Masterplan
Roland Grapow im großen Interview

Interview

Klingt wie Millimeterarbeit.

Roland: Das waren 12 Stunden Arbeit – nur für die Kickdrum. Ich hatte das Ding gemischt und kurz darauf Uli Kusch kontaktiert, damit er es absegnet. Nicht, dass er das sieht und sich denkt „Neeeee, bist du wahnsinnig!“. Aber er war superhappy. Dann hatte ich schon das Video editiert und die Zusage von AFM bekommen. Bis Weihnachten hatte ich es fertig, doch das war dann schon etwas zu spät für einen Januar-Release. Um noch mal auf die Emotionen zurückzukommen: Für mich ist die Hauptsache des Re-releases, dass die Fans die Stimmung von vor 20 Jahren greifen können. Sie sollen die Euphorie, die auch innerhalb der Band herrschte, spüren können. Die Magie war da. Wir waren ein zusammengewürfelter Haufen, der merkte, dass hier etwas ganz Großes abgeht. Wir hatten Spaß und das merkt man im Video. Auch das Bonusmaterial – Moment… War es in Göteborg oder Oslo aufgenommen?

Oslo, Malmö, Orebrö…

Roland: Alles das Gleiche, hahaha

Irgendwo da oben eben, hahaha

Roland: Genau bei den Wikingern. Auf jeden Fall hatten wir über 9 Stunden Bonusmaterial aufgenommen. Das habe ich dann zu einer Story zusammengeschnitten. Uli war glücklich, dass ich auch ihn so oft gezeigt hatte und ich nicht einfach nur mich in den Vordergrund gestellt habe. Weil unser Keyboarder so fantastische Fähigkeiten im Video Editing hat, hat er schnell gemerkt, dass ich es nicht das richtige Format verwendet habe. Also rückte er es wieder gerade. Der Axel hat es wirklich noch mal veredelt.

Hat dich die damalige Resonanz überrascht, oder hättest du es dir nach der „The Dark Ride“ denken können?

Roland: Wir waren sehr überrascht. AFM fragte uns, ob wir HAMMERFALL supporten könnten. Wir bejahten dies – obwohl das Album erst eine Woche nach Tourstart herauskam. Niemand im Publikum kannte die Songs, wir hatten lediglich vorher „Enlighten Me“ als Single herausgebracht. Mit jeder voranschreitenden Woche wurde die Stimmung besser. In Göteborg haben die Leute die Texte schon mitgesungen. Das Publikum war einfach klasse! Wir waren eine komplett neue Band und Jorn kannte zu dieser Zeit fast keiner. Natürlich waren da zwei Ex-HELLOWEEN Jungs auf der Bühne, doch das alleine ist kein Garant dafür, dass man Erfolg hat. Wir haben uns sehr viel Mühe mit dem Album gegeben, merkten allerdings erst ein Jahr später, wie viel wir verkauft hatten. Nachdem die Zahlen durchsickerten, gewannen wir den European Border Breakers Awards in allen Kategorien. Wir wurden auf eine dicke Party in die Bordeaux geladen, bekamen jeder ein teures Hotelzimmer und fühlten uns wie kleine Stars. Das Album war einfach nur ein guter Start.

Der gute Start wurde ja auch von Andy Sneap als Produzent begünstigt. Er war damals noch keine so große Nummer. Hast du dir während der Zusammenarbeit gedacht „Der Junge wird eines Tages durch die Decke gehen“ ?

