Tarot
Interview mit Marco Hietala zu "Gravity Of Light"

Interview

Einen Namen hat sich Marco Hietala außerhalb Finnlands erst seit seinem Einstieg bei NIGHTWISH gemacht. Dabei ist der sympathische Bassist und Sänger bereits seit 1985 mit seiner eigenen Band TAROT unterwegs, und die haben dieser Tage ihr bereits achtes Studioalbum unters Volk gebracht. Grund genug also, Marco mit einigen Fragen zu löchern.

Tarot

Hey Marco! Deine Prioritäten liegen ganz eindeutig bei NIGHTWISH und ausgedehnte Touren und auch andere Projekte, an denen du arbeitest, lassen dir nicht gerade sehr viel Freiraum. Wann findest du dann überhaupt noch Zeit an TAROT zu arbeiten? Weißt du eigentlich instinktiv, für welches Projekt eine bestimmte Idee am besten passt?

Zu meinen „Brötchengebern“ zählen sowohl NIGHTWISH als auch TAROT, und wir können uns glücklich schätzen, dass wir nicht nur das selbe Management, sondern auch die selbe Booking Agentur haben. Das erspart mir natürlich einiges an Arbeit, denn ich muss nicht andauernd in meinen Terminkalender schauen. Im Prinzip läuft die Sache aber so, dass wenn die eine Band gerade eine Pause einlegt, die andere richtig aktiv wird und umgekehrt. Die anderen Projekte, mit denen ich sonst noch beschäftigt bin, beschränken sich hauptsächlich auf Studioarbeiten. Das gibt mir dann die Gelegenheit, abends wieder zurück nach Hause zu kommen, genauso wie in einem „normalen“ Job auch. Dieser ganze Rhythmus hat sich zum Beispiel bereits während den Aufnahmen der Vocals zu den letzten drei Alben von AMORPHIS bewährt. Was das Schreiben von Texten und das Komponieren von Songs anbelangt, so bin ich eigentlich immer kreativ. Wenn wir mit NIGHTWISH unterwegs sind, habe ich immer eine Akustikgitarre und ein Notebook mit dabei, so dass ich meine Ideen manchmal sogar noch Backstage aufnehme. Zac und Janne sind übrigens auch rund um die Uhr mit TAROT beschäftigt und nehmen irgendwelche Ideen auf, die wir dann später gemeinsam besprechen. Als wir mit NIGHTWISH die letzte Show im September gespielt hatten, sind wir eigentlich fast umgehend mit TAROT zusammengekommen und haben dann unsere Ideen und Demos ausgetauscht. Für mich ist es übrigens gar kein Problem, neue Ideen einer Band zuzuordnen, denn als „Insider“ sind mir die Unterschiede zwischen NIGHTWISH und TAROT von Grund auf bewusst. Während sich NIGHTWISH mit düster-romantischer Fantasy beschäftigt, handelt TAROT thematisch eher von brutaler Science-Fiction.

Habt ihr denn mit einem bestimmten Konzept im Hinterkopf an „Gravity Of Light“ gearbeitet?

Das Licht und das Gewicht bzw. die drückende die Last dahinter basiert auf der Tatsache, dass wir ständig unter Druck stehen, in gewisser Weise Erleuchtung zu erfahren. Soziale Netzwerke, Schulen, die Arbeit, alles und jeder versucht uns als Herdentiere zu dressieren. Und das alles wird noch wesentlich schlimmer, wenn Politik, Religion und verschiedene Philosophien hinzukommen. Nichts ist arroganter als jemand, der dir versucht einzutrichtern, dass du in der Hölle schmoren wirst, wenn du nicht an das glaubst, was dir diese Person sagt. Diese Leute können sich ihren Scheiß ganz tief in ihren Arsch schieben!

