Long Distance Calling
Interview zu "Avoid The Light"

Interview

Musik pur mit unwahrscheinlich vielen Einflüssen, aber ohne Kompromisse. So könnte man den Sound von LONG DISTANCE CALLING wohl am besten beschreiben. Instrumental gehen sie zu Werke und abgesehen vom Gastgesang bei einem Track bleiben sie ihrem Motto treu. Nun haben die fünf Jungs mit „Avoid The Light“ nachgelegt und wir haben nachgehakt worum es geht, wieso es geht und wie es weiter geht. Doch lest selbst.

Long Distance Calling

Hallo erst einmal und Gratulation zum neuen Album. Wie ist das allgemeine Befinden, welche Gefühle tun sich auf, jetzt da die Veröffentlichung von „Avoid The Light“ praktisch vor der Haustür steht?

Vielen Dank erst mal für die Nachfrage. Uns geht es prima, wir freuen uns auf den 24.04., wenn die neue Platte endlich in den Läden steht. Die Wartezeit zwischen Studio und VÖ ist immer schlimm.

Was sagt das musikalische als auch das familiäre, freundschaftliche Umfeld zu Eurem neusten Werk?

Ehrlich gesagt sind die Reaktionen überwältigend. Man selbst steckt ja viel zu tief drin um sein eigenes Album als Band wirklich beurteilen zu können, man kann immer nur versuchen das Beste zu machen, zu dem man im Stande ist. Sowohl unsere engen Freunde als auch Familien und befreundeten Bands haben uns mit positivem Feedback überschüttet, so was tut natürlich gut.

Gar nicht lange her, da seid Ihr mit einem Paukenschlag quasi aus der Versenkung aufgetaucht.
Im Jahr 2007 gab es mit „Satellite Bay“ eine große Überraschung, denn was Ihr da geboten habt war ja schon großes Kino. Was habt Ihr in der Zwischenzeit getrieben, abgesehen vom kreativen Werkeln an „Avoid The Light“?

Wir haben ja alle normale Jobs oder studieren, also eigentlich ein ganz normales Leben gelebt.
Ich persönlich hatte ein tolles Jahr 2008 weil ich Vater geworden bin, was mir wirklich gut tut. Ansonsten haben wir viel live gespielt und versucht uns als Band musikalisch und menschlich noch
näher zu kommen. Aber nicht, dass das hier falsch verstanden wird, haha.

Das aktuelle Werk ist nun wirklich alles, nur nicht langweilig. Worin liegen Eurer Meinung nach die Stärken und vielleicht auch versteckte Schwächen? Ist es das, was Ihr haben wolltet? Was ist in Deinen Worten der Unterschied zum Vorgänger?

Gute Frage…klingt jetzt vielleicht doof, aber ich habe bis jetzt noch keine wirklichen Schwachpunkte entdeckt. Natürlich fällt einem nach den Aufnahmen immer ein paar Kleinigkeiten auf die man hätte anders machen können aber eben nicht müssen. „Avoid The Light“ ist genauso geworden wie wir und das Album vorgestellt haben. Der Unterschied zu „Satellite Bay“ ist einfach, dass die neuen Songs wesentlich „bunter“ und dynamischer sind, mehr Electronica, mehr Metal, mehr Rock, mehr von allem. Wir sind diesmal viel selbstbewusster an die Sache herangegangen.

Link: Long Distance Calling

Wie ist der Songwriting-Prozess bei Euch abgelaufen? Arbeitet Ihr mehr im stillen Kämmerchen oder wie läuft das bei Euch ab? Demokratisch? Oder gibt’s eine musikalische Diktatur?

Wir sind wohl das was man eine Basisdemokratie nennt, das ist manchmal sehr anstrengend, führt oft aber zum besten Ergebnis. Alle in der Band sollen 100% zufrieden sein, erst dann wird es ein LDC Song. Wir schreiben unsere Songs seit Beginn der Band eigentlich immer nach der Regel: es gibt keine Regeln. Fast alles entsteht meist spontan im Proberaum beim Jammen. Ab und zu bringt jemand eine Grundidee oder einfach nur ein Lick oder Riff mit und dann stürzen wir uns drauf und Spielen das so lange bis es uns kickt, ich denke daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

„Avoid the light, the sun’s in sight, the undead should be sleeping….“ Als alter PANTERA-Fan kommt mir diese Zeile aus dem gleichnamigen PANTERA-Song direkt in den Sinn. Wie seid Ihr denn auf den Titel gekommen?! Dracula-Fans? Oder seid ihr blutleere Musikanten? Oder doch per Zufall?

