Soulfly
Interview mit Sänger und Gitarrist Max Cavalera
Interview
SOULFLY veröffentlichen am 29. Juli ihr sechstes Album, schlicht, einfach und wirkungsvoll mit „Conquer“ betitelt. Das Glück, zwischen Europa- und Welttourneen, Aufnahmen rund um den Globus und Presseterminen, die einem Staatschef gut zu Gesicht stehen würden, einige Worte mit Max Cavalera wechseln zu können, war metal.de hold. Also: face to face mit einer wandelnden Metallegende!
Hi Max! Zuerst interessiert mich natürlich, wie die Tour läuft. (Das Interview wurde Anfang Juni auf der CAVALERA-CONSPIRACY-Tour in Osnabrück geführt.)
Die Tour läuft sehr gut. Es ist erst die vierte Show, wir sind also noch ganz am Anfang. Aber im Grunde sehr gut.
In den letzten Wochen, Monaten hast du ja ein Album mit CAVALERA CONSPIRACY geschrieben, du hast es aufgenommen, veröffentlicht, die Promotion gemacht. Wann hattest du bei dem ganzen Stress mit CAVALERA CONSPIRACY die Zeit, ein neues SOULFLY-Album aufzunehmen?
Also … ich schreibe immer, meine ganze Zeit über. Ich schreibe nicht, wie andere Musiker und kümmere mich nur um die Musik für ein Album, ich … schreibe einfach. Gerade jetzt schreibe ich schon wieder Stoff für etwas anderes, ich weiß nicht mal, für was, haha. Ich denke immer über Riffs und Vocals nach, da habe ich Tausende Stunden auf Tapes.
Aber ich denke, das SOULFLY-Album ist sehr vom CAVALERA-CONSPIRACY-Album beeinflusst – und andersrum. Genauso, wie CAVALERA CONSPIRACY von „The Dark Ages“ (2005 veröffentlichtes SOULFLY-Album) beeinflusst wurde, ich denke also, dass es sehr gut ist, an zwei Alben gleichzeitig zu arbeiten.
Okay.
Ein anderes Thema: Kannst du mir einen Eindruck davon verschaffen, wie die letzten drei Jahre, also die Zeit seit dem Release von „The Dark Ages“, für dich aussahen?
Ziemlich easy. Wir sind eine Menge getourt, wir hatten ja unsere Welttournee (Max ist der erste Musiker, der vor mir im Zusammenhang mit „Welttournee“ das Wort „easy“ benutzt hat – Anm. d. Red.), „Dark Ages“ war für uns ein sehr erfolgreiches Album – vielleicht das erfolgreichste. Wir konnten damit eigentlich überall spielen … der einzige Ort, an dem wir nicht waren, ist Südamerika.
Gut. Dann würde ich gerne auf „Conquer“, euer neues Album, zu sprechen kommen. Meiner Meinung nach ist das eine sehr brutale Platte geworden, vielleicht die härteste in der SOULFLY-Diskographie. Waren da außer CAVALERA CONSPIRACY noch andere Einflüsse verantwortlich für den Sound der neuen Scheibe?
Ich denke, die Band, Marc (Rizzo, Gitarre) und ich arbeiteten besser zusammen, das war eine sehr gute Sache. Da sind zwei Songs, auf denen Gäste zu hören sind, David Vincent (MORBID ANGEL) auf „Blood Fire War Hate“ und Dave Peters von THROWDOWN auf „Unleash“, das waren natürlich auch Einflüsse.
Generell bin ich sehr zufrieden mit dem Album, es hat ein starkes Cover und einen starken Sound. Und klar sind wir etwas heavier geworden, das mag ich mehr, als den Trend mancher Bands, kommerzieller zu werden. „Conquer“ ist einfach gut. Es ist das, was ich spielen wollte. Weißt du, ich mag Bands wie MORBID ANGEL, KRISIUN, HELLHAMMER. (Zeigt auf mein RAMMSTEIN-T-Shirt.) Und RAMMSTEIN, die mag ich auch. Weißt du, dieses Death-Metal-Feeling … das ist echt toll, und das wollte ich auf dem Album haben.