Mir ist aufgefallen, dass es diesmal gar keinen Titelsong gibt. Es kommt ziemlich selten vor, dass ein Album einen ganz anderen anderen Titel hat, als die darauf enthaltenen Songs selbst…

Richtig. Ich denke aber, dass sich das „Konzept“ hinter dem Titel in vielen der Songs widerspiegelt. Ganz besonders kommt das natürlich in Songs wie „Rise!“ oder „Calling Down The Rain“ zum Ausdruck. Diese Songs haben ein sehr eindeutiges Gespür für die Unterdrückten und Erniedrigten dieser Welt.

Der Vorgänger, „Crows Fly Black“, klingt insgesamt sehr viel düsterer als „Gravity Of Light“. Diesmal geht ihr allerdings deutlich bombastischer und auch ein Stück weit progressiver zu Werke. Kannst du dir vorstellen, dass einige Leute ein Problem damit haben werden, wenn sie dem Album nicht aufmerksam genug folgen? Mir persönlich haben sich einige Songs erst nach mehr als zehn Durchläufen erschlossen, während ich die Augen geschlossen hatte und ich versuchte, die Musik einfach nur zu genießen…

Wir haben „Gravity Of Light“, genauso wie unsere vorherigen Alben auch, ziemlich spontan geschrieben und uns erst danach das Ergebnis zu Gemüte geführt. Das Album transportiert in der Tat keine so bedrückende Stimmung wie „Crows Fly Black“. Dafür sorgen bereits die Keyboard-Parts und die Gesangsharmonien. Das stört mich persönlich aber überhaupt nicht, denn unsere Songs klingen dadurch kompakter und haben an bestimmten Nuancen sogar gewonnen. Das macht die Musik einfach lebendiger. Darüberhinaus haben wir es hier definitiv mit einem Heavy-Metal-Album zu tun. Wie du bereits gesagt hast, wenn man sich mit der Musik beschäftigt und sie genießt, wird man viele interessante Details entdecken, die einem die Nackenhaare vor Freude zu Berge stehen lässt.

Als ein oder vielleicht sogar das Highlight des Albums darf „I Walk Forever“ nicht unerwähnt bleiben. Dieser Track hat so eine gewisse theatralische Ausstrahlung und ist gleichermaßen extrem heavy und sehr eingängig. Wer hat hier mit diesen fetten Arrangements ausgeholfen und wer schrieb die Lyrics für diesen Song?

Ich habe die Lyrics diesmal für das gesamte Album geschrieben, also auch für diesen Song. Die Komposition von „I Walk Forever“ gehen auf Jannes (Keyboards) und meine Kappe. Wir haben diesen Track letztendlich als Band gemeinsam arrangiert und dann später Mikko Mustonen damit beauftrag, die orchestralen Arrangements zu übernehmen. Mikko ist ein Experte für diese Art von Arbeit. Ich kenne ihn sehr gut, denn er hat zum Beispiel auch für die NORTHERN KINGS diese extrem fetten Orchester-Parts geschrieben. (fängt an zu lachen) Aber wir mussten ihn ein wenig mit seinen Ideen einschränken, denn wir wollten weder wie die NORTHERN KINGS noch wie NIGHTWISH klingen. Ich glaube es war wirklich hart für ihn, sich zurückzuhalten, denn er sagte uns immer wieder, welche Möglichkeiten dieser Track bieten würde, um mit üppigen Orchester-Arrangements zu arbeiten…

Ein weiterer Song, der mir aufgrund seines stampfenden Rhythmus sehr gut gefällt, ist „Magic And Technology“. Dieser Song hat so eine herrlich düstere Atmosphäre. Erzähl mir etwas mehr zu diesem Titel bitte.

