Long Distance Calling
Interview zu "Satellite Bay"

Interview

LONG DISTANCE CALLING – diesen Namen muss man in Zukunft auch immer nennen, wenn von innovativem, höchst atmosphärischem Post Rock die Rede ist. Mit ihrem Debütalbum „Satellite Bay“ ist der ambitionierten Instrumental-Band ein wirklich großartiges Werk geglückt, welches sie sogleich zu den großen Namen des Genres zustoßen lässt. Auch seitens der Presse gibt es bisher nur lobende Worte ob der verzaubernden Klänge. Licht ins Dunkel brachte im folgenden Interview Reimut, welcher für die Sounds und Samples zuständig ist. Daneben hatte ich auch noch Gelegenheit, einige Fragen an Peter Dolving (THE HAUNTED) zu stellen, welcher als Gast auf „Satellite Bay“ zu hören ist. Seine Antworten findet ihr am Ende des Interviews.

Long Distance Calling

Hallo Reimut! Da ihr einem Großteil unserer Leser bisher nicht bekannt sein dürftet, stell doch bitte zuerst mal eure Band und die einzelnen Bandmitglieder vor!

Klar, wir sind LONG DISTANCE CALLING aus Münster und spielen Instrumental-Musik und werden dem Post-Rock Genre zugeordnet. Die Band besteht aus 5 Leuten. Janosch (Drums) und Florian (Gitarre) sind dem ein oder anderen vielleicht schon von MISERY SPEAKS bekannt. Dave (Gitarre) spielt noch bei THE GHOST DANCE MOVEMENT. Jan ist unser Basser und ich, Reimut, sorge für die Atmosphären, Sounds etc.

Angefangen hat alles 2006, rein aus Spaß, ohne konkrete Ziele einfach drauf los jammen. Es ist einfach passiert. Die Grundlage für LONG DISTANCE CALLING ist der Spaß an der Sache. Wir alle kommen mit unseren alten Bands aus komplett anderen Genres.

Was wollt ihr mit eurem Bandnamen ausdrücken?

Der Bandname kann aus unserer Sicht in zwei Richtungen gedeutet werden. Zum einen eine Art Ferngespräch. Also Kommunikation, die über weite Strecken passiert, bei dem die Beteiligten durch Zeit und Raum getrennt sind.

Zum anderen deuten wir den Namen als „Ruf der weiten Distanz“. Dabei kann an Zugvögel, oder Aale, Fische etc. gedacht werden, die weite Distanzen zurücklegen. Primär kam es uns bei dem Namen auf den Klang der drei Wörter zueinander an, als irgendeine bedeutungsschwangere Aussage zu treffen.

Eure Musik ist sehr vielschichtig. Spontan viel mir ISIS ein. Mögt ihr ISIS? Welche anderen Bands würdet ihr als Inspirationsquellen nennen? Von was lasst ihr euch beeinflussen?

Ja, wir mögen ISIS auf jeden Fall. Eine großartige Band mit echt netten Leuten. Ich würde ISIS allerdings nicht als Inspirationsquelle bezeichnen. Bisher haben wir alle in härteren Bands oder Projekten gesteckt, die mit der Musik, die wir hier machen, kaum etwas gemein haben.

Bei den ersten LONG DISTANCE CALLING Sessions haben wir es einfach fließen lassen und nicht von vorneherein gesagt „so und so muss das jetzt klingen“. Das wir eine Instrumentalband sind, hat sich ja auch erst im Lauf der Zeit herausgestellt. Wir schauen einfach was passiert. Als Einfluss für uns selber kann man sicherlich eins nennen: das Leben.

Auf eurem Album habt ihr mit Peter Dolving von THE HAUNTED einen bekannten Gastsänger im Song „Built Without Hands“. Wie kamt ihr auf die Idee mit der Zusammenarbeit und wie kam letztendlich der Kontakt zustande? War Peter bei euch im Studio?

THE HAUNTED hören wir schon seit längerer Zeit und wir waren erfreut, als Peter erneut zu THE HAUNTED stieß. Das letzte THE HAUNTED Album und auch seine Zweitband BRING THE WAR HOME haben uns vollständig überzeugt, dass Peter ein wahnsinniger Sänger und „nicht nur“ ein guter Shouter ist. Wir sind von seiner Stimmgewalt einfach begeistert.

Jan ist mit Peter bekannt und hat bei ihm angefragt. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat Peter zugesagt, da er unsere Musik gerne hört. Wir haben ihm dann das Stück zukommen lassen, er hatte völlige Freiheiten, was seinen Beitrag anbelangt.

Um was geht es in „Built Without Hands“?

Da fragst du besser Peter. Er hat den Text geschrieben und es ist sein Part, weshalb sämtliche Aussagen von Ihm zu dem Text zu machen sind.