Erwischt….noch im Studio haben wir fieberhaft nach dem perfekten Albumtitel gesucht und eines Abends nach den Aufnahmen haben wir dann im Hotel eine „Best-Of Pantera“ gehört und auf einmal war da dieser Song vom Dracula Soundtrack. Wir haben uns angeschaut und waren uns alle einig: das isses!

Wo ist das fehlende Grad bei „359°“ hin? Was wollt Ihr damit ausdrücken? Und direkt daran anschließend, was habt ihr mit dem „Small World Phenomenon“ von Stanley Milgram zu schaffen? Schließlich habt ihr diesem Herrn ebenfalls ein Stück gewidmet.

Das fehlende Grad liegt in unser aller Leben, in unserem Alltag. Egal wie gut man sich gerade fühlt, man weiß genau das es irgendetwas gibt, sei es auch noch so klein, was doch nicht perfekt ist. Egal wie gut du dich fühlst, du weißt irgendwas wird wieder passieren, dass dir die Laune vermiesen wird.
Und eigentlich ist das ja gut so, Zufriedenheit ist der Tod des Verlangens, oder wie heißt es so schön?
Die Geschichte mit Stanley Milgram ist einfach spannend. Jeder kennt das, wenn man sich denkt: „Meine Herren, wie klein die Welt doch ist!“. Jeder kennt jeden über ein paar Ecken und manchmal ist das erschreckend und manchmal großartig.

Ihr scheut Euch nicht, Eure Stücke weit ausschweifen zu lassen und sie nicht in zeitlich kurze Gewänder zu pressen. Ich dachte erst, das wäre eine EP mit sechs Titeln, aber weit gefehlt,hehe. Welche Rolle spielt die Länge, in musikalischer Hinsicht, eines Tracks für Euch? „Verspielt“ Ihr Euch einfach oder ist das schon so geplant?

Wir „verspielen“ uns sogar sehr oft wenn wir Songs schreiben, so entstehen oft die coolsten Effekte beim Songwriting. Ein „zu kurz“ oder „zu lang“ gibt es bei uns nicht, wir lassen uns da nicht von Formeln leiten, das passiert einfach. Wir stehen einfach auf diesen langsamen Fluss, der sich immer mehr auftürmt und das schafft man nun mal nicht in drei Minuten, das ist wie beim Sex, haha. Aber im Ernst, eine Atmosphäre, ein Gefühl des Eintauchens in den Song braucht einfach seine Zeit und die geben wir den Songs.

Wie auch schon bei „Satellite Bay“ gibt es auch hier einen stimmlichen Gast, diese Mal Jonas Renske von KATATONIA. Ihr seid bekanntermaßen Fans von der Band. Gab es denn noch andere Wunschkandidaten? Wenn ja, welche und wieso dann doch gerade Jonas?

Für „Avoid The Light“ wollten wir Jonas als Gast, ich glaube wir haben gar niemand anderen gefragt. Er passt perfekt zur Stimmung des Albums und hat eine unglaublich geile Stimme.

Es ist recht schwer sich festzulegen, doch ich denke mein liebster Track ist „Sundown Highway“, der sich mehr und mehr aufbaut und einfach, mir fällt kein anderes Wort ein, geil rüberkommt. Erinnert mich jetzt weniger an PANTERA, doch mehr an TOOL und/oder A PERFECT CIRCLE. Was ist denn Dein Favorit auf dem Album? Und wie sieht das der Rest der Band?