Du erwähntest ja gerade schon die Gastvocals von David Vincent und Dave Peters. Seit wann kennst du die beiden denn?
David Vincent schon seit langer Zeit … ungefähr seit der „Morbid-Visions“-Zeit mit SEPULTURA. Und Dave Peters ungefähr seit fünf, sechs Jahren. THROWDOWN sind damals mit SOULFLY getourt.
Wie würdest du denn den Einfluss der beiden Musiker beurteilen?
Ich denke, „Conquer“ ist in drei Teile geteilt. Einer ist sehr Metal-lastig, mit Thrash- und Death-Metal-Parts, einer ist von Hardcore, Punk und vielleicht sogar Grindcore beeinflusst, das kommt von Dave Peters, Dave Vincent hingegen hat sehr viel Einfluss auf die Death-Metal-Teile gehabt. Und der dritte Teil kommt von uns, der ist sehr SOULFLY-mäßig. Experimentell, wir sind ja auch nach Ägypten geflogen und haben da aufgenommen. Weißt du, das ist SOULFLY.
Du sagtest ja gerade schon, dass ihr während der Aufnahmen auch in Ägypten gewesen seid. Auf welche Songs hat sich das denn ausgewirkt?
Ein Stück Ägypten ist in „Fall Of The Sycophants“ und „For Those About To Rot“ zu hören. Und ein bisschen vielleicht auch in „Touching The Void“. Also tendenziell am Ende des Albums.
Okay. Wie sieht’s denn mit den Texten auf „Conquer“ aus? Gibt es so etwas wie ein Konzept?
Nein, nicht wirklich.
Was bedeutet denn dann das „Conquer“ für dich?
Ich denke, dass der Titel sehr stark ist, sehr offen. Darin geht’s nicht darum, die Welt zu erobern, sondern dich selbst. Darum, deine eigene Angst und die Probleme des Alltags zu besiegen. Das ist sehr aussagekräftig, finde ich. Das trifft die Message des Albums sehr gut. Meine eigenen Dämonen zu besiegen, das ist der Punkt.
In der Presseinfo steht, dass „Conquer“ gut der Soundtrack zu Filmen wie „Braveheart“ sein könnte. Würdest du da dann zustimmen?
Ähm … natürlich geht’s auf dem Album musikalisch wie textlich viel um Krieg. Ich meine, der ursprüngliche Titel war „Warmageddon“. „Conquer“ trifft das Cover besser, aber „Warmageddon“ ist meiner Meinung auch ein guter Name. Diese Platte ist wahrscheinlich die kriegerischte, die ich je gemacht habe. „Beneath The Remains“ war über Krieg und jetzt ist „Conquer“ das zweite Mal, dass ich das Thema „Krieg“ angepackt habe – nur intensiver.
Das Albumcover hast du gerade auch genannt – was steckt dahinter? Hat es eine spezielle Bedeutung?
Ja, das hat ein Typ gemacht, den ich wirklich mag – „Android“ nennt er sich. Ich kann mit ihm wirklich gut zusammen arbeiten. Ich sagte ihm, wie das Album heißen sollte, und er erzählte mir dann von einer Idee: Etwas dämonisches, vielleicht mit einem Hindu-Touch, allerdings nicht wirklich Hindu – das ist nichts religiöses. Das Ding sollte darauf basieren, viele Arme und in den Händen Waffen haben. Und zusammen mit dem Inhalt ist das wirklich toll, ein großartiges Cover. Vielleicht eines meiner Lieblingsartworks.
Android hielt das ganze Bild in militärischen Farben, das mag ich sehr. Ich weiß nicht, bist du einer der Typen, die Albumcover mögen?
Ja, schon.
