Flame, Dear Flame
"Wir sind nicht plötzlich eine Classic-Rock-Band geworden."

Interview

Zu den beiden Teilen des Albums: Seht Ihr keine Gefahr eines Bruchs innerhalb des Albums? Beide Teile, also „The Millenial Heartbeat“ und „The Wolves And The Prioress“ sind ja in sich abgeschlossen und klingen, zumindest aus meiner Sicht, auch sehr unterschiedlich, obwohl natürlich klar die gleiche Band am Werk ist.

David: Das war uns eigentlich von Anfang an klar, dass das passieren würde. Das Songwriting bei FLAME, DEAR FLAME funktioniert halt ausgehend von diesen narrativen Ideen, die wir rüber bringen wollen. Das bedeutet, wir haben in der Regel ein mehr oder weniger ausgearbeitetes Konzept, was die Songs erzählen sollen, bevor wir die eigentliche Musik schreiben. Klar beeinflusst sich beides gegenseitig. Mal hat man Riffs oder andere musikalische Ideen und sagt: „Ok, das würde gut zu diesem oder jenen Moment passen.“ Dann kann auch die Musik die Story beeinflussen. In der Regel lassen wir uns aber von dem leiten, was wir erzählen möchten. Die Geschichte hinter „The Wolves And The Prioress“ ist vom Grundprinzip eine komplett andere als die von „The Millenial Heartbeat“, weswegen uns auch klar war, dass wir da musikalisch ganz anders herangehen müssen um das Thema umzusetzen. Du hast Recht, dass es das auf eine gewisse Weise schwierig macht. Wenn du eine Band noch nicht kennst und hast ein Debüt-Album in der Hand, erwartest Du als Hörer, dass diese Band sich darauf in gewisser Weise definiert. Einige Bands schaffen das schon mit ihrem Debüt-Album hervorragend, was eine echt große Leistung ist, da andere dafür vier, fünf, sechs Alben brauchen. So gesehen haben wir es gar nicht richtig versucht. Für mich als Musiker finde ich das aber super spannend, weil ich Dir zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht sagen kann, wie das nächste Album von FLAME, DEAR FLAME klingen wird. Da kann viel passieren und ich glaube da wird auch viel passieren. Für den Hörer ist das natürlich herausfordernd, der sich gerade an einen gewissen Sound gewöhnt hat und auch eine gewisse Erwartungshaltung hat, die wir möglicherweise enttäuschen. Für mich ist das aber die spannendere und ehrlichere Weise Musik zu machen.

Um den Unterschied zwischen beiden Teilen mal etwas konkreter zu machen: Für mich klingt „The Wolves And The Prioress“ leichter, weniger düster und weniger metallisch als „The Millenial Heartbeat“. Seht Ihr das auch so?

Martin: Das würde ich von Part zu Part unterscheiden. Bezogen auf die gerade veröffentlichte Single, also „The Wolves And The Prioress Part I“, denkt man sich womöglich, nachdem man die erste Single („The Millenial Heartbeat Part I“, Anmerk. d. Verf.) gehört hat: „Moment, was ist das denn jetzt?“ Es geht sehr sehr ruhig, fast schon folkig los. In den letzten zwei Dritteln schlägt der Song aber natürlich schon in die Kerbe von „The Millenial Heartbeat“. Ich finde „The Wolves And The Prioress“ ist insgesamt vielseitiger, würde aber nicht pauschal sagen, dass er weniger düster oder deutlich leichter wäre. Stellenweise ja, definitiv – meines Erachtens aber auch deutlich abwechslungsreicher. Wie David schon sagt, haben wir außerdem selber noch keine Ahnung wo die Reise künftig hin geht. Für uns klang es einfach rund und wir finden, dass auch – gerade wenn man sich „Part II“ und „Part IV“ anhört – genug härterer Metal enthalten ist und wir immer noch ins Genre passen, jetzt nicht plötzlich eine Classic-Rock-Band geworden sind.

David: Unsere Musik ist in der Regel nicht dafür gemacht, sich einen einzelnen Song anzuhören, sondern eher das ganze Album oder wenigstens die ganze A- oder die ganze B-Seite am Stück. Bei „The Millenial Heartbeat“ funktioniert es noch ganz gut, da stehen die einzelnen Songs noch ein wenig mehr für sich. Bei „The Wolves And The Prioress“ habe ich wirklich das Gefühl, dass eine Bewertung als einzelne Songs nicht möglich ist. Beispielsweise ist die ganze Idee hinter „Part III“ ein Aufbau hin zu „Part IV“. Er hat den Sinn und Zweck, den Kontrast zu dem darzustellen, was in „Part IV“ passiert. Man kann sich also natürlich „Part III“ anschauen und sagen: „Oh, das ist aber sehr folkig, sehr wenig düster.“ Aber das Problem dabei: Was ist düster, wenn du nie das Gegenteil von düster machst? Daher ist das unser Versuch, über diese kompletten vier Songs diese Bandbreite auszuschöpfen. Wir wollen uns also nicht immer im düsteren bewegen, oder immer mit der fetten Gitarrenwand dabei sein, sondern fragen uns, wie diese heftigen, düsteren Parts noch mehr als solche wirken können, indem man sie mit dem Gegenteil kontrastiert.

