nach wie vor absolut zum Material des Debüts. Da wir einfach vom Grundsatz her ungern Wiederholungstäter sind, wollten wir für das zweite Album etwas anderes probieren, was dann in der Zusammenarbeit mit Markus Stock resultierte. Die lokale Anbindung hatte dabei einen großen Vorteil, und wir wussten, dass das Studio E gerade den metallischen Zuwachs in unserem Sound entsprechend gut widerspiegeln konnte. Auch Markus ist ein absolut umgänglicher Typ, der mit der nötigen Ruhe und Erfahrung ausgestattet ist. Daraus resultierend verlief die Zeit dort absolut zufriedenstellend, und wir konnten abermals hochzufrieden ein Studio verlassen.

Als allererstes ist mir aufgefallen, dass eure Texte diesmal auf Englisch sind. Zum Inhalt später mehr, aber warum habt ihr diesen Schritt gemacht, reichte die deutsche Sprache nicht mehr, um euch auszudrücken, oder gibt es dem Klang der Songs eine andere Note?

Ehrlich gesagt haben wir auch nie bewusst oder zielgerichtet die deutsche Sprache eingesetzt. Es hatte sich damals einfach so ergeben. Bereits in den Grundzügen des Songwritings zu „Insects“ stellte sich jedoch heraus, dass sich deutsche Lyrics einfach mit der doch sehr schroff-kantigen Ausrichtung des neuen Klanges suboptimal ergänzen würden. Ebenso hätte das lyrische Spektrum in deutscher Niederschrift arg gewöhnungsbedürftige Textzeilen erfordert, die auch bei Abwägung sämtlicher Synonymmöglichkeiten uns nicht zufriedengestellt hätten. Von daher war es für uns eine sehr kleine und einstimmige Entscheidung…

„IIII“ wurde damals, meiner Meinung nach zurecht, als ziemlicher Geheimtipp gehandelt. Für „Insects“ habt ihr euch mächtig Zeit gelassen und sicher einen Reifeprozess durchlaufen. Kann man das musikalisch irgendwo festmachen, sprich kannst du erklären, wo die Unterschiede zwischen eurem Debüt und dessen Nachfolger liegen?

Wir haben auf „Insects“ noch stärker auf den jeweiligen Song an sich geachtet. Auf Schlüssigkeit und den jeweils spezifisch-eigenen Charakter. Ebenso standen Reduktion und Detailausbau in einem ständigen Dialog, was uns im Endeffekt ermöglichte, weitere Tiefen und Dynamiklandschaften in die Stücke einfließen zu lassen. Ich denke, gerade die Einhörphase dürfte bei den meisten Hörern stark nach oben gestiegen sein, ohne dass ihnen dabei allzu komplexes Material vorgesetzt wurde. Oberstes Credo war stets die perfide Umsetzung des lyrischen Gedankenguts in die Atmosphäre der Songs.

 

Ich denke, etwas, das spätestens bei eurer zweiten Demo „042103 Freitod“ klar wurde, ist, dass ihr einen hohen Anspruch an eure eigenen Kompositionen habt, was sicher eine lange Arbeitszeit einschließt. Wieviel Zufriedenheit empfindet ihr beim Endergebnis von „Insects“?

„Insects“ ist in seiner Art eigentlich das Werk geworden, welches wir uns in unseren Visionen zurechtgelegt hatten. Dass es im Endeffekt jedoch einen derart erdig-kalten und unnahbar-erdrückenden Gesamtcharakter aufweist, hätten wir nicht unbedingt erwartet. Neben unseren Input stimmten aber zum Glück auch die meisten Begleitumstände, auf die man nicht immer hundertprozentigen Einfluss haben kann.

Textlich beschäftigt ihr euch immer mit dem Menschen, zwar aus unterschiedlichen Perspektiven, aber doch immer mit einem Bezug dazu. Wenn ich das richtig verstehe, geht es auf „Insects“ um den Menschen als Insekt. Kannst du das etwas näher erklären?

„Insects“ zieht einen Vergleich zwischen dem Menschen, der sich selbst zur „Krone der Schöpfung“ erhebt und den Insekten, die er zum Ungeziefer degradiert. Hierbei werden rund 400 Millionen Jahre der Entwicklung einer in verschiedenster und mannigfaltigster Art ausgeprägten Spezies, der Geschichte einer erst 200.000 Jahre jungen Rasse gegenüber gestellt und Bilanz gezogen. Das Album stellt Fragen, wer das eigentliche Ungeziefer ist, der Schädling, der den Planeten systematisch, wie eine Plage biblischen Ausmaßes zugrunde richtet, und welche der beiden Spezies die besseren Voraussetzungen zum Überleben hat.