Weißt du, ich liebe Albumcover – ich verstehe die Bands nicht, die sich nicht darum kümmern. Die Musik ist im Idealfall mit dem Albumcover verbunden – SEPULTURA, SOULFLY, wir hatten meiner Meinung nach immer coole Artworks. Und das neue, „Conquer“, gehört zu meinen Lieblingen.
Okay. Dann würde ich gerne zu einem anderen Thema kommen, wenn es dich nicht stört.
Nein, tut es nicht, haha.
Gut … es ist ja bekannt, dass du an Gott glaubst und ihm jedes Album widmest. Auf „Conquer“ geht es ja nun aber um Krieg – ist da trotzdem etwas Religiöses bei? Geht es vielleicht sogar um heiligen Krieg?
Ähm … zumindest nicht auf predigende Weise. Andere Bands sind Straight-Edge-Vegetarier, andere trinken nicht, aber man darf das den Fans nicht predigen, finde ich. Ich respektiere alle Fans und verschiedene Meinungen, deshalb … aber um zu deiner Frage zurückzukommen, man könnte vielleicht sagen, dass das Album dem Kriegsgott gewidmet ist, haha.
Haha. Dann habe ich eine Frage, die mich persönlich sehr interessiert: Vor einigen Wochen gab es in Norddeutschland das so genannte „Christival“, ein christliches Festival. Es gab viele Demonstrationen gegen das Festival, vor allem von linken Organisationen, die gesagt haben, das Christentum würde zum Beispiel Homosexuelle unterdrücken. Oder ein anderer Punkt war Geburtenkontrolle. Was mich jetzt interessieren würde, ist, wie du als Gläubiger zu diesen Themen stehst.
Ich denke, Religionen sollten sich aus solchen Sachen heraushalten. Nirgendwo steht geschrieben, dass Gott oder Jesus explizit gegen solche Dinge seien. Das Problem an Religionen ist, dass die Leute ihren eigenen Wohlstand daraus herleiten wollen. Religionen sind aber nicht für das Persönliche gemacht, sondern sie sind etwas viel Universelleres. Darum hassen auch so viele Leute Religionen, mich mit eingeschlossen. Ich mag organisierte Religionen nicht, gehöre auch keiner an, weil das zu eingeschränkt ist. Guck uns beide an – lange Haare, Tattoos, für uns ist da kein Platz. Man muss ja nur mal ein bisschen recherchieren, um zu sehen, dass Jesus mehr mit Prostituierten und abgefuckten Leuten herumgelaufen ist, als mit den „Schönen und Reichen“. Er war da also um einiges toleranter.
Aber, um deine Frage zu beantworten: Nein, ich glaube nicht an organisierte Religionen, auch nicht an deren Gott. Mein Gott ist ganz anders.
Was kommt denn jetzt als nächstes dran? SOULFLY? CAVALERA CONSPIRACY?
Auf jeden Fall eine Menge Touren. Musik ist für die Bühne gemacht. Jetzt steht erst einmal die Europa-Tour an, einige Festivals, dann wird es mit CONSPIRACY eine US-Tour geben, ebenso ein paar Ozzfest-Shows mit Ozzy Osbourne. Dann geht es rüber nach Australien, da spielen wir mit JUDAS PRIEST. Und dann geht es mit den SOULFLY-Touren zum neuen Album weiter. Der alte Max muss in den nächsten Monaten also viel schreien, haha.
Gut, das war’s dann schon von meiner Seite. Die letzten Worte gehören dir!
Danke erstmal an alle Fans! Ich freue mich, wieder mit Igor (Cavalera, Max‘ Bruder und Drummer bei der CAVALERA CONSPIRACY) zusammenspielen zu können und hoffe, dass die Leute „Conquer“ mögen. Ich hab da echt eine Menge Herzblut reingesteckt, deshalb wünsche ich mir wirklich, dass es den Fans gefällt. Und dir danke für das Interview.
Kein Problem, immer wieder gerne.
(Auf Deutsch:) Danke schön.
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Stile | Neo-Thrash, Thrash Metal |
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