Flame, Dear Flame Bandfoto

Woher kamen eigentlich die Ideen zum Konzept hinter „The Wolves And The Prioress“, was sind die Hintergründe dazu und warum habt Ihr es letztlich so gewählt?

David: Darüber habe ich letztens auch nachgedacht und muss ganz ehrlich sagen: Ich weiß es gar nicht mehr genau. In der Regel funktioniert es bei mir aber so, dass ich irgend ein Bild im Kopf habe. Das habe ich dann vielleicht ein halbes Jahr oder ein Jahr im Kopf und gehe letztlich von dort aus. Welches Bild das bei „The Wolves And The Prioress“ war, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Eine Szene bzw. eine Lyric-Zeile und ein Gefühl, was ich damit verbinde, wird aber der Auslöser gewesen sein und hat sich von dort eben weiter verzweigt. Eine Vorlage oder lyrische Inspiration könnte ich dir aber nicht nennen.

Es bleibt also dabei, dass bei Euch immer erst einmal ein Thema, das lyrische Konzept steht und sich daraus die Musik entwickelt?

David: Ich weiß nicht, was beim nächsten Album passiert. Es kann auch sein, dass wir sagen, wir wollen von hier aus musikalisch mehr in diese oder jene Richtung gehen und wir müssen dann inhaltlich etwas finden, womit sich diese Richtung umsetzen lässt. Es könnte also auch durchaus so herum funktionieren.

Die Grundideen kommen dabei immer von Dir, David oder kann das auch mal ganz anders aussehen?

David: Die Konzepte hinter „The Millenial Heartbeat“ habe ich damals noch zusammen mit meinem Bruder entwickelt, der am Anfang noch Teil der Band war. Die narrativen Ideen hinter „The Wolves And The Prioress“ stammen auch weitgehend von mir. Die Texte schreibe ich entsprechend auch, weil es mir wichtig ist, dass sie quasi aus einem Guss sind, insbesondere da die Texte sehr metaphorisch gehalten sind, man viel zwischen den Zeilen lesen muss. Das wäre vermutlich ungemein schwieriger umzusetzen, wenn verschiedene Leute an diesen Texten mitarbeiten würden. Wir sammeln aber für unseren nächsten Output alle Ideen, die in der Band vorhanden sind. Das muss also nicht zwangsweise wieder auf meinen Mist gewachsen sein.

Ihr habt es vorhin selbst schon angesprochen: Mittlerweile seid Ihr wieder nur noch zu viert. Soll es künftig nur noch mit einem Gitarristen weiter gehen?

Martin: Wie ich vorhin ja schon sagte ist es uns sehr wichtig, dass wir alles was wir aufnehmen auch live reproduzieren können. Wir haben außerdem das Konzept, dass wir wenige, aber dafür ausgefeilte und – profan gesagt – liebevoll gestaltete Shows spielen wollen. Die Besucher sollen also wirklich aus dem Konzert gehen und sagen: „Wow, das war ein krasser Auftritt.“ Oder kurz gesagt: Qualität statt Quantität. Dazu gehört eben auch, dass alles auf der Bühne live gespielt wird, abgesehen vielleicht von etwas Vogelgezwitscher oder Wellenrauschen, was dann vom Band kommt. Wir wollen eine ehrliche Live-Band sein. Entsprechend gehört dazu dann auch, dass ein zweiter Gitarrist dazu stößt. Wie sich das genau gestaltet können und wollen wir momentan noch nicht planen, da die Live-Situation momentan einfach noch zu unsicher ist. Alle naselang werden Festivals und Konzerte angekündigt und wieder abgesagt. Deshalb legen wir uns im Augenblick noch nicht fest. Das Thema hat also gerade keine Priorität, über kurz oder lang wird aber auf jeden Fall wieder ein fünftes Bandmitglied dazu kommen. Höchstwahrscheinlich timen wir das dann zusammen mit dem nächsten Album.

David: Die nächsten Konzerte sind planmäßig für den September 2022 angesetzt, bis dahin müssen wir also jemanden gefunden haben.

Es sind also Konzerte von FLAME, DEAR FLAME in der Pipeline, Ihr plant aber bereits nicht mehr mit diesem Jahr?

David: Genau. Fest stehen bislang das Storm Crusher Festival in der Oberpfalz und das Stygian Pilgrims Festival in unserer Heimatstadt Braunschweig, beide finden aber eben erst im nächsten Jahr statt.

Galerie mit 45 Bildern: Flame, Dear Flame - Stygian Pilgrims 2023

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Quelle: Interview mit David Kuri und Martin Skandera / Flame, Dear Flame
21.07.2021

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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