Wie verliefen denn die Aufnahmen im Tonmeisterei Studio in Oldenburg? Wie seid ihr auf dieses Studio gekommen?

Die Aufnahmen waren klasse! Wir haben das Album in drei Tagen eingespielt, und sind mit dem Ergebnis super zufrieden! Henner und Roland sind echt zwei Hammer Typen, die einem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das Studio ist wirklich zu empfehlen. Zuerst wurden das Schlagzeug und der Bass zusammen, später dann die Gitarren und zum Schluss die Samples und Peters Gesang aufgenommen. Wir arbeiteten sehr konzentriert.

Wir sind auf das Studio durch Aufnahmen von JUST WENT BLACK, TEPHRA und MAN IN SEARCH OF THE PERFECT WEAPON aufmerksam geworden.

In welchem Zeitraum entstanden die Stücke für euer Debütalbum „Satellite Bay“?

Die Songs, die auf „Satellite Bay“ zu hören sind, entstanden in der Zeit von Anfang 2006 bis Anfang 2007. Während des Songwritings dachten wir schon darüber nach, in welche Richtung der Sound der Aufnahmen gehen sollte und bereiteten uns dementsprechend intensiv vor.

Eure Stücke sind ja recht ausladend. Wie entstehen denn die Songs bei euch? Gibt es einen Hauptsongwriter oder wird im Proberaum wild drauflos gejammt?

Die Songs entstehen unterschiedlich. Mal baue ich ein Grundgerüst, dass dann erweitert wird, oder es wird gejammt, etc., wir setzen uns da keine Grenzen.

Gleichzeitig ist eure Musik sehr offen, überwindet Grenzen, beinhaltet viele Elemente. Was haltet ihr in diesem Zusammenhang von Schubladen und wie wichtig ist es für euch, offen für andere Stile zu sein?

Schubladen sind wichtig zur Umschreibung der Musik, damit sie für andere greifbar wird. Wie unterschiedlich gehört wird, habe ich erst neulich noch bei einem Gespräch mit einem Freund festgestellt. Da können Kategorien helfen.

Mir ist vollkommen unwichtig, in welche Schublade wir gesteckt werden, Ich mache mir da keine Gedanken drüber, ob wir nun Post-Rock, oder Instrumental-Rock oder vielleicht doch was ganz anderes machen. Die Musik, die hinterher zu hören ist, ist das Wichtigste an der Sache, und da konzentrieren wir uns drauf.

Was ist für euch das Besondere an Instrumentalmusik? Worin seht ihr die Vorteile? War es von Vornherein klar, dass ihr (mit Ausnahme von „Built Without Hands) ohne Sänger arbeiten werdet?

Nein, ich bin der Letzte, der zur Band gestoßen ist. Da stand die Frage noch kurzzeitig im Raum, ob noch ein Sänger dazu geholt wird. LONG DISTANCE CALLING haben sich dagegen entschieden, um die Musik sprechen zu lassen. Na, das besondere an Instrumental Musik ist, dass es eben keine typische Frontmann-Klamotte gibt. Keine Texte an die man sich klammern kann. Keine Feuerzeugorgien und laute Publikumschöre bei irgendwelchen Mitsing- oder Mitbrüllpassagen. Es zählt die Musik, nichts anderes.

Das Feedback auf „Satellite Bay“ seitens der Presse ist ja mehr als nur positiv. Hattet ihr damit gerechnet?

Nein, damit hatten wir absolut zu keiner Zeit gerechnet. Ich freue mich jedes Mal wahnsinnig, wenn wieder eine positive Nachricht reinflattert. Das ist einfach klasse für seine Musik so ein Feedback zu bekommen.

Ich habe gelesen, dass ihr noch in anderen Bands wart/seit. Was sind das für Gruppen, welche Art von Musik wird dort gespielt?

Janosch und Florian sind bei der melodischen Death Metal Kapelle MISERY SPEAKS, die ja sicherlich einige von euch kennen.
Dave ist bei THE GHOST DANCE MOVEMENTt, einer Band, die in die noisigere Richtung als wir geht und auch einige Botch-Einflüsse verbindet und einen Wahnsinns Sänger am Mikro haben. Der pustet alles um.
Jan hatte früher eine Band namens DOGDAY, die Newschool und ENTOMBED mit DEFTONES gemischt haben und später hat er noch bei einer obskuren Glamrock-Band namens LAZER gespielt, haha. Ich habe bei MUAD’DIB Schlagzeug gespielt. Wir haben damals New School Hardcore mit Schwedenmetal gemacht. Das war zu der Zeit als es diese Metalcore-Krankheit noch nicht gab. Zudem habe ich diverse elektronische Projekte. Zur Zeit sitze ich am Demo von KADRAGEe, meinem Microsound-Ambient Projekt.