Wow, danke für die Blumen. Für mich persönlich ist das das größte Lob, dass Du uns machen kannst,
da TOOL und A PERFECT CIRCLE zu meinen absoluten Lieblingsbands gehören. Wir haben den Song am letzten Wochenende auf einer Show mit TRAIL OF DEAD zum ersten mal live gespielt und er gehört auch zu meinen persönlichen Favoriten. Ich bin aber mit allen Songs sehr zufrieden und habe keinen Lieblingssong auf der Platte. „Avoid The Light“ ist für mich ein wirkliches Album, wo alles miteinander verbunden ist und zusammen gehört, ob das nun zeitgemäß ist oder nicht. Ich denke wir sind uns da innerhalb der Band alle einig. „The album is dead, long live the album“. Heutzutage wird ja das Album an sich als Format immer unwichtiger, gerade im digitalen Bereich. Uns ist das aber egal, wir lassen uns davon nicht leiten sondern versuchen die Platte zu machen, die wir selbst gerne hören wollen.

Wo genau liegen denn eigentlich Eure Einflüsse? Wer sind sie, die Musiker welche Euch anspornen solche Musik zu fabrizieren? Denn, gelinde gesagt ist die Bandbreite, auf der Ihr Euch bewegt, nicht gerade schmal.

Ja, da hast du wohl recht. Das ist bei uns auch alles andere als einfach zusammenzufassen. Wir sind fünf total verschiedene Charaktere mit unterschiedlicher musikalischer Sozialisation. Beim Metal können wir uns (jedenfalls teilweise) alle treffen, aber bei Reimut kommt zum Beispiel viel Elektro hinzu, Prog bei Dave und Indie/Alternative zum Beispiel bei mir. Janosch und Flo haben dann auch neben dem Metal (die beiden spielen ja auch bei MISERY SPEAKS) noch viele Einflüsse wie 70ties Rock, etc. Wir sind einfach ein musikalisch sehr bunter Haufen und versuchen das alles zu „unserem Sound“ zu vermischen.

Ihr habt Euer gesamtes Album vorab zum Stream freigegeben. Wie kommt’s an? Was erhofft Ihr Euch davon?

Wir haben natürlich nicht so viele Plays wie Bands, die leichter zu konsumieren sind. Erstens sind wir nach wie vor noch eine kleine Band und zweitens widerspricht unsere Musik den Hörgewohnheiten der meisten Leute. Mehr als zwei Songs schaffen sie meisten nicht, haha. Wir erhoffen uns dadurch aber die Möglichkeit, dass Leute auf uns stoßen, die uns ohne das Feature vielleicht nicht entdeckt hätten.

Wer ist denn eigentlich für das Artwork des Covers verantwortlich gewesen und was steckt dahinter?

Das Artwork hat Tim Kockentiedt gemacht, ein Freund von uns, der in letzter Zeit eigentlich so gut wie alles macht, was die optische Seite der Band repräsentiert. Er hat die Gabe sich in uns hineinzuversetzen und weiß was wir wollen, er hat ein tolles Auge für Stimmungen. Was genau hinter dem Artwork steckt möchte ich nicht „entzaubern“, das soll jeder für sich selbst erforschen.

Ab Mai seid Ihr dann auf Tour durch die Republik. Was kommt danach? Wie sind die weiteren Pläne hinsichtlich der musikalischen Welteroberung?

Nach der Tour spielen wir noch ein paar Supportshows, dann Festivals und im Herbst/Winter werden wir wohl noch mal „on the road“ sein, in welcher Form genau wissen wir aber noch nicht, wir sind da gerade in der Planungsphase. Welteroberung? Das hat vor 70 Jahren schon nicht funktioniert, so was kann und sollte man nicht planen. Bei dieser Band ist bisher immer alles einfach so passiert und das soll auch so bleiben. Wie „groß“ die Band wird entscheiden nicht wir sondern die Leute draußen.

Dann danke ich für die Worte und übergeb die letzten Worte selbstverständlich an Dich:

Vielen Dank für das Interview und die guten Fragen. Hört euch unsere Platte an und glaubt an
Musik, die nicht nach Regeln spielt, die andere aufgestellt haben. Wir sehen uns auf den Shows!

Galerie mit 12 Bildern: Long Distance Calling - Summer Breeze Open Air 2023
23.04.2009

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