Roland: Ich war immer noch sehr von der „The Dark Ride“ inspiriert. Zur damaligen Zeit gab es immer noch sehr viele Promo-CDs, von denen man uns täglich stapelweise brachte. Uli und ich hörten sie auf Tour aus Langeweile immer durch. Drei Monate bevor wir HELLOWEEN verlassen hatten, bekamen wir so übrigens ein Album von ARK in die Finger. So hielten wir uns den Namen Jorn im Hinterkopf, obwohl wir ihn noch nicht als Sänger eingeplant hatten. Eine weitere dieser Promo-CDs war von KILL II THIS. Ich dachte mir einfach nur „Alter, was ist das denn für eine tolle Produktion?“ Speziell die Gitarren haben mir gefallen. Eins der letzten Festivals, welches wir damals gespielt hatten, war in England. KREATOR spielten dort und dieser langhaarige Typ sprach mit Mille. Ich ging auf ihn zu und fragte, „bist du Andy Sneap?“ er so: „Ja.“ Ich: „Are you cheap?“ Das fand er damals so witzig, dass er es sich bis heute im Kopf behalten hat. Wir hatten unsere Nummern ausgetauscht und ihm gesagt, dass wir eventuell ein neues Projekt haben. Nachdem wir nicht mehr bei HELLOWEEN waren, meldete ich mich bei ihm. Weil wir damals kein Label hatten, habe ich die Produktion finanziert und ihm gezeigt, welches Equipment mir zur Verfügung stand. Er war direkt begeistert und kam im Oktober. Im November waren dann schon Drums, Rhytmusgitarren und der Bass fertig. Im Dezember haben wir Jorn eingeflogen, welchen wir in der Zwischenzeit schon kontaktiert hatten. Zuvor haben wir eine ganze Woche gebraucht, nur um den idealen Gitarrensound auszutüfteln. Ich hatte eine Garage, die ich zum Drum-Raum umfunktionierte. Dieser hatte eine Wand, die eine Bassfalle war. Als ich den Verstärker davor stellte, klang es gut. Vorher gab es einfach zu viele Reflektionen…

Ganz penibel! Kommen wir direkt zur nächsten Frage: Ich kannte damals schon die ersten beiden Alben. Die Stimmung war gerade bei der Aeronautics extrem euphorisch. Es gab viele Titelseiten und die Presse jubelte. Alle dachten: „Jetzt gehts durch die Decke“. Warum glaubte euer damaliger Sänger, dass es bei eine gute Idee wäre zu gehen?

Roland: Beim Album war ja noch alles relativ in Ordnung. Auf der Tour auch. Eines Tages hat er dann gemeint, dass er nicht mehr so hoch singen möchte. Er hatte zu der Zeit einen Umbruch in seiner Stimme. Bei den Aufnahmen fühlte er sich nach 4-5 Songs nicht so gut. Zu dem Zeitpunkt hat er noch geraucht und hatte eines Tages das Gefühl, dass er einen Herzinfarkt bekommen hatte. Ich brachte ihn an einem Samstag Mittag in ein Krankenhaus in Jenfeld. Am Wochenende ist natürlich alles chaotisch und es dauerte 6-8 Stunden, bis wir da überhaupt reinkamen. Er war richtig bleich und fühlte sich wirklich nicht gut.

Schrecklich.

Roland: Sie checkten ihn durch und meinten, dass er körperlich an seiner Grenze war und viel Ruhe bräuchte. Ich buchte ihm am nächsten Tag direkt den Rückflug nach Norwegen. Erst nach 3-4 Wochen holten wir ihn zurück, um das Album zu beenden. Zu dem Zeitpunkt machte er sich viele Gedanken und hörte mit dem Rauchen auf. Er merkte, dass es nicht gut für ihn ist, diese ganzen hohen Sachen zu schreien, die vermehrt auf unserem ersten Album vertreten waren. Wenn man da an „Back For my Life“ denkt, was ja ganz tief gesungen ist…

Sehr bluesig für eure Verhältnisse.

Roland: Ja! „Falling Sparrow“ sollte eigentlich eine Oktave höher gesungen werden. Wir sagten es Jorn und er meinte direkt „no no no.“ Die Diskussionen fingen da schon an. Er hat dachte über seine Zukunft nach: Wenn er wirklich noch 20-30 Jahre singen wollte, muss er etwas an seiner Performance ändern. Es ist sehr leicht für ihn, höhere Mitten zu schreien, doch die wirklich hohen Sachen musste er vor allem auf der Bühne seine Technik ändern. Für einen Sänger ist das blöde. Deswegen haben wir damals darüber diskutiert, dass das nächste Album noch extremer in die von ihm bevorzugte Richtung gehen müsse. Aber Uli und ich wollten nicht, dass alles zu poppig und AOR wird. Jorn ist übrigens sowieso kein Fan von Power Metal.

Galerie mit 12 Bildern: Masterplan - Bang Your Head 2013

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16.12.2023

Werbetexter und Metalhead aus NRW.

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