Leider kenne ich eure Demos nicht. Worin seht ihr die Unterschiede zwischen den Demos und „Satellite Bay“?

Auf unserem Demo „Dmnstrtn“ sind auch zwei Songs, die auf „Satellite Bay“ zu hören sind. Allerdings klinge sie ganz anders. Wir haben das Demo aufgenommen, als es die Band gerade mal 3 oder 4 Monte gab. Da sitzt noch nicht alles so, wie es soll. Zu dem haben wir uns bei den Demos einen totalen Lenz gemacht, das sah bei den Aufnahmen zum Debüt schon anders auch. Und ich finde, dass man das auch hört.

„Satellite Bay“ ist wuchtiger, aggressiver, kräftiger aber auch atmosphärischer und filigraner als das Demo.

Eure Demos kamen ja ebenfalls seitens der Presse gut an, eines war sogar Demo des Monats im Rock Hard. Inzwischen sind diese ausverkauft. Wird es eine Nachpressung geben oder werden die nicht auf eurem Debütalbum vertretenen Stücke eventuell später nochmals veröffentlicht?

Wir haben eine Erstauflage des Demos von 200 Stück gemacht und dann zur 65 DAYS OF STATIC Tour nochmals 100 Stück mit einem Remix, dass das BERSARIN QUARTETT gemacht hat. Die waren auch flott weg. Die beiden Songs, die nicht auf dem Album sind, werden so nicht auf einem anderen Tonträger zu hören sein.

Ihr wart mit 65 DAYS OF STATIC zusammen auf Tour. Wie verlief die Tour, was könnt ihr uns hiervon berichten?

Die Tour war klasse! Insgesamt 6 Daten, die alle super gelaufen sind. Die Jungs von 65 Days waren super nett und es war echt beeindruckend, was die live abziehen! Das sieht man nicht alle Tage! Wir waren aber auf jeden Fall hoch erfreut über die Reaktionen, die wir erhalten haben. Die Tour war auf jeden Fall super und wir wollen wieder auf die Straße!!

Mit welcher Band würdet ihr denn gerne mal zusammen auf Tour gehen?

Schwierige Frage, aber ich denke wir überlassen das der Zukunft und schauen einfach was passiert. Ich denke aber, dass Bands aus verschiedenen Genres passen können.

Was steht bei euch als Nächstes an?

Erstmal das Albumrelease am 21.09.07 und die Releaseshow in Münster zusammen mit TEPHRA am 15.09.07 im Gleis 22. Zudem stehen noch ein paar Livedates an und dann hoffentlich ne Tour, die wir fahren können. Wir sind sehr gespannt, was passieren wird!

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir!

Ich danke auch dir!

Schaut einfach mal auf www.myspace.com/longdistancecalling vorbei!
Kommt zu unseren Konzerten, Quatscht uns an und erfreut euch an unserer Musik, dann sind wir glücklich 🙂
Viele Grüße,

Reimut
LONG DISTANCE CALLING

Zum Schluss noch ein paar Fragen an Peter Dolving (THE HAUNTED):

Peter, bist du ein großer Fan von Post Rock? Welche Bands gefallen dir am Besten in diesem Genre?

Was zur Hölle ist „Post“ Rock? Ich verstehe das nicht! Als ich aufwuchs ging es in der Rockmusik darum, verschiedene Arten von Ideen und Emotionen auszudrücken. Aber ok, ich höre Songs wie „Shock The Monkey“ von PETER GABRIEL, Künstler wie EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, PETER BAUMANN, NEU, KRAFTWERK und bis zu einem gewissen Punkt haben mir KING CRIMSON sehr viel bedeutet. Auch PETER GABRIELs Real World Label hat vieles veröffentlicht, was mich inspirierte. Ich mag TALK TALK, und MARK HOLLIS, aber das kann man wohl nur schwer unter Post Rock kategorisieren, oder?

Natürlich ist es etwas überraschend, dich auf dem Album von LONG DISTANCE CALLING zu hören. Wie kam es zu dieser Idee? Wie gefällt dir die Musik von LONG DISTANCE CALLING?

Offensichtlich bin ich ein Fan. Es gäbe keinen anderen Weg, meine Stimme auf einem Album zu finden, wenn ich nicht Fan der Musik wäre. Ich denke, sie haben etwas immens Schönes erschaffen durch einfache Mittel, und sie zeigen eine Sensibilität, ihren Gefühlen durch die Musik Ausdruck zu verleihen, was heutzutage wirklich rar ist. Ich liebe sie!

Ist das etwas, was du dir vorstellen könntest, in Zukunft öfter zu machen?

Du kannst darauf deinen kleinen Hintern verwetten!

Woher weiß der, dass ich einen kleinen Hintern habe? Anyway, danke fürs Interview!

Galerie mit 12 Bildern: Long Distance Calling - Summer Breeze Open Air 2023
15.09.2007

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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