Da ich mir bis jetzt noch kein finales Urteil über „Insects“ gebildet habe (die Fragen entstanden vor der Rezension, Anm. d. R.), ich denke das Album braucht etwas mehr als zwei, drei Durchläufe, nehme ich mir jetzt mal einen Punkt heraus, den ich in diversen Foren zu lesen bekam. Dort werdet ihr von verschiedenen Leuten mit DARK FORTRESS und SECRETS OF THE MOON verglichen bzw. eine gewisse Ähnlichkeit festgestellt, bewertet wird das übrigens völlig unterschiedlich. Wie steht ihr selbst zu solchen Aussagen?

Naja, wir gehen subjektiven und oft voreingenommenen Forendiskussionen eigentlich sehr gern mit Ignoranz aus dem Wege. Subtile Ähnlichkeiten an der ein oder anderen Stelle lassen sich heute leider kaum vermeiden. Meist ist dies einfach auch den Produktionen geschuldet, welche anno 2011 und folgend insgesamt doch ein sehr hohes Qualitätslevel mit oft leider etwas dahinschmelzendem Eigenheits- bzw. Unikatcharakter aufweisen. Hörer, die Alben wie „Privilegivm“, „Ylem“ oder „Insects“ jedoch wirklich anhören und kennen, werden die ureigenen Stilistiken und Ausrichtungen zu schätzen wissen und gar nicht erst in Frage stellen.

Es gab ja auf eurem Facebook-Profil einige Diskussionen um das Cover-Artwork, da es wohl schon von einer anderen Band verwendet wurde. Ich finde das Artwork im Übrigen sehr stimmig, aber ich frage mich doch, wie eine Band es bewertet, wenn solche Dinge zu Diskussionen führen und zu einem Thema gemacht werden. Klar spielt die Hülle auch eine Rolle, aber sollte nicht der Inhalt eher überzeugen? Oder kannst du etwas Unmut dahingehend schon verstehen?

Gab es da wirklich eine nennenswerte Diskussion? Nun, von diesem doch sehr amüsanten Zufall haben wir erst spät erfahren, und nach Betrachtung der genaueren Umstände ist uns dieses Thema eigentlich egal, da zum einen die Cover doch grundverschieden sind, musikalisch keine Nenner zu finden sind und uns zudem noch tausende Kilometer trennen. Das Cover ist in unserem Fall auch nur als ein Teil des Gesamt-Artworks zu sehen. Genauso gut, hätte also ein anderer Bestandteil auf der Front seinen Platz finden können. Das Zusammenspiel von Artwork und Musik hat aber in der Tat bei uns einen (in der Tat oder wahrscheinlich) höheren Stellenwert als bei manch anderen Musikern. Wir produzieren für uns ein Gesamtwerk, konzipiert in jedem Detail. Ein „Laissez-faire“-Handeln bei nur einer Sache wäre ein derber Motivationskiller…

Noch mal kurz zur Musik. Etwas, das mir aufgefallen ist und bei dem ich noch nicht sicher bin, ob es mir sonderlich gefällt, ist, dass ihr kopflastiger wirkt. „IIII“ hatte einen spontaneren, ungestümen Charakter. Hat das etwas mit dem Reifeprozess als Band zu tun oder auch mit dem Älterwerden?

Hmm, das als Künstler zu beurteilen, ist schier unmöglich. Ich kann nur versichern, dass auch in das neue Material extrem viel Spielfreude und Spontanität eingeflossen sind. Nicht zuletzt bietet uns die Möglichkeit des klassischen Proberaum-Arrangierens (und oft auch Schreibens) das stetige Fallenlassen in Vibes, das Experimentieren mit ungeplanten Kombinationen und einfach den Spaß als musizierendes Kollektiv in umgebender LAUTstärke.Vieles ist wirklich bewusst so zu hören, wie es im Songwriting beabsichtigt war. Die emotionale und stilistische Abkehr von „IIII“ ist also weniger ein natürlicher Fortschreitungsprozess, sondern gezieltes Kalkül. Die Reife, die du angesprochen hast, hat uns in diesem Fall geholfen, diverse Vorhaben noch besser umsetzen zu können.