„Magic And Technology“ basiert auf einem Riff, den Zac auf einer Baritongitarre geschrieben hat. Janne schrieb die Bridge und ich habe mich den Choruslinien gewidmet. Das entspricht eigentlich generell der üblichen Zusammenarbeit innerhalb der Band. Die Lyrics behandeln ein typisches Sci-Fi-Szenario, lassen sich aber auch mit diesem allgemein schnelllebigen Lebensstil, den einige Leute an den Tag legen, in Verbindung bringen. Wenn du zum Beispiel einer wunderschönen Frau begegnest, erlebst du diesen einen magischen Augenblick, der sich auf den zweiten Blick jedoch völlig ändern kann, wenn du feststellt, dass etwas nicht stimmt und nicht alles echt ist, sich dahinter vielleicht sogar irgendeine Art von Technologie versteckt, und keine natürliche Schönheit. Dieser Song handelt davon, wie dich diese Dinge verführen aber auch ruinieren können.

Ich habe den Eindruck, dass die Produktion auf „Gravity Of Light“ viel lebendiger klingt, als es zum Beispiel auf „Crows Fly Black“ der Fall war. Mir gefällt dieser erdige Sound ausgesprochen gut. Habt ihr das Album erneut in Jannes Studio produziert? Was habt ihr diesmal anders gemacht, um diesen Sound hinzubekommen?

Wir haben zu einem Großteil erneut in Jannes Studio aufgenommen, gleichzeitig aber habe ich an den Bassspuren und Tommis Vocals bei mir zu Hause gearbeitet. Ich habe in den letzten paar Jahren Einiges in Studio-Equipment investiert und mir so nach und nach hervorragende Technik ins Haus geholt. Das hat uns die Arbeit diesmal insgesamt etwas erleichtert. Die letzten beiden Alben wurden von Mikko Karmila gemischt, diesmal aber haben Janne und unser langjähriger Freund und Tontechniker Mikko Tegelman an dem Album gearbeitet. Mika Jussila haben wir erneut mit dem Mastering beauftragt, aber wir haben ihm diesmal gesagt, ein wenig sparsamer mit den Kompressionen umzugehen, um die Dynamik der Band etwas mehr als zuvor zur Geltung kommen zu lassen. Ich glaube das sind die wesentlichen Unterschiede zur Produktion von „Crows Fly Black“, die, damit hast du absolut Recht, den Sound auf „Gravity Of Light“ erdiger klingen lassen.

In einem anderen Interview hast du einmal gesagt, dass ein kleineres Independent Label für TAROT genau das Richtige wäre. Jetzt seid ihr aber mittlerweile bei Nuclear Blast untergekommen und nur eine Band unter vielen zum Teil richtig großen Bands. Seid ihr zufrieden?

Wir sind total glücklich damit! Ich bezog mich damals auf die Situation hier in Finnland. Wir benötigten jemanden, der ein echtes und auch persönliches Interesse an TAROT hatte, und die Jungs von King Foo öffneten uns Tür und Tor. Dieses kleine Label besteht nur aus einer Handvoll Leuten, die aber alle zu unseren Freunden geworden sind. Sie haben das Know-How und auch die Verbindungen, und sie haben uns letztendlich auch den Deal mit Nuclear Blast außerhalb Finnlands besorgt. „Crows Fly Black“ verkaufte sich so gut wie kein anderes Album von uns zuvor, und jetzt steht mit „Gravity Of Light“ unser neues Album vor der Tür und schon jetzt habe ich viel mehr Interviews gegeben als jemals zuvor. Durch Nuclear Blast haben wir die Gelegenheit an verschiedenen Orten der Welt zu spielen, wie zum Beispiel dem Prog Power in Atlanta, USA im September. Wir können uns nicht beklagen. Alles läuft hervorragend.

Dann danke ich dir ganz herzlich für deine Zeit. Die letzten Worte gehören dir:

Wir sind gerade dabei eine für den Herbst angesetzte Tour durch Europa zu planen und wir hoffen natürlich, dass ihr unsere Shows nicht verpassen werdet. Wir haben bereits ein paar Shows hier in Finnland gespielt und die Band ist extrem heiß darauf, auch euch Feuer unterm Hintern zu machen!

25.04.2010

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