The Kordz
Interview mit Sänger Moe

Interview

The Kordz

Das Album „Beauty & The East“ ist für mich schon jetzt eine der großen Überraschungen 2011. Die Band libanesische Band THE KORDZ, von der ich zuvor noch nie etwas gehört habe, bekommt es auf eine absolut meisterliche Art und Weise hin, von ihrer eigenen Kultur geprägten Akkordschemata und Melodien in starke Rocksongs zu packen, und verarbeitet gleichzeitig ihre komplexe Biographie darin. Sänger Moe Hamzeh stand mir Rede und Antwort, und konnte mir unter anderem erklären, wie sie war, in einem Lager der Vereinten Nationen zu spielen.

 

 

Hey Moe!
Lass uns doch, bevor wir zu eurer Biographie kommen, über das eigentliche Album sprechen. Als ich es zuerst gehört hab, war ich vollkommen begeistert, wie ihr nahöstliche Melodien und Akkordschemata in Rocksongs eingebaut habt. Fallt ihr da auch in der libanesischen Musikszene auf, oder klingen bei euch alle wie ihr?

Da gehören wir auf jeden Fall zu einer Minderheit. Wir glauben, dass wir zu den ersten gehören, die diesen Stil spielen, und so mit unserer Herkunft umgehen.

Hast du einen Lieblingssong auf „Beauty & The East“?

Ich will da keine Nummer speziell hervorheben, aber eine große Bedeutung hat „The Garden“, weil es das erste Lied ist, dass Nadim, Maz und Ich zusammen geschrieben haben. Wir haben dafür nur ein paar Stunden gebraucht! Als wir fertig waren, hat das so geprägt, dass es für uns immer noch ein besonderes Lied ist.

Ich war ja sofort von „Nothing Or Everything“ begeistert, weil der Refrain sowohl diese typisch nahöstliche Melodie hatte, aber auch psychodelisch und progressiv klang.

Ja, das war von Anfang an so beabsichtigt, diese traditionelle Musikkultur mit einem modernen, harten Sound zu vermischen. Gerade die Nummer ist ja auch um das Riff herumgeschrieben.

Welche Einflüsse in eurer Musik würdet ihr denn als besonders westlich ansehen? Abgesehen von den letzten beiden Songs, die sehr nach College-Rock klingen.

Ich kann weder den amerikanischen, noch den generell westlichen Einfluss leugnen. Uns haben viele Bands der Rockszene Seattles aus den 90ern sehr geprägt. Aber natürlich haben wir auch alle unterschiedliche Hintergründe und bringen eigene Einflüsse mit.

Beim Hören haben sich mit sofort Vergleiche mit den Texaner von AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD ergeben. Kennt ihr die?

Hm… Ehrlich gesagt nicht, obwohl ich den Namen schonmal gehört hab. Ich werde sie nachher mal auf Youtube suchen. [lacht]

Ich fand außerdem das Cover ganz interessant, auf dem ein Mädchen durch ein Fenster ins Licht sieht, und hinter ihr eine Frau steht. Gibt es da eine Geschichte dahinter?

Die ganze Aufmachung reflektiert die Kernthemen und Konzepte, die ich in den meisten Songs angehe, und auch der Albumname spielt da rein. Das kleine Mädchen repräsentiert die Bevölkerung und die Mutter, die dunkle Silhouette den Staat, beziehungsweise die Regierung. Kinder sind per se erstmal unschuldig geborene Wesen, werden aber durch staatlichen Einfluss als Bürger zum Bösen gebracht. Dennoch gibt es auf dem Cover immer noch einen Optimismus für eine bessere Zukunft. Das haben wir auch mit „Beauty & The East“ gemeint.

Okay, das klingt nach einem idealen Übergang in eure Biographie. Zuerst muss ich mich dafür entschuldigen, so gut wie keine Informationen über euch zu haben, zumal ihr in Deutschland auch noch recht unbekannt seid. Kannst du mir etwas über die musikalische Geschichte von THE KORDZ erzählen?

Wir sind eine libanesische Rockband, die sich an der American University Of Beirut gegründet hat. Und wir standen von Anfang an auf der Bühne und haben auch keine Gelegenheit zum Spielen ausgelassen – unabhängig von den schwierigen Umständen im Libanon. So richtig haben wir unsere musikalische Schiene erst mit der Maxi „Last Call“ von 2004 gefunden. Danach stand es auch im Vordergrund, trotz der enormen Instabilität des Bürgerkriegs ein komplettes Album auszunehmen, was wir jetzt endlich geschafft haben.

War es dann schwer gewesen, einen Plattenvertrag zu bekommen, mit eurer unüblichen Musik?

Überhaupt nicht. Beziehungsweise habe ich gleich mein eigenes Label „Mass Records“ gegründet und bin damit ein großes Risiko eingegangen um dieses Projekt zu vervollständigen. Das war so eine „do it yourself“ Mentalität. Aber natürlich mussten wir uns auch ein paar Profis ins Boot holen und sind heute glücklich mit UMI Music und SAOL zusammen zu arbeiten.

Ich habe außerdem gelesen, dass ihr mal während des Bürgerkriegs in einem UN-Lager gespielt habt.

Ja, wir haben da gerade eine Konzertreise durch jeden Winkel des Landes gemacht, und ein Freund hat uns dann diesen Gig verschafft. Das war der gefährlichste Teil Libanons gewesen und damals noch unter Besatzung. Wir haben dann an Weihnachten für die Truppen gespielt und dieses ganze Prozedere mitgemacht. Das war eine wahnsinnige Erfahrung, in die Zone rein- und wieder rauszukommen.

Wird eure Musik denn von Soldaten besonders geschätzt?

Vielleicht. Kommt vermutlich auch drauf an, welche Armee du meinst. [lacht]

Welches Bild habt ihr denn damals vom Bürgerkrieg gewonnen? Hat die Erfahrung die Gefühle für eure Heimat verändert?

In dieser Zeit, und noch Jahre später, war das Land in einem Umbruch und wahnsinnig instabil. Den größten Teil unseres Lebens haben wir den Krieg und die Unsicherheit erlebt, vor allem als das Land und Beirut später in zwei Teile – einen Osten und einen Westen – aufgespalten wurde. Wir können gar nicht abstreiten, dass wir selbst ein Resultat dieser Erfahrung sind. Mittlerweile ist dieser Alptraum etwas zum Ruhen gekommen, aber er verfolgt uns immer noch.

Und jetzt werdet ihr also in Deutschland vertrieben. Habt ihr diese Entscheidung beeinflussen können?

Natürlich. Daran haben wir über Jahre hinweg mit unserem deutschen Management UMI Music gearbeitet.

Habt ihr denn schon mal in Deutschland gespielt? Oder werdet vielleicht in naher Zukunft?

Also bisher noch nicht. Aber wir werden im Juli mit Deep Purple spielen und da sicher auch mal in neue Orte und Festivals kommen.

Zum Schluss muss ich außerdem aus purer Neugier fragen, welche Bilder in eurem Kopf erscheinen, wenn ihr an Deutschland denkt. Vielleicht abgesehen von den beiden Weltkriegen.

Die besten Autos aller Zeiten! Außerdem strebsam arbeitende Menschen. Und Bier natürlich! Zusammen mit einer großartigen Rockszene.

Okay, dann war es das von mir. Danke für’s Interview!

20.05.2011

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