 

Ihr habt zwischen den beiden Alben zwei Touren gespielt. Wie waren dort die Erfahrungen? Mich würden hier gerade wirklich positIve, aber natürlich auch negative Erfahrungen interessieren. Und gab es Unterschiede zwischen den Touren?

Im Endeffekt waren beide Touren wirklich klasse. Wir hatten das große Glück, mit musikalisch und menschlich wirklich großartigen Truppen unterwegs sein zu dürfen. Viel gelernt haben wir natürlich auf beiden. Die erste Reise war noch eine große Herausforderung, da dieser tägliche Stress und die von uns verlangte Professionalitätsroutine etwas Ungewohntes darstellten. Diverse Bus- und Aftershowgelage ließen solche Dinge aber auch wieder schnell in den Hintergrund treten, haha. Die zweite Tour mit DARK FORTRESS und SERPENTCULT lief da schon entspannter ab. Hier machten uns zweitweise lediglich die Unannehmlichkeiten des Winters („Ey, der Bus steckt fest…!“) oder die Grippeepidemie in Nightliner (…erkläre mal dein Leiden in einer Prager Apotheke!) das Leben etwas schwerer. Dem Spaß hat es aber keinen Abbruch bereitet, und wir haben wirklich jeweils tolle Locations in sehr interessanten Städten bereisen dürfen.

Jetzt ist „Insects“ erschienen – und was nun? Gibt es schon konkrete Pläne für Live-Auftritte, vielleicht auch eine komplette Tour?

Wir haben diverse Einzelbookings für die nächsten Monate bestätigt oder stehen noch in den Verhandlungen. Checkt dafür einfach regelmäßig unsere Facebook-Seite oder die Label-Gemächer. Wir würden uns auf jeden Fall freuen, wenn noch ein vernünftiges Tourangebot dazu kommen würde! 2012 ist für eine stärkere Live-Präsenz vorgemerkt, und es wird uns eine Ehre sein, dem ein oder anderen Hörer das Album live vorstellen zu dürfen! Parallel wird es trotzdem im stillen Kämmerlein Arbeiten zu künftigem Material geben. Ansätze und Pläne diesbezüglich sind jedenfalls schon in vollem Gang.

Um mal einen Blick auf Dinge abseits von „Insects“ zu richten. Wie viel Musik-Hörer steckt denn noch in euch? Man hört öfters, dass Bandmitglieder ihre Klassiker haben und sich kaum noch für Neuveröffentlichungen interessieren. Wie sieht’s da bei euch aus? Verfolgt ihr noch das Geschehen, besucht Konzerte und kauft neue Alben?

Absolut! Wir sind riesige Musikfans, wir wissen, woher wir kommen, und wir würden – nur auf der einen Seite der Medaille liegend – schlichtweg verhungern. Neuerscheinungen werden genauso beäugt, wie auch permanent in den mannigfaltigsten Genres nach bereits erschienenen Perlen gestöbert wird. Wir verdanken dem Alter die Öffnung, den Verlust der Engstirnigkeit und Unvoreingenommenheit… der musikalische Horizont kann wirklich nur eines… wachsen!

Daran anschließend, was waren eure favorisierten Konzerte und Platten der letzten zwei Jahre?

Da wir alle zwar einen gewissen Grundnenner teilen, aber jeder sich irgendwo in eine eigene Richtung entwickelt hat, gebe ich Dir an dieser Stelle einfach kurz einen nicht nummerierten Abriss einiger meiner Favoriten (was die Erinnerung so auf die Schnelle hergibt, haha)

Live:     RUSH, KYLESA, CAVALERA CONSPIRACY, TRIPTYKON, VIRUS, GHOST, SCORPIONS

Platten: OPETH- Heritage, JANE’S ADDICTION- The Great Escape Artist, TRIPTYKON- Eparistera Daimones, KATHARSIS- Fourth Reich, MASSIVE ATTACK- Heligoland, ALICE IN CHAINS- Black Gives Way…, ASCENSION- Consolamentum, HEXVESSEL, Dawnbearer


Ich denke, damit sind wir durch. Ich danke euch an dieser Stelle für die Zeit. Die letzten Worte überlasse ich an dieser Stelle natürlich euch.

Dir und den Lesern da draußen, vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Vielleicht sieht man sich ja mal live… Ansonsten: Scheibe kaufen und fleißig rotieren lassen!

Galerie mit 6 Bildern: Farsot & ColdWorld - Prophecy Fest 2019
29.